Wer jemals auf einem Welle:Erdball-Konzert war, der weiß: Hier bekomme ich viel für mein Geld geboten. In den letzten Jahren gab es kaum ein Konzert von unter drei Stunden Länge. An diesem Novemberfreitag stand das kultige Electro-Projekt um Sänger Honey „nur“ knappe zweieinhalb Stunden auf der Bühne – aber dafür gab es im Vergleich zu den anderen Terminen der Tournee auch gleich drei Vorbands.
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Wobei es sich beim Opening Act genauer gesagt um ein Soloprojekt handelt. Kid Knorke hat sich dem Chiptune-Genre verschrieben und kombiniert electropunkige Klänge mit 8-Bit-Sounds und – nun ja – seltsamen Texten. 20 Minuten lang gab es vor einer bis dato noch recht spärlich gefüllten Turbinenhalle 2 tanzbare Beats, funkelnde Bleeps und Lyrics der Güteklasse „Ich bin so Elektro, mein Bier das ist Elektro, mein Brot das ist Electro“ auf die Ohren. Letzteres wohlgemerkt auf einem dem durchschnittlichen Szenegänger bestens bekannten Instrumental (Hallo Robert, hallo Gabi!). Muss man mögen. Mochten offenbar einige, denn am Merchandise-Stand wechselten doch einige der coolen grünen und pinken (!) Shirts sowie einige Highscorefetisch-Alben den Besitzer.
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Leider zeigte sich bereits hier, dass es die Akustik alles andere als gut mit den Besuchern meinen sollte. Was auch bei den regelmäßig stattfindenden E-tropolis-Festivals immer wieder ein Problem ist. Zu viel Brei, zu viel Bass-Gewummer, zu wenig knallige Drums. Immerhin ließen sich weder Hertzinfarkt noch deren Zuhörer davon die Laune verderben. Die Band, vielen Welle:Erdball-Anhängern durch Auftritte bei einigen Hörerclub-Treffen und das gemeinsame Nebenprojekt Die Funkhausgruppe bestens bekannt, absolvierte tatsächlich ihren allerersten und auch letzten Gig des Jahres 2019, allerdings diesmal nur in Zweierbesetzung. Diana Werner und Thorsten Heine spielten sich 30 Minuten lang durch ihre Diskographie. Bleibt die Hoffnung auf weitere Gigs (und vielleicht neue Songs) im kommenden Jahr …
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Es folgte ein recht deutlicher stilistischer Bruch. Denn Rroyce haben nicht nur mit Electroclash wenig bis gar nichts am Hut, sondern wagen sogar die Unverschämtheit, eine Gitarre zu benutzen. Spaß beiseite: Die Dortmunder Synthie-Popper, die erst im September ein neues Album namens Patience veröffentlichten, konnten ihr Quasi-Heimspiel im rund 50 Kilometer entfernten Sound absolut genießen. Denn die Fans zogen trotz der mediokren Akustik voll mit, man erspähte sogar einige Shirts mit„Ich bin nur wegen Rroyce hier“-Aufschrift im weiten Rund. Zu bekannten Club-Hits wie dem Opener The Principle Of Grace und neuen Songs wurde kräftig mitgeklatscht und getanzt. Rroyce lieferten – diesmal leider ohne stimmungsvolle Pyro wie noch wenige Monate zuvor an Ort und Stelle – einmal mehr eine mitreißende Performance ab und sollten in den nächsten Jahren, wenn alles normal läuft, noch einige Sprossen auf der Karriereleiter hochklettern.
