ÄERA – Schein

ÄERA – Schein
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8.5

Gesamtnote

8.5

Atmosphärisches Schwarzmetall aus dem tiefen Westen

Die Erinnerungen, die ich mit dem Münsterland verbinde, ich habe zehn Jahre in der Region gelebt, sind schwarz-weiß bis sepia-farben, verregnet und ziemlich neblig. Ihm eigen ist wie den Menschen, die in ihm wohnen, ein spröder, unterkühlter Reiz. Etwas für den zweiten Blick, dann aber für immer. Seine Landschaft ist plattgedrückt, wie die Stimmung, die einen befällt, wenn man es durchwandert mit all den kargen feuchten Mooren, die bald jeden Laut verschlingen und diesen seltsam anziehenden Widerspruch aus Leben und Tod verströmen. Melancholie in Natur gebannt.

Lass Dir den Beitrag vorlesen:

Extreme Metal und die Natur haben schon eine seltsame Verbindung, die man, wenn es gut gemacht ist und es die Künstler darauf anlegen, gut heraushören kann. Auf die Spitze treiben es Bands wie Vinsta, die regionale Empfindungen in ihre Veröffentlichungen einweben oder auch Our Survival Depends On Us. Es fällt mir aber auch mittlerweile schwer, Alben von Empyrium oder Sun Of The Sleepless zu hören, ohne die Rhön dabei im Hinterkopf zu haben. Genauso erging es mir bereits bei den ersten Durchläufen von Schein. Äera scheinen westfälischen respektive Münsterländischen Black Metal zu atmen beziehungsweise seine Wurzeln ziemlich genau zu kennen und haben ein sicheres Gespür für die Atmosphäre der Landschaft.

Diese Beschreibungen formulierend, fällt es schwer zu glauben, dass sich Äera erst in diesem Jahr gegründet haben, es sich bei Schein um das Debüt des Quartetts aus Gronau handelt und sich die Band auf der diesjährigen in Münster stattfindenden Wintermelodei zum ersten Mal vor Publikum zeigen wird. Schein ist ein unglaublich reifes Zeugnis musikalischen Verständnisses. Nicht umsonst hat man sich für Aufnahme und Mastering in die kundigen, renommierten Hände von Markus Stock in der Klangschmiede Studio E begeben. Äera wissen, was sie tun. Und so werden auf dem nur fünf Stücke umfassenden, aber 44 Minuten langen Album wahre Mamut-Tracks entwickelt, die eindringliche, wie abwechslungsreiche Spannungsbögen aus atmosphärischen, eisigen Riffs, schleppenden unheilverkündenden Sequenzen und wundervollen Folk-Melodien zaubern und sofort gefangen nehmen. Hier wirkt nichts konstruiert oder gewollt. Die Songstrukturen sind naturalistisch, kraftvoll und ungeheuer ausdrucksstark. Besonders hervorzuheben sind die sehr gut verständlichen, gutturalen Growls, die sich mit keifenden, hallenden Screams die Hände reichen. Mir fallen auf Anhieb nicht so viele Sänger ein, die das so gut zustande bringen.

Glanzstück der Veröffentlichung ist für mich Heimkehr II: Im Nebel. Neun Minuten zeichnen Äera ein Bild von Einsamkeit und dem Gefühl, vormals Vertrauten plötzlich entfremdet zu sein. In Heimkehr II schwingt zornige Trauer, hoffnungsloser Fatalismus, aber auch die still-traurige Ruhe und Besinnung, die einen umgibt, wenn man mit sich allein in der Natur ist. Herzstück ist das gesprochene Sample von Hermann Hesses (1877-1962) Gedicht Im Nebel (1905). Der war zwar kein Münsterländer, ist hier aber sehr gut aufgehoben.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.

Schein erscheint am 06. Dezember in unterschiedlichen Formaten bei The Crawling Chaos Records.

Anspieltipps: Feuers Gabe, Heimkehr II: Im Nebel

Tracklist ÄERA – Schein:

01. Feuers Gabe
02. Auf Kargem Grunde
03. Silhouette
04. Heimkehr I: Ruin
05. Heimkehr II: Im Nebel


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Weblinks Äera:

Facebook: https://www.facebook.com/aeeraband
Bandcamp: https://www.thecrawlingchaos-records.de
Label: https://thecrawlingchaos-records.de

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