Wie viele Leben hat ein Dämon? Im Falle von Joachim Witt sind es unzählige. Seit seiner NDW-Zeit hat der Herbergsvater schon so oft seinen musikalischen Kurs korrigiert und ist wie eine Katze immer wieder auf die Füße gefallen. Als wahnsinniger Goldener Reiter gestartet und nach langer Zeit wieder mit der Flut herauf gespült, hat er irgendwann den Neumond gesehen und gibt uns jetzt, im Jahr vor der großen 7 in seinem Leben, den kauzigen Rübezahl.
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Kauzig vielleicht. Aber Witt ist zu jeder Zeit nie altbacken oder rückwärts gerichtet aufgetreten. Immer den Blick nach vorne gewandt, tritt Rübezahl wie ein weiteres Bollwerk der ehemaligen Neuen Deutschen Härte auf und ist für mich am ehesten mit seiner Bayreuth-Reihe zu vergleichen. Witt ist wieder härter geworden. Und das nehme ich ihm so auch ab. Das ist seine Heimstätte. Der Sturm zieht auf, und Witt steht wie ein Fels in der Brandung.
Der Herr Der Berge eröffnet das Album pompös und angsteinflößend. Doch der dunkle Fürst Witt wäre nicht Witt, wenn es nicht auch hier immer für ein paar Takte einen Flug über dunkle Täler geben würde. Böse schreitet er durchs Land. Grimmig zeichnet Witt eine Landschaft, die es mit jedem Fantasy-Film aufnehmen kann und doch schreit er bei Ich Will Leben heraus, was ihn antreibt. „Tausend mal hab ich Leid gesehen, keiner wird wieder auferstehen“ und trotzdem hebt Witt sein Haupt und glaubt an die Zukunft.
Etwas überraschend ist die Tatsache, dass Joachim Witt für Quo Vadis mit Alex Christensen zusammen gearbeitet hat. Das Ergebnis ist ein Track, der nicht wie befürchtet fremd auf der Platte wirkt. Getragene Streicherarrangements und treibende Riffs sind so fett, dass Witt die Jungs von Santiano in die Schranken weist. Entweder man ist der dunkle Fürst oder eben nicht. Schnell entwickelt sich Quo Vadis zu dem Mittelpunkt von Rübezahl. Meine Befürchtung, dass der Track durch Christensen zu Pop verkümmern könnte, wird zerstreut und Quo Vadis ist ein Bollwerk, das erst jenseits der Zimmerlautstärke seine wahre Größe zeigt.
Witt wandert auf Rübezahl immer wieder zwischen Leben und Tod, Zuversicht und Abschied. Mit Wenn Der Winter Kommt läutet er ein Finale ein, welches mir das Blut gefrieren lässt. Mit Schwermut und Traurigkeit zeichnet er ein Bild, in der er alleine in der großen Schlucht zurück gelassen ist und sich trotz alledem wohlfühlt und eine innere Ruhe einkehrt. 1000 Seelen ist da ebenso ein gutes Beispiel, an dem Witt seine Welt skizziert.
Rübezahl ist in seiner Gesamtheit ein Meisterwerk in der Diskografie Witts. Ein böses Bollwerk gezeichnet von einem Leben, mit vielen Höhen und Tiefen. Und ich höre keine hohlen Phrasen, die Witt von sich gibt. Ich nehme ihm den Wahnsinn, die Sehnsucht, die Trauer ab. Ein Weltuntergangsszenario, welches uns hoffentlich erspart bleibt.
Rübezahl ist am 23. März bei Ventil Records erschienen.
Tracklist WITT – Rübezahl:
01. Herr der Berge
02. Ich will Leben
03. Dämon
04. Goldrausch
05. Mein Diamant
06. Wofür Du stehst
07. Quo Vadis (feat. U96)
08. 1000 Seelen
09. Eis und Schnee
10. Agonie
11. Wenn der Winter kommt
12. Leben und Tod
13. Wiedersehen woanders
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Weblinks WITT:
Official: http://joachimwitt.de/
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