PLUSWELT FESTIVAL XI / XII – Krefeld, Kulturfabrik (28.+29.11.2014)

PLUSWELT FESTIVAL XI / XII - Krefeld, Kulturfabrik (28.+29.11.2014)
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Zum 15. Geburtstag von Pluswelt Promotion spielten am letzten Freitag und Samstag in der Kulturfabrik in Krefeld elf Bands aus den Bereichen Electro, Aggrotech, EBM und Synth-Pop und das Lineup konnte sich wirklich sehen und hören lassen: Combichrist, Aesthetic Perfection, Grendel, Protafield, William Control, Apoptygma Berzerk, Mesh, De/Vision, Republica, Blitzmaschine und Substaat sorgten in den fast (Freitag) ausverkauften (Samstag) beiden Tagen für Bein- und Stimmmuskelkater und feuchte Augen. Denn genau so feiert man gebührend Geburtstag: mit guten Freunden und guter Musik.


Freitag, 28.11.2014 PLUSWELT FESTIVAL XI
Combichrist, Aesthetic Perfection, Grendel, Protafield, William Control

PLUSWELT FESTIVAL XI / XII - Krefeld, Kulturfabrik (28.+29.11.2014)Das Pluswelt Festival Doppelpack wurde an diesem gut gefüllten Festivalfreitag durch die amerikanische Band William Control [GALLERY] eröffnet, die ihr Set mit einem alten Soulsong als Intro einläuteten. Kaum erklangen die ersten Töne, begann Sänger Wil Francis wie ein Derwisch zu tanzen, mit einer gekonnten Kabelmikro-Akrobatik zu begeistern und die Zuschauer mit den Worten: „Let me hear your voices“ zu animieren, die sich mit lautem Geschrei meldeten. Die Musik der Band konnte man am ehesten mit Synthrock beschreiben, schwankend zwischen härteren Tönen und schönen Melodien. Besonders der Track Razors Edge hatte es den Zuschauern zu Recht angetan, denn die Harmonien blieben noch sehr lange in den Ohren haften. Diese Band sollte man definitiv im Auge behalten. Nun wurde es rockiger, denn die Band Protafield [GALLERY] aus Wales sind gute Freunde von Rammstein und das hörte man definitiv heraus.

Hier regierte pure Männerpower und die Mischung aus Electro, Punk und Rock, transportiert mit harten Gitarrentönen, traf den Zuhörer mitten ins Gesicht. Frontman Jayce gab stimmlich alles, um die Fans anzumachen, während Gitarrist Marc (der aussah wie der nette Junge von Nebenan) in die Saiten griff. Das Quartett brachte einige Stücke ihres Debut Albums Nemesis, auf dem die Jungs prominente Unterstützung von Roger Taylor von Queen und Gary Numan (Redesign) bekamen. Im Anschluss wurde es dann harsher und elektronischer (trotz Gitarre, die recht leise unter die Elektronik gemischt wurde). Denn auf den Brettern der Kufa Bühne standen nun Grendel [GALLERY], die es sich nicht nehmen ließen, die Luft zusätzlich mit ihrem Sound aufzuheizen. Die niederländische Aggrotech-Band brauchte nur einen Song, um den kompletten Saal in Bewegung zu versetzen. Stücke wie One Eight Zero oder Dirty, (bei dem Mel, die einzige Frau auf der Bühne der Kufa in den Vordergrund ging), erreichten genau das, was sie sollten: die Bereiche im Gehirn zu aktivieren, die für die Tanzlust zuständig sind. Die beste Atmosphäre schafften aber die Tracks, die etwas Tempo herausnahmen und so die Kompositionen der Songs besser in den Fokus rückten.

