Während es am Freitag erst nachmittags losging im Kulturpark Deutzen, grüßte am Samstag bereits der frühe Vogel. Die letzten Töne von Wayne Hussey fast noch in den Ohren, hieß es auch schon wieder: Aufstehen! Nach der Dusche und einem stärkenden Frühstück ging es also direkt wieder los in Richtung Kulturpark, wo ein voller Tag anstand. Insgesamt 25 Bands gab der Zeitplan am Samstag her, sodass garantiert war, dass für jeden etwas dabei sein sollte. Also vorfreudig los, den Einlass passiert und schon war man wieder mitten im Geschehen.
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Von der Amphi-Bühne waren bereits die Klänge von Hätzer zu hören, vor der Weidenbogenbühne und drumrum bei den Bänken und Tischen warteten zudem viele Zuschauer bereits auf Rroyce, die sich inzwischen eine beachtliche Fanbase erspielt haben. Da hindert es auch nicht, dass es erst 12:10 Uhr war, als diese anfingen zu spielen. Wer soll einen auch schon daran hindern, zur Mittagszeit eine Party zu feiern? Rroyce definitiv nicht. Mit ihrem Synth-basierten Elektro-poppigen Sound verschwand schnell der letzte Rest Müdigkeit aus den Knochen. Bewegung war angesagt. Auf der Bühne und vor der Bühne. Bei Stücken wie Parallel Words war es viel zu schwierig, einfach stehen zu bleiben – und auch die Band kümmerte sich gut um das Publikum. Sänger Casi wagte dann zu Run Run Run auch einen Ausflug in die Menge. Als mit I Like It When You Lie das Set endete, wusste man: Das frühe Aufstehen hat sich definitiv gelohnt!
02. Who Needs
03. Parallel Worlds
04. Full Speed, Half Sight
05. Pyroclastic Flow
06. Someone Else’s Life
07. My Dearest Enemy
08. Run Run Run
09. I Like It When You Lie
Ein kleiner Ausflug zur Amphibühne zu The Arch bot sich an, bevor es auf der Weidenbogenbühne weitergehen sollte. Die Party hatte schließlich gerade erst begonnen und die aus Los Angeles angereisten State Of The Union wollten da nicht den Partycrasher geben. Strahlende Mittagssonne und Elektro-Sound plus „echte“ Instrumente waren zu sehen, dazu gut gelaunte Musiker ohne merklichen Jetlag, die tanzbare Beats mit eingängigen Melodien präsentierten und ihre gute Laune auf das Publikum übertrugen. Ältere Stücke wie Enemy of the State waren sichtlich gut im Gedächtnis geblieben, die Setlist ging gut auf. Zum Ende hin wurde mit Radioman noch einmal ordentlich in die Klassiker-Kiste gegriffen und die Zuschauer strahlten mit der Sonne um die Wette. Etwas, das sich auch mit dem letzten Titel Dancing in the Dark nicht ändern sollte. Ganz stark!
02. Five Minutes to Midnight
03. Enemy of the State
04. Mindless
05. Stupid Song
06. Dead Serious
07. Radioman
08. Dancing in the Dark
Verschnaufpause? Fehlanzeige! Dadurch, dass man in Deutzen gleich vier Bühnen zur Wahl hatte, war es schwierig, so etwas wie eine Ruhepause zu finden. Aber wofür auch? Jetzt zum Beispiel konne man ja auch The Cascades auf der Amphibühne anschauen. Gesättigter Rock-Sound der härteren Gangart von einer Band, die es sichtlich genoss, hier die große Amphibühne zu bespielen. Obgleich es natürlich um diese Zeit noch nicht brechend voll war: Diejenigen, die da waren, wurden schnell angesteckt von den Stücken der Band. Hört man Titel wie Dark Daughters Diary, wusste man auch schnell, warum. Treibend, eingängig und doch mit einigen Ecken und Kanten, das konnte sich sehen und hören lassen.
02. Babylon
03. Hexen Einmal Eins
04. Ihr werdet Sein
05. Sea Of Love
06. Ground Zero
07. Tapping Me
08. Dark Daughters Diary
09. The Third Decade
10. Blood Is Thicker Than Blonds
11. Red Stars
Wie war das eben mit den Verschnaufpausen? Genau, gibt es nicht, denn um 15:15 Uhr gab es einen höchstwichtigen Programmpunkt auf der Parkbühne: den Auftritt von Desperate Journalist. Die Band um Sängerin Jo Bevan mit ihrem inzwischen dritten Album im Gepäck zog eine Menge Publikum und man wusste auch schnell warum, denn der Post Punk-Sound mit seinem zielstrebigem und manchmal leicht verhangenem Gitarrensound funktionierte von den ersten Tönen von Murmuration an. War der Opener noch leicht verhalten, ging das Tempo direkt mit Why Are You So Boring? nach oben. Um die Steilvorlage dieses Songnamens aufzugreifen: „Boring“ wurde es hier zu keiner Zeit, während sich die Band durch ihr Repertoire spielte. Auch das aktuelle Album In Search of the Miraculous fügte sich mit Titeln wie der Single Cedars sehr gut ein. Sympathisch, charismatisch und durch die Bank überzeugend war der Auftritt. Ein Highlight des Wochenendes! Das sahen offenbar viele so, wie später auch der Absatz am Merchandise-Stand zeigte.
