Sechs Tage hatten Fans aus dem Ruhrgebiet und Umgebung lediglich Zeit, die Texte des neuen Krupps-Albums Vision 2020 Vision auswendig zu lernen, bis das erste Konzert der dazugehörigen Tour in einem einmal mehr gut gefüllten Kulttempel stattfand. Bevor es die neuen Kracher und einige alte Hits in brachialer Lautstärke zu hören gab, mussten die Anwesenden allerdings erstmal 40 begrenzt unterhaltsame Minuten überstehen.
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Wirklich viele Infos über die Supportband Viral findet man auf an Anhieb im Internet nicht. Darf man den Auftritt in Oberhausen als Maßstab nehmen, dürfte sich dies in Zukunft auch kaum ändern. Über Frontmann Frankie Cassara ist jedenfalls zu lesen, dass er sich nach dem Abgang von Evan Seinfeld vergeblich auf dessen Stelle als Sänger der Hardcore/Crossover-Legende Biohazard beworben hatte. Man kann sich denken, warum. Einer der Hauptgründe dafür, dass der Sound der recht frisch gegründeten Truppe aus Los Angeles einfach nicht richtig zünden wollte, war das saft- und kraftlose Shouting von Cassara.
Musikalisch brachten Viral, irgendwo zwischen Industrial Metal und Nu Metal zu verorten, auch nichts auf die Bühne, was man insbesondere von Fear Factory nicht schon in viel besser gehört hätte. So hielt sich die Begeisterung vor der Bühne ebenfalls in Grenzen, mehr als Höflichkeitsapplaus war da nicht zu holen. Umso seltsamer Cassaras Abschiedsrede, in der er der „fuckin’ awesome audience“ dankte.
Aber Viral waren ja auch nicht der Grund, warum sich die vielen Hundert Menschen vor Ort einfanden. Mit Spannung durfte man die Setlist der Krupps erwarten, schließlich hatten wir es hier mit einem Tourauftakt zu tun. Welcome To The Blackout war sicherlich nicht nur aufgrund des Songtitels eine gute Wahl als Opener, die messerscharfen Riffs und der mitreißende Refrain lockerten die ersten Tanzbeine. In den folgenden rund 90 Minuten gab es einen guten Querschnitt aus knapp 30 Jahren Bandgeschichte auf die Ohren.
Moment mal, 30 Jahre? Ja, denn leider blieben die Werke aus den 80ern komplett draußen, nicht einmal „der“ Krupps-Hit schlechthin, Machineries Of Joy, hat es bei der aktuellen Tour ins Set geschafft – zum großen Verdruss vieler Besucher. „Als ob Iron Maiden Fear Of The Dark nicht spielen würden. Ist doch scheiße“, so echauffierte sich einer nach dem Ende des Gigs lautstark am Bierstand. Nun denn, Sänger Jürgen Engler, Gitarrist Marcel Zürcher, der „ganz neue Drummer (Zitat Engler)“ Paul Keller, der „neue alte (Zitat Engler zum Zweiten)“ Gitarrist Nils Finkeisen und der „alte alte Keyboarder“ (noch einmal Zitat Engler inklusive verschmitztem Grinsen) Ralf Dörper werden ihre Gründe dafür haben.
Im Gegensatz dazu holte die Band, die, wie der Frontmann schelmisch anmerkte, endlich mal nicht als „Die Düsseldorfer Stahlarbeiter“ im Kulttempel auftreten musste (wer die Anspielung nicht versteht, der klicke bitte hier), ein paar länger oder noch nie gespielte Songs rein. Essenbeck gab’s zum letzten Mal vor fünf Jahren zu hören, das in den 90ern angefangene, aber erst zum letzten Album V – Metal Machine Music fertiggestellte The Vampire Strikes Back feierte gar seine Bühnenpremiere. Und dann gab es auch noch ein Wiederhören mit dem vielleicht schönsten Song der Krupps-Historie. Was den Hörgenuss bei Alive allerdings schmälerte, waren einige fiese Rückkopplungen – und den „Wohohoooo“-Chor gegen Ende des Songs versemmelten Engler und Gastsängerin Liz van den Akker doch gehörig. Das geht besser.
Einen weiteren „Wohohoooo“-Chor übernahmen beim folgenden Robo Sapien die Fans – und ab da ging richtig die Post ab. Der Titeltrack der neuen Platte, Metal Machine Music, Fatherland und die abschließenden Crossfire und To The Hilt sorgten allesamt für viel Bewegung im Moshpit und beste Stimmung im Kulttempel. Insgesamt ein wirklich guter Gig mit fettem Sound und – obwohl viele Stücke erstmals vor Publikum aufgeführt wurden – angenehm wenig Verspielern. Das hat man bei Tourauftakt-Konzerten schon ganz anders erlebt.
Setlist DIE KRUPPS @ Oberhausen, Kulttempel (21.11.2019)
01. Welcome To The Blackout
02. Isolation
03. Nazis auf Speed
04. Essenbeck
05. Schmutzfabrik
06. Destination Doomsday
07. Trigger Warning
08. The Vampire Strikes Back
09. Der Amboss
10. Scent
11. Obacht
12. Alive
13. Robo Sapien
14. Vision 2020 Vision
15. Metal Machine Music
16. Fatherland
17. Crossfire (Z)
18. To The Hilt (Z)
Weblinks Die Krupps:
Homepage: www.diekrupps.com
Facebook: www.facebook.com/diekruppsofficial