Der sichtlich gut gelaunte Frontmann Daniel Graves der amerikanischen Combo Aesthetic Perfection [GALLERY] war im Anschluss an der Reihe, die Fans zu begeistern und das war eine einfache Aufgabe. Denn die Zuschauer waren nun so aufgeheizt, dass sie gar nicht anders konnten, als abzufeiern. Die lange Reise aus den USA hatte das Trio also nicht umsonst gemacht. Die Band, die schon zuvor im Vorprogramm von Combichrist und vielen anderen zu erleben war, verwöhnte mit ihrem Electro-Aggrosound die Besucher und das Dauergrinsen von Daniel aufgrund der gut aufgelegten Fans übertrug sich spielend auf eben diese. Musikalische Highlights der Show waren The New Black und Antibody, dessen grooviger Rhythmus zum Mitschwofen einlud. Nach gefühlten 10 Minuten war das Konzert dann bereits zu Ende. Überraschenderweise kam die

Band dann doch noch einmal zurück, um für Pluswelt Chef Jan Winterfeld ein Ständchen zu bringen: Das Fine Young Cannibals Cover You Drive Me Crazy (!). Den Hauptact des Abends muss man wirklich nicht vorstellen: Combichrist [GALLERY], mit der charismatischen Galionsfigur Andy LaPlegua. Mit viel Bühnennebel und dem orchestralen Intro (vom letztjährigen Gothic Meets Klassik in Leipzig) auf dunkler Bühne wuchs die Spannung auf den Hauptact des Abends und ließ die Erwartung auf eine geniale Show ins Unermessliche ansteigen. Bereits bei der Textzeile „Come hear the voices in my head“ des Stückes Blut Royale verwandelte sich Krefeld in einen Hexenkessel, aus dem es keinen Ausweg mehr gab. Denn es herrschte allerorts pure Energie und nordischer Charme, sei es bei This Is My Rifle oder Never Surrender: Andy machte einfach alle an und brachte sogar einige Electroheads dazu, mehr oder minder gekonnte Stagediving Einlagen zu präsentieren. Bei Shut Up And Swallow wurden zwei Mädels aus Publikum gezogen, um auf der Bühne abzufeiern. Und diese taten das, als wäre es das Normalste der Welt. Die Norweger gingen bei ihrer Songauswahl auf Nummer sicher, denn es wurde ein Hit nach dem anderen abgefeuert. Evergreens wie Get Your Body Beat und Fuck This Shit sind einfach Songs mit Abfeiergarantie. Während What The Fuck Is Wrong With You stellte Drummer Joe Letz seine Floortom auf die Hände der Combichrist-Followers, um dann gekonnt auf das Trommelfell einzuhämmern. Im Nu war der Budenzauber vorbei, aber die Band verließ nicht lange die Bühne, denn nach einer Danksagung LaPleguas und Genesungswünschen für den erkrankten Gitarristen Eric 13 schmetterten die Jungs die Zugabe This Shit Will Fuck You Up in den aufgeheizten Raum. Ein gelungenes Finale des ersten Festivaltages.


Samstag, 29.11.2014 PLUSWELT FESTIVAL XII
Apoptygma Berzerk, Mesh, De/Vision, Republica, Blitzmaschine, Substaat

Hatten am gestrigen Freitag Bands wie Combichrist, Aestethic Perfection und Grendel eher härtere Töne angestimmt, sollten nun Fans der poppigeren elektronischen Musik auf ihre Kosten kommen. PLUSWELT FESTIVAL XI / XII - Krefeld, Kulturfabrik (28.+29.11.2014)In der ausverkauften Kulturfabrik Krefeld waren sage und schreibe sechs Bands angereist, um für einen musikalischen Augenschmaus zu sorgen. Kraftwerk ließen grüßen, als die drei Musiker von Substaat [GALLERY] mit schwarzem Hemd und Krawatte auf der Bühne erschienen um ihren tanzbaren Synthpop mit EBM-Einschlag zu spielen. Stücke wie Catch Me vom ersten Album und Electric ließen die Herzen der Popfans höher schlagen und die Band aus Oslo zeigte eine souveräne Präsentation ihrer Musik. Ungleich härter ging es dann mit Blitzmaschine [GALLERY] weiter. Die Band aus Hamburg, bestehend aus Holger und Matze plus Livedrummer, macht Musik im Stile von DAF, Nitzer Ebb oder Front 242 und schämt sich dessen nicht, sondern servierte diese Mischung selbstbewusst dem Publikum. Stücke wie Burnout (mit der Textzeile „Ist das noch Deutschland?“) oder Liebe auf dem ersten Blick (dessen Stilmix man mit „DAF meets And One“ beschreiben könnte) wurden gut von den Zuschauern aufgenommen und mit Applaus gewürdigt. Die Worte „Here is something wrong“ des Tracks Useless waren Programm, denn der Drummer

der Band hatte Schwierigkeiten, im Takt über die programmierten Beats zu trommeln, was sich aber recht schnell wieder legte und dem Musikgenuss keinen Abbruch tat.