02. Why Are You So Boring?
03. Jonatan
04. Hollow
05. Happening
06. Cedars
07. Lacking In Your Love
08. Cristina
09. Satellite
Wie schon am ersten Festivaltag festgestellt: Die Nocturnal Culture Night ist ein gutes Festival, um seinen musikalischen Horizont zu erweitern. Obgleich es auch schmerzte, Neuroticfish anderen Zuschauern zu überlassen, so überwog doch die Neugierde auf die nebenan spielenden Har Belex. Schon der Satz aus der Biographie machte neugierig: „Treffen sich zwei EBMer und machen Neofolk.“ Salva Mainé von Culture Kultür und Pail alias Manix Salazar stecken hinter der Band, die auf der Kulturbühne auftrat – und das ziemlich gut meisterte. Das große Einmaleins des Neofolk beherrschten sie äußerst gut und konnten auf der einen Seite mit ruhigen Momenten und Streichereinsatz wie auch mit marschartigen Trommeln überzeugen. Pianoklänge, die Akustikgitarre – alles passte zusammen und die Mixtur stimmte. Eine weitere sehr erfreuliche Neuentdeckung des Wochenendes, die hoffentlich noch häufiger zu sehen sein wird.
02. Freedom
03. 6 AM
04. Der Akerbeltz
05. Camino de Brea
06. Ruins of Gebara
07. Annual
08. Pathways
09. Springtime
Kontrastprogramm gefällig? Einfach zur Weidenbogenbühne folgen und mit zu Faderhead kommen. Während andere Bands sich ärgern, im Tageslicht zu spielen, erfreute Sami sich an den vielen bekannten Gesichtern, die er im Club eben nicht so gut sehen kann. So aggressiv auch die Klänge teilweise sein werden, so freundlich und humorvoll gab er sich auf der Bühne, während er ein Set aus eben besagten härteren Stücken und melodiösen Momenten präsentierte. Harte Momente gab es beispielsweise in Destroy Improve Rebuild, balladesk wurde es wiederum direkt hinterher mit Them Skinny Witches. Auch diese Facette steht Faderhead gut. Mit The Other Side Of Doom und From His Broken Bones gab es zudem bereits vielversprechende Aussichten auf das kommende Album Asteria (Erscheinungstermin: 04.10.2019). Zum Abschluss mit TZDV waren sich dann noch einmal alle einig.
02. Generation Black
03. Know Your Darkness
04. The Other Side Of Doom
05. Destroy Improve Rebuild
06. Them Skinny Witches
07. Sick City
08. From His Broken Bones
09. No Gods, No Flags, No Bullshit
10. TZDV
Atmosphärisch ging es im Anschluss auf der Amphibühne zu. Die Niederländer von Clan Of Xymox waren an der Reihe. Die Urgesteine um Ronny Moorings haben auf der einen Seite nichts verlernt und auf der anderen Seite vor allem immer noch eine große Freude an dem, was sie tun. Das merkte man direkt von den ersten Tönen von Stranger an. Ihr Dark Wave-Sound mit teils düsterpoppigen Einsprengseln wirkt nach wie vor frisch und ist zweifelsohne tanzbar. Klassiker wie Louise und A Day fehlten dabei auch nicht im Set und wurden – wie auch der Rest der Show – dankend von den anwesenden Zuschauern angenommen. Ganz klar: Mit Clan Of Xymox kann man nichts verkehrt machen.
02. Your Kiss
03. Jasmine And Rose
04. Louise
05. Emily
06. Hail Mary
07. Leave Me Be
08. Loneliness
09. Obsession
10. Muscoviet M.
11. A Day
12. Going Round
Wer es gerne mal elektronisch mag, war im Anschluss mit dem Gang zur Parkbühne gut beraten. 19:10 Uhr, Zeit für Minuit Machine. Das Damen-Duo aus Paris verstand sich gut darauf, einen dichten Elektroteppich aus New, Cold und Dark Wave zu erschaffen. Diverse Inspirationen waren nicht zu überhören, vor allem aber war es ein klarer eigener Sound, der zu hören war. Teilweise beinah schon hypnotisch, ging es hier tanzbar und eingängig zu. Sich dem Sound der beiden Damen zu entziehen, fiel schwer. Also wollte man es auch gar nicht versuchen, sondern sich lieber direkt fallen lassen in den Klängen der Band. Wer die Band vorher noch nicht kannte, dürfte auch hier mal wieder gute Entdeckung gemacht haben. Wer sie vorher schon auf dem Schirm hatte, dürfte nun eindeutig wieder gewusst haben, warum dem so ist.
