Kein Wave Gotik Treffen geht so richtig los, ohne dass man sich stilecht mit ein paar Petit Fours, angetan mit schwerem Brokat auf der großen Wiese mitten im Clara Zetkin Park vor dem Musikpavillon niedergelassen hat. Und obwohl das Viktorianische Picknick immer noch kein offizieller Programmpunkt des Treffens ist, erfreut sich das kreativ-eitle Schlemmen konstanter Beliebtheit. Nun könnte man als scharfer und kritischer Beobachter der ganzen Szenerie schon fragen, wann das FotografInnen-Teilnehmenden Verhältnis endlich kippt. Auch die Tatsache könnte nachdenklich stimmen, dass immer mehr Schaulustige, die sich zum Teil sehr aufdringlich und auch manchmal übergriffig verhalten, die Festivalbesucher zu Alternativ-Veranstaltungen treiben, damit diese wieder das Mehr-unter-sich genießen können und weniger das Menschen-im-Zoo Gefühl erleiden müssen.
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Ja, es gibt viel zu sehen: Erstaunliches, Erbauliches, Märchenhaftes, Fabelhaftes, Bizarres, Erotisches, Historisches, Fantastisches, Groteskes, Eklektisches, Elegantes, Utopisches und überall Todessehnsüchtige, die das Leben feiern. An vielen Gewandungen haben die Träger über Jahre gearbeitet, das sieht man. Hinter manchen verbirgt sich ein generationenübergreifendes Konzept. Einige Teilnehmende erkenne ich von zurückliegenden VikPicks und staune über ihre neuerliche, scheinbar bodenlose, unerschöpfliche Kreativität. Ich treffe nordische Berserker, Vampire, Zeitreisende mit dampfenden Apparaturen, melancholische Meerjungfrauen, Ludwig den XIV. mit der Marquise de Montespan, schmal geschnürte viktorianische Witwen im schlichten schwarzen Taft, Sklaven in Lack, Neofolker in Uniform und Loden. Es geht durch alle Genres.
Jeder hat seine Picknickdecke, ein Körbchen oder eine Kühlbox dabei. Bei manchen darf es etwas mehr sein und es werden Tische, lange Tafeln, Großmutters gutes Sonntagsgeschirr, die edlen Siebenarmigen und das Silberbesteck aufgefahren. Eine Gruppe hat sogar ihren eigenen Butler dabei. Bereits um 14:00 Uhr füllt sich der Park beträchtlich. Es werden Stände für historische Fotografie aufgebaut, von überall hört man Musik. Mit Feline & Strange, einem Elektro-Wave Trio aus Berlin, das auch für seine Cabaret-Einlagen bekannt ist, gibt es sogar Live-Musik. Bis in den späten Nachmittag hinein konnte man es eigentlich so ganz gut im Clara-Park aushalten.
Beitrag: Katja Spanier, Danny Sotzny
Bildergalerien: Danny Sotzny, Thomas Papenbreer