Die folgende Band hatte dann das Vergnügen, das erste wirkliche Highlight des Konzertabends zu präsentieren: die britische Band Republica [GALLERY], die in den 90er Jahren beachtliche Erfolge feiern konnte und nun in Krefeld mit großer Spiellaune zeigen konnte, dass sie immer noch gut zum Abrocken sind. Die immense Energie, die Sängerin Saffron ausstrahlte, die rockig-punkige Britpower und die rotzige Performance ging so nach vorn, dass man wie gebannt auf die Bühne schaute, um nur nichts zu verpassen. Drop Dead Gorgious brachte Erinnerungen an eine schöne Zeit zurück und German Accent war einfach ein genialer Song zum Mitmachen. Doch Republica hatten ihr Pulver noch lange nicht verschossen. Christiana Obey mit seinen 90er Jahre Synthsounds á la Underworld erzeugte ein wohliges Gefühl in der Magengegend. So sympathisch und natürlich wie Saffron kam an diesem Abend kaum ein Künstler rüber, der man anmerken konnte, wie glücklich und dankbar sie war in Krefeld spielen zu können. Beim Überhit Ready To Go war gar kein Halten mehr, denn die ganze Halle feierte den Song und dessen Interpreten so richtig ab.

Nicht minder gut war die Stimmung bei der Synthpop Band De/Vision [GALLERY], die schon alte Hasen im Popgeschäft sind. Steffen Keth und Thomas Adam nebst Drummer gaben gehörig Gas und spielten einen bunten Mix aus ihrem musikalischen Schaffen, das bisher sage und schreibe 13 Alben umfasst. Mit mAndroids startete das Set und fing demnach etwas langsamer an, um sich im Laufe der Show zu steigern. Der Gesang von Frontman Steffen war beim ersten Titel zu sehr in den Vordergrund gemischt, die Musik zu leise, aber das legte sich nach zwei Songs und so konnten die Fans angemessen Party machen. Beim traurigen Try To Forget vom Debutalbum World Without End kam fast eine bedächtige Stimmung auf und alle Münder sangen den Chorus mit, was Steffen und Thomas sichtlich gefiel. Atemlos ging es weiter, denn Knaller wie Time To Be Alive und Your Hands On My Skin durften natürlich nicht fehlen. Leider halfen die Zugaberufe an Ende nichts. Der Zeitplan war straff und mit Flavour Of The Week verabschiedeten sich die Berliner von ihrem Publikum, um dem nächsten Höhepunkt Platz zu machen: nämlich der britischen Band Mesh [GALLERY], die die Kufa fast schon zur zweiten Heimat gemacht haben, so oft wie sie hier schon gespielt hatten. Wie schon beim diesjährigen Amphi Festival begannen Mesh ihr Konzert nicht auf der Bühne, sondern an der P.A. (findige Fans hatten bereits am Anfang des Abends das Keyboard und Gesangsmikrofon am Mischpult entdeckt). Richard Broadhead und Mark Hockings gaben quasi mitten im Publikum die Stücke Not Prepared und Trust You in einer Piano Version zum Besten, bevor die komplette Band auf der Stage mit Flawless vom aktuellen Album Automation Baby ihren Gig begann. Spätestens dann wurde getanzt, geklatscht und gar nicht mal so übel mitgesungen. (Weibliche Stimmen waren hier ganz deutlich im Vordergrund!). You Didn’t Want Me und From This Height folgten auf dem Fuße. Dass letztgenannter Song “nur “ eine B-Seite war, ist kaum nachzuvollziehen, gehört er doch zum Besten was die “Bristol-Boys” je komponiert haben! Mesh rockten die Bude und präsentierten einen Ohrwurm nach dem anderen, die bis hinter die letzten Zuschauerreihen mitgegröhlt wurden. Doch einige Highlights sollten noch folgen, denn eine Mesh Show lebt auch immer von süßen Ideen. Z.B. die mehr als gut gelungene Coverversion von Tuesday der Kultband Yazoo und dem Gastauftritt von Republicas Frontfrau Saffron beim Song Firefly, der viel zu kurz war und nach sofortiger Zugabe schrie. Jede gute Präsentation hat ein Ende und so verließen Mesh nach der Liebeserklärung an die Fans Friends Like These die Stage. Als Zugabe gab es dann noch Taken For Granted und die Kulturfabrik verwandelte sich in einen schwarz gekleideten Chor.

