Auch wenn er bei uns noch relativ unbekannt ist, in Australien ist Jimmy Barnes ein regelrechter Superstar. Geboren wurde er im schottischen Glasgow, doch als er vier Jahre alt war, zog er mit seinen Eltern nach Adelaide “down under” und wuchs dort in einer Umgebung von Armut und Alkoholismus auf. Und das hat ihn später als Sänger auf der Bühne geprägt. Seine Gefühle auf einem Podium ausdrücken zu können, war ein Ventil für ihn: in den 70er Jahren mit der in Australien gewaltig populären Rockband Cold Chisel, und seit einem Jahrzehnt später auf eigenen Beinen mit einer dort nicht weniger erfolgreichen Solokarriere.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Sein Sound, der – so merkwürdig es auch klingt – eine Art Mischung aus AC/DC und Bob Seger ist, hat anno 2019 noch immer keinen großen Anhang außerhalb von Australien. Aber in den Niederlanden hat sich Jimmy Barnes nichtsdestotrotz eine beachtliche Fangemeinde erobert, wie die gut gefüllte Halle in Amsterdam beweist. Und einmal auf der Bühne lässt der kernige Rocker bei den sowieso schon hohen sommerlichen Temperaturen den Liebhabern keinen einzigen Augenblick mehr zum aufatmen. Schon beim Opener I’m In A Bad Mood peitscht er seine Energie und Kraft in den Saal, um erst nach 90 Minuten wieder loszulassen und Luft zu holen.
Jimmy Barnes singt sich mit aller Kraft die Seele aus dem Leib, voller Gefühl, voller Soul. AC/DC hätte im Prinzip gar nicht so weit von ihrer australischen Heimat suchen brauchen, um für ihren Frontmann Brian Johnson einen Ersatz zu finden. Sie hätten sich damit sogar dem ursprünglichen Soul von Bon Scott angenähert. Wenn man hört, was Jimmy Barnes während einer ganzen Show mit seinen Stimmbändern macht, würde man denken, dass er dies keine zweite Show durchhält. Aber kein Problem: Jeden Abend mit anhaltender Energie und vollem Drive – selbstverständlich auch heute. Umringt von Musikern – fast ausschließlich Familienmitglieder – die seine kräftige Stimme instrumental perfekt einbetten.
Höhepunkte der Show sind das beeindruckende Shutting Down Our Town, aus seinem neuesten Werk My Criminal Record, und die Nummern aus seinen beiden wahrscheinlich wohl besten Alben For The Working Class Man und Freight Train Heart, wie das bluesige Too Much Ain’t Enough Love, das getriebene Driving Wheels und sein Signature Song Working Class Man, nicht so poliert wie die Studioversionen, aber dafür nicht weniger berauschend. Khe Sanh ist einer der ersten Songs von Cold Chisel, absolute Topnummer, und wirkt heute noch genauso schwungvoll und mitreißend wie vor 40 Jahren.
Nur die Magie von John Lennons Working Class Hero kann er nicht rüberbringen. Mit Lennons Original mithalten ist auch völlig unmöglich, könnte man meinen, aber da sollten Neugierige doch mal in die umarrangierte Version von Little Steven hinein hören. Aber wer sich auch immer an dieses Juwel herantraut, verdient Lob, auch wenn es Jimmy Barnes vermutlich vor allem um den textlichen Inhalt ging.
Und dann macht Barnes mit dem swingendem Rythm & Blues van Cold Chisels Goodbye (Astrid Goodbye) kurzerhand klar, dass die Zugaben fertig sind, und verlässt die Bühne. Auch wenn es durchaus noch länger hätte dauern dürfen, nach dem Erlebnis hört man niemanden klagen.
Setlist JIMMY BARNES @ NL-Amsterdam, Melkweg (16.07.2019):
01. I’m In A Bad Mood
02. My Criminal Record
03. I’d Die To Be With You Tonight
04. Ride The Night Away
05. Love & Hate
06. Working Class Hero
07. Stargazer
08. Lay Down Your Guns
09. Boys Cry Out For War
10. Red Hot
11. Too Much Ain’t Enough Love
12. Resurrection Shuffle
13. Flame Trees
14. No Second Prize
15. Shutting Down Our Town
16. Seven Days
17. Khe Sanh
18. Working Class Man
19. Driving Wheels (Z)
20. Goodbye (Astrid Goodbye) (Z)
Weblinks JIMMY BARNES:
Official: https://www.jimmybarnes.com
Facebook: https://www.facebook.com/jimmybarnesofficial