02. Fear Of Missing Out
03. Ego
04. DRGS
05. Black is my anger
06. Ballet
07. Sacrifice
08. Everlasting
09. Empty Shell
10. Prey/Hunter
11. Battles
12. Forgive me for my sins
Es wurde langsam nicht nur dunkel, sondern auch Zeit für Headliner. Na gut, streng genommen Co-Headliner, aber der Zuspruch, den In Strict Confidence auf der Amphibühne ernteten, war auch eines Headliners würdig. Über eine Stunde lang zündete die Band um Dennis Ostermann ein Best Of-Feuerwerk, bei dem auch aktuelle Nummern ihren Weg in die Setlist fanden. Auch mit diesen Titeln wie beispielsweise Used And Abused sind die Zuschauer inzwischen gut vertraut und auch insgesamt sehr begeistert von der Performance. Da störte es auch wenig, dass es im Set anfing zu regnen – der laut Wetterbericht erst für den kommenden Tag vorhergesagt Regen kam eher als erwartet… Dem Auftritt tat es keinen Abbruch, das Festival freute sich indes über einen reißenden Absatz der Kapuzenpullis. In Strict Confidence begeisterten indes weiter. Stücke wie Morpheus und Engelsstaub wurden auch im Regen gefeiert, das Zauberschloss lässt sich auch im Schauer bauen und auch bis zum Schluss mit Herzattacke wollte kaum einer weichen. Ein sehr starker Auftritt!
02. My Despair
03. Used And Abused
04. Kiss Your Shadow
05. Forbidden Fruit
06. Mercy
07. Seven Lives
08. Set Me Free
09. Morpheus (Clubmix)
10. Prediction
11. Engelsstaub
12. Zauberschloss
13. Somebody Else’s Dream
14. Herzattacke
Es folgte mal wieder eine schwierige Entscheidung… Die Alternative „Vor-dem-Regen Flüchten“ allerdings schied dabei aus, denn zwischen She Past Away und Portion Control zu wählen, war schon schwierig genug. Den Zuschlag bekamen die letzteren. Eine gute Entscheidung, denn die alteingesessenen Elektro-Helden trotzten dem Regen und spielten sich nach dem zehnminütigen Intro Drop 2 durch ein Set, das nicht nur Klassiker beinhaltete, sondern auch mit bisher unveröffentlichten Stücken glänzte, die sich sehr gut einfügten. Freunde von EBM und Industrial kamen hier gut auf ihre Kosten und feierten die Band, sodass mit dem regulären Set auch noch nicht Schluss war. Mit Deadstar und Amnesia mussten noch zwei Zugaben her. Ein schönes Elektroset!
02. Icon
03. Skins
04. Hardman
05. Katsu
06. Last Of The Breed
07. Sickman
08. Cock*
09. Telekinesis*
10. Claw and Scrape*
11. Addiction Rising
12. Blows
13. Hey Hey
14. Deadstar (Z)
15. Amnesia (Z)
*unreleased tracks
Im Anschluss wurde einem nun die Entscheidung abgenommen, den um 22:45 Uhr konzentrierte sich alles auf den Headliner Laibach auf der Amphibühne. Zeit für „Neue Slowenische Kunst“ also. Sehnsüchtig erwartet von zahlreichen Zuschauern, wie man tagsüber schon häufig merkte. Jetzt also war es soweit und die Band lieferte. Milan Fras reibeiserne Stimme kombiniert mit der vielseitigen Musik und das Publikum war schnell aus dem Häuschen. Seien es getragene Stücke wie B Mashina, das zudem noch mit weiblichen Chorälen agiert oder auch „rumpelnde“ Nummern wie Alle Gegen Alle: Die Band konnte sich dem Zuspruch der Zuschauer sicher sein. Gut 75 Minuten spielte sich die Band durch ihr mannigfaltiges Œuvre mit Highlights wie Geburt einer Nation, Tanz mit Laibach und wie sie alle heißen. Provokation gepaart mit großer Kunst, das können Laibach – und das zeigten sie auch in Deutzen eindrucksvoll!
02. Alle Gegen Alle
03. Leben – Tod
04. B Mashina
05. Eurovision
06. The Whistleblowers
07. Resistance is Futile
08. Brat Moj
09. God Is God
10. Americana
11. Geburt einer Nation
12. Now you will pay
13. Love in the beat
14. See that my grave is kept clean
15. Tanz mit Laibach
16. Sympathy for the Devil
17. The coming Race
Den Abschluss des Festivaltages bot darauf Kraftwerk-Mitbegründer Wolfgang Flür, der auf der Parkbühne bereits seine Gerätschaften aufgebaut hatte. Mit im Gepäck sein Programm Musik Soldat, das er musikalisch und visuell präsentierte und in dieser Einheit auch gut funktionierte. Elektronische Klänge aus den Geräten an seinem „Pult“ gepaart mit vielen Impressionen auf der Leinwand, wobei die Musik zwar oft die Nähe zu Kraftwerk nicht verleugnen ließ, aber dennoch eigen und zeitgemäß wirkte. Die Bilder dazu: Impressionen von unterwegs, Aufnahmen damals und heute, das Dasein als „Musik Soldat“ wiedergebend. Wer nach Laibach noch den Weg zur Parkbühne genommen hatte, sollte es nicht bereuen, bekam er doch einen guten Abschluss eines langen Festivaltages zu sehen und hören.