Nach der Umbaupause sollte der Headliner Apoptygma Berzerk [GALLERY] das Pluswelt Festival beglücken, aber große technische Probleme sorgten dafür, dass die Geduld der Fans auf die Probe gestellt wurde und die Band somit erst mit 45-minütiger Verspätung anfangen konnte. Moderator Jens Domgörgen entschuldigte sich für diesen Delay und als zweiter Ansager ließ es sich Daniel von Aestethic Perfection nicht nehmen, die nachfolgende Performance zu präsentieren. Und diese hatte es in sich! Fast ganz in Dunkelheit gehüllt vor einem riesigen Banner, erschienen Stephan und Jonas Groth, Gitarrist Audun „Angel“ Stengel und Drummer Ted Skogmann beim Intro Starsign vom Album Welcome To Earth auf den Brettern und rockten los bis die Halle bebte. In 25 Jahren hat man als Band natürlich ein großes Repertoire und somit gingen die Skandinavier zurück in der Zeit und erinnerten mit Deep Red an frühere Momente, in denen man glücklich auf den Tanzflächen der Gothic Clubs tanzte und sich pudelwohl fühlte. Auch Love Never Dies von der CD 7 hat ebensolche Qualitäten und man merkte dem Publikum dabei an, wie verbunden es mit der Band war. Aber auch die jüngeren Stücke, wie Apollo (Live On Your TV) oder Until The End Of The World, die den alten APB Stil aufbrachen und eher poppiger und rockiger daherkamen, wurden gefeiert, so dass in der Setlist keine Sekunde Langweile aufkam und eine schöne, abwechslungsreiche Show zu bestaunen war. Zur weiteren Auflockerung intonierte Apop zwei Coverversionen: (das leider eher überflüssig zu nennende) Love Will Tear Us Apart von Joy Division und das sehr gut interpretierte Major Tom (Völlig losgelöst) von Peter Schilling (Stephan: “The best german song ever written!”). Natürlich durfte der Alltime-Klassiker Non-Stop Violence nicht vergessen werden und diese Liveversion hatte es in sich. Voller Power und Verve schmetterten die Musiker den Song mit der (leider) immer aktuellen Thematik in das Publikum, welches ihn gebührend durch Tanz- und Sangeseinlagen zelebrierte. Wie es sich für eine gute Party gehört, gab die Band für das Geburtstagskind und Pluswelt Boss Jan Winterfeld ein Ständchen namens Something I Should Know und überreichte zudem im Anschluss ein weiteres cooles Geschenk: APB spielten zur vollen Freude der Fans den Mesh Remix von Mourn mit Mark Hockings im Duett, was allerorts für Ekstase sorgte. Mit dem Outro APB Goes C-64 verließen Apoptygma Berzerk die Bühne und das Partyvolk hatte als Krönung noch das Vergnügen mit Gast-DJ Steffen Keth bei der Aftershow-Party den letzten Rest Energie weg zu tanzen. So eine ungewöhnliche Geburtstagsparty, bei der die Gäste beschenkt wurden, erlebt man auch nicht alle Tage. Bleibt zu hoffen, dass in Zukunft noch mehr solche Feiern stattfinden.

Bilder des Festivals und der beteiligten Bands befinden sich in unserer Konzertfotos Sektion (Bildkommentare sind dort durch Anklicken der gelben Sprechblase oben rechts möglich) oder direkt durch Anklicken der jeweiligen Gallery-Links bzw. Fotos.

Fotos: Michael Gamon

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