Setlist RROYCE @ Oberhausen, Turbinenhalle (08.11.2019)
01. The Principle Of Grace
02. Parallel Worlds
03. Who Needs
04. Full Speed, Half Side
05. Learn To Hate Me
06. Someone Else’s Life
07. Too Little
08. Cry
09. Walking On Water
10. Run Run Run
11. My Dearest Enemy
12. I Like It When You Lie
Weblinks RROYCE:
Homepage: www.rroyce.de
Facebook: https://www.facebook.com/RROYCE.official/
Nach weit über zwei Stunden Programm eröffneten Welle:Erdball gegen 21.45 Uhr ihr Set mit dem Kraftwerk-Cover Die Roboter. Immer noch vermochte der Sound leider nicht so recht zu überzeugen. Die mittlerweile schon nicht mehr ganz so neu zusammengestellte Formation um Honey gab natürlich trotzdem ihr Bestes und vollbrachte den nicht ganz so einfachen Spagat zwischen dem Vorstellen der neuen Sendung Die Unsichtbaren, dem Spielen wichtiger Klassiker und dem Einbauen der einen oder anderen Rarität. Positiv aufgefallen ist die Gesangsleistung von Emma Peel und Miss Moonlight – die beiden können nach leichten Startschwierigkeiten doch mittlerweile voll überzeugen und ihre beliebten Vorgängerinnen so gut wie vergessen machen.
Natürlich lebt ein Welle:Erdball-Konzert immer auch von den kleinen, süßen Details. So sorgte eine sogenannte „Geschlechts-Maschine“ gleichermaßen für Verwunderung wie Erheiterung. Mithilfe eines Hebels wurden abwechselnd die Mikrofone von Honey und Sängerin Emma Peel abgedreht – nun ja, das funktionierte nicht immer. Ansonsten gab’s Masken, Kittel, LEDs, ein Theremin, einige Kostümwechsel, stimmige Videoprojektionen und natürlich auch die unverzichtbaren Ballons bei Schweben, fliegen und fallen.
Spätestens zu Beginn der, nennen wir es mal Hit-Rutsche, mit eben genannten Song, stieg die Stimmung in der insgesamt wohl zu knapp 60 Prozent gefüllten Turbinenhalle 2. Eifrig wurde mitgeklatscht, laut mitgesungen und nach dem Stephan-Remmler-Cover Feuerwerk eine Zugabe eingefordert. Die kam dann sogar doppelt und unerwartet. Denn nachdem Honey, Cosmo, Emma Peel und Miss Moonlight die Bühne ein zweites Mal verließen, begrüßte Rroyce-Frontmann Casi das Publikum mit einem freundlichen “Na! Mit mir habt Ihr jetzt nicht gerechnet, was?” So fanden sich alle Musiker des Abends zusammen, um ihre Interpretation des Billy-Bragg-Stücks A New England zum Besten zu geben. Ein schöner Abschluss eines extensiven Konzertabends, der übrigens mit verschiedenen Kameras und einer stets aktiven Drohne gefilmt wurde (Live-DVD?) und leider durchweg unter unterdurchschnittlichem bis schlechtem Sound zu leiden hatte. Vielleicht wird’s bei der nächsten Tour doch lieber wieder der Kulttempel?
Setlist WELLE:ERDBALL @ Oberhausen, Turbinenhalle (08.11.2019)
01. Die Roboter
02. Zurück zum Start
03. Mensch auf Glas
04. Mama, Papa, Zombie
05. Die Liebe der 3. Art
06. Super 8
07. Der Telegraph
08. Mumien im Autokino
09. Walkman
10. Graf Krolock
11. Monster Mash
12. Des Wahnsinns fette Beute
13. Alles Lüge
14. Arbeit adelt!
15. Kabinett
16. Ich bin nicht von dieser Welt
17. Der Türspion
18. Wo kommen all die Geister her?
19. Komm in mein Labor
20. Schweben, fliegen und fallen
21. 23
22. VW Käfer
23. Hoch die Fahnen
24. Starfighter F-104G
25. Feuerwerk
26. Monoton & Minimal (Z)
27. Es geht voran (Z)
28. A New England (ZZ)
Weblinks WELLE:ERDBALL:
Homepage: https://www.welle-erdball.info/
Facebook: https://www.facebook.com/WelleErdball/
Fehler: Es gab durchaus Hertzinfarkt-CDs zu kaufen. Hab selbst eine mitgenommen. 🙂
Ups. Wo waren die denn versteckt? Ich war im Laufe des Abends drei Mal am Merch und habe nur CDs/Vinyl der drei anderen Acts gesehen. Ist im Artikel jetzt korrigiert …
Ganz links am Stand, bei den Kid Knorke-CDs. Merch gab es aber tatsächlich nix, nur die “Stell lauter”. 🙂