“Inspirierend, spirituell, tief”
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Völur (von Völva, altnordisch: Seherin) erzählen in ihren Stücken Geschichten, in denen die Konflikte und Empfindungen ihrer Protagonisten und der dahinter stehenden Ideen direkt und durch die Musik erfahrbar werden. Dabei lässt sich die 2003 in Toronto gegründete Band von den nordisch-germanischen Heiden, ihrem mystischen Sagenschatz und ihrer Alltagskultur inspirieren. Dass man heute über die Entstehung dieser beiden Dinge so gut wie nichts weiß, begreifen die Künstler jedoch nicht als Begrenzung ihres Ausdrucks, sondern eher als eine Bereicherung dessen. Das Ergebnis sind Stücke von ernster Spiritualität, Tiefe und Vielschichtigkeit, die sich bei genauer Betrachtung dem Begreifen-Wollenden entziehen mögen, doch im Suchenden Sinn stiften können.
Personell stehen hinter Völur Lucas Gadke (Bass und Gesang, bekannt aus Blood Ceremony), die Experimental-Violinistin Laura C. Bates (auch Gesang) und James Payment (Schlagzeug, bekannt aus Do Make Say Think). Bates Violine übernimmt in den Arrangements den Part, den bei üblicher Besetzung die Gitarre übernimmt. Der Bass rückt an die Stelle des Leadinstruments. Fast alle Melodien werden von Gadke durch dieses Instrument getragen, was ihnen die zusätzliche, im Doom nur schwer wegzudenkende Schwere verleiht. Die Drums sorgen für die bombastische, zerstörerische Komponente der epischen Stücke.
Ancestors ist das zweite Album der drei Kanadier und zugleich auch der zweite Teil einer Quattrologie, die sich der alten nordischen Kultur widmet. Mit Disir haben Völur im letzten Jahr den Anfang gemacht. Als Disen bezeichnet man in der altgermanischen Kultur weibliche Gestalten der Mythologie, zuweilen aber auch weibliche Vorfahrinnen, die ebenfalls Verehrung fanden. Ancestors widmet sich nun dem männlichen Gegenpart der Disen. Zwei weitere Alben zu den Göttern und zu den erdgebundenen Geistern schließen die Auseinandersetzung mit der spirituellen Welt der Ancient North ab.
Die vier auf Ancestor enthaltenen Stücke sind in sich abgeschlossene musikalische Erzählungen, von denen keins unter zehn Minuten, das längste sogar beinahe 17 Minuten lang ist. Jedes ist dabei so facettenreich, kontrastreich und fordernd, dass man den Eindruck bekommt, die Songs wollen sich nur mühsam in Gänze erschließen lassen.
Ganz besonders wird das bei Breaker of Famine deutlich: Eingangs eine schleppende, bedrohliche, bleierne Basslinie, die nicht so recht ihre Melodie finden möchte, sich aber unheilvoll zu verdichten scheint. Im Anschluss wird man dann völlig unerwartet Zeuge, wie Gadke minutenlang eine Mischung aus beängstigender, haltloser Gier und tiefverzweifelter Agonie hinausschreit. Gleichzeitig wird das musikalische Arrangement von diesem Strom reißender Wut hinfort gerissen. All das wird aufgelöst, fast möchte man sagen erlöst, durch eine musikalische Episode unbeschreibbarer Sanftheit und Geborgenheit.
Die Inspiration für Breakers Of Famine zogen Völur aus Geschichten, die von Vulkanausbrüchen auf Island überliefert wurden. Auf diese Art fielen immer wieder Ernten und Menschen der als unbezähmbar wahrgenommenen Natur zum Opfer. Verschiedene, über dieses Thema lose verbundene Szenen greifen in dem Song ineinander. Gadke fasst diese wie folgt zusammen:
“A man stands and watches the bodies of his kin burn, two groups of warriors meet on the beach and kill each other over the corpse of a beached whale, and then a man sits on the grave mound of his dead ancestor and asks for guidance through a troubling time.”
Ein konkretes histroisches Vorbild gab es hingegen für Breaker Of Skulls: Egil Skallagrímsson und sein Wut- und Klagelied Sonatorrek (Verlust der Söhne). Egil Skallagrímsson ist eine halbhistorische Figur aus dem isländischen Siedlungsmythos, der Prototyp des ambivalenten Kriegerpoeten. Der Überlieferung nach war Egil Skallagrímsson abstoßend in seinem Äußeren und in seiner grenzenlosen Brutalität, seine Dichtung jedoch voller Leidenschaft, Tiefe und Kunstfertigkeit. Ebenso ambivalent ist auch Breaker Of Skulls, in dem sich Momente rasender Wüterei und magische Schönheit vereinen.
Dieser Antagonismus aus unbeugsamer und unbezähmbarere Härte und erlösender und beruhigender Sanftheit ist ein Grundtenor der Überlieferung epischer Heldensagen und findet auf Ancestors eine neue inspirierende, spirituelle Gestalt.
Ancestors erschien am 2. Juni 2017 bei Prophecy Productions.
Anspieltipp: Breaker Of Skulls.
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Tracklist VÖLUR – Ancestors:
01. Breaker of Silence
02. Breaker of Skulls
03. Breaker of Oaths
04. Breaker of Famine
Weblinks VÖLUR:
Official: http://de.prophecy.de/voelur
Facebook: https://www.facebook.com/VolurDoom