Beständigkeit und Innovation
Eines der Hauptkennzeichen des Independent-Labels Prophecy Productions ist neben der Herrausstellung außergewöhnlicher Veröffentlichungen und der Personen, die dahinter stehen, vor allem auch die Förderung der Zusammenarbeit ihrer Künstler untereinander. Das kann man durchaus ganzheitlich begreifen, über den musikalischen Rahmen hinaus. Viele Musiker sind über ihre Tätigkeitsfelder innerhalb ihrer Bandprojekte namhafte Protagonisten auf den Gebieten der Malerei, der Fotografie, des Grafikdesign, der Filmkunst, der Tontechnik, der Literatur, des Journalismus und sogar der Wissenschaft. So ergeben sich innerhalb dieses Geflechtes kreativer Köpfe immer wieder Kollaborationen. Es kommt zu künstlerischen Synergie-Effekten, die das Label, fast schon wie ein autopoietisches System, stetig weiter wachsen lassen und seine Bandbreite erweitern.
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Als ein zentraler Dreh-und Angelpunkt hat sich dabei in den letzten Jahren Marcus Stock herauskristallisiert, der selbst mit drei eigenen aktiven Bandprojekten bei Prophecy vertreten ist und mit der Klangschmiede Studio E ein Tonstudio betreibt, bei dem viele Künstler des Labels aufnehmen und mastern lassen. Gerade auf dem Sub-Label Lupus Lounge scheint nicht mehr viel ohne Herrn Stock zu laufen.
Die jüngste Kollaboration hat sich nun auf dem selbstbetitelten Split-Album in Gestalt von Stocks eigener Band Sun Of The Sleepless und dem ganz frischen Projekt Cavernous Gate zusammengefunden. Und auch hinter Zweit-Genanntem versteckt sich kein Unbekannter. Und auch diese Zusammenarbeit ist alles andere als neu. Cavernous Gate ist das Solo-Projekt von S.K. dem musikalischen Kopfes der BlackMetal-Institution Helrunar. Die Entscheidung mit Cavernous Gate nach doch so langem Bandbestehen eine Projekt zu starten, das personell völlig losgelöst von diesem scheinbar übermächtig großen schwarzen Eiskoloss betrachtet werden soll, überrascht, ist höchst erfreulich und längst überfällig. Das gemeinsame Touren in den letzten beiden Jahren und die Tatsache, dass S.K. Live-Gitarrist bei Sun Of The Sleepless ist, hat bei beiden Musikern wohl die Pläne für die Zusammenarbeit reifen und festigen lassen.
Auf dem Split sind beide Bands mit jeweils zwei bzw. drei Full-Songs vertreten. Bei Sun Of The Sleepless werden diese von kürzeren Miniaturen – Wovon Wölfe Träumen, Fall Of The Lonesome und Kristall alterniert. Bei Cavernous Gate gibt es den Zweieinhalbminüter Seclusion als Intro.
Beständigkeit
Wenn man sich noch an das Debüt-Album To The Elements erinnert, spürte man darauf deutliche Remineszensen, die Sun Of The Sleepless zur zweiten Welle des Black Metal gezogen haben. Das ist auch bei den neuen Stücken wieder so. Über weite Strecken sind diese sehr rauh, von schneidenen, rasenenden, wilden Riffs durchzogen. Sun Of The Sleepless verarbeiten auch hier wieder hauptsächlich Natur-Themen: Ein Zu-Sich-Selbst-Finden außerhalb der allzu weltlichen Welt, der man sich entfremdet fühlt, in der melancholischen Einsamkeit des Waldes, der eine Art düstere Geborgenheit bereit hält. Hier und da wird in ruhigen Passagen geflüstert und die Akkustik-Gitarre zur Hand genommen.
Die Naturmystik war ja schon immer ein Steckenpferd von Marcus Stock. Mittlerweile, so scheint es, schüttelt er diese Art von Songs, die sich gern mit wechselnden Themen und Tempi, wandelnden Stimmungen und bildhafter Musiksprache über neun Minuten erstrecken können (The Lure Of Nyght), einfach aus dem Ärmel. Und so bekommt man beinahe den Eindruck, als ob er getrieben von einer Art Nostalgie mit Sun Of The Sleepless nun die Songs noch mal schreiben möchte, die er vor langer Zeit mit Empyrium geschrieben hat. Als ob er dann The Lure Of Nyght oder To The Moon On Summer Eves auf eine aktuellere Version von Songs Of Moores And Misty Fields schmuggeln wollte. Nur eben mit der Erfahrung von heute.
Innovation
Wo Sun Of The Sleepless sehr deutlich auf Bewährtes setzen, gehen Cavernous Gate eher mit dem Instrument der Innovation zu Werke. Als Blaupause fast schon bisweilen avantgardistischer Eskapaden hat sich S.K. für das Feld des Death und Doom Metals entschieden und mit Elementen aus dem Dungeon-Synth verziert. Ersteres hat für den erfahrenen Musiker Tradition. Hier kennt er sich aus. Und so lauern in den drei Stücken an allen möglichen Ecken die typischen, an das Hauptprojekt erinnernden grimmig kalten Plänkel-Riffs. Hier schlagen die abrupten Brüche und Pausen die tiefe Kerben, um einen gleich darauf in verzweifelte Abgründe aus brodelnden Growls zu stürzen. Was man hier hört ist die charakteristische Handschrift des Künstlers, die zum ersten Mal in einen neuen Kontext, zum ersten Mal originär mit ihm selbst in Verbindung gebracht wird.
All das wird dann immer wieder durchbrochen und erweitert von überraschenden Wandlungen, spleenig großartigen Überleitungen, die dem Ganzen etwas grotesk-verstörend Nerdiges geben, als hätte man einen kreativen Cerberus von der Leine gelassen. Auf mich wirkten die drei Songs – Those Who Walk The Fog, Amongst Decayed Grass und A Pale Shimmer In The Dark wie die vertonte Atmosphäre auf den Etappen einer unheilvollen Heldenreise, bei welcher man einmal unter erhabenen und hoch heraufragenden Bögen eines dunklen Tempels wandelt und sich im weiteren Verlauf zitternd gebeugt durch die finsteren Gänge feuchten Gemäuers tastet. Hier und da noch etwas konstruiert, aber doch sehr großartig.
Das selbst betitelte Split-Album erscheint am 6. Dezember in unterschiedlichen Formaten bei Lupus Lounge (Prophecy Production).
Tracklist SUN OF THE SLEEPLESS & CAVERNOUS GATE – s/t:
01. Sun of the Sleepless – Wovon Wölfe träumen
02. Sun of the Sleepless – The Lure Of Nyght
03. Sun of the Sleepless – Fall Of The Lonesome
04. Sun of the Sleepless – To The Moon On Summer Eves
05. Sun of the Sleepless – Kristall
06. Cavernous Gate – Seclusion
07. Cavernous Gate – Those Who Walk The Fog
08. Cavernous Gate – Amongst Decayed Grass
09. Cavernous Gate – A Pale Shimmer In The Dark
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Weblinks SUN OF THE SLEEPLESS:
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Bandcamp: https://sun-of-the-sleepless.bandcamp.com
Label: https://de.prophecy.de/kuenstler/sun-of-the-sleepless
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