Nachdem 17:30 Uhr die Tore geöffnet wurden und sich der Schlossinnenhof zusehends schwärzte, wurden die Besucher beim ersten Blick auf die Bühne bereits überrascht: vom schwarzen Bühnentuch strahlte eine wunderschöne Zeichnung, die das Profil Tilo Wolffs zusammen mit dem Wasserschloss zeigte. Eigens für dieses Konzert angefertigt, wurden auch 100 T-Shirts mit diesem Motiv bedruckt und als ganz besondere Erinnerung verkauft.
Der Verzicht auf eine Vorband hat sich bereits auf der Tour rund um das 2012 erschienene Studioalbum Revolution bewährt und so war wohl kein Besucher verwundert, als 19:40 Uhr direkt die ersten Takte des traditionellen Lacrimosa-Intros erklangen und eine sichtlich gut gelaunte Anne Nurmi samt Band die Bühne betrat. Tilo ließ noch auf sich warten und steigerte so die bereits emotionsschwangere Stimmung bis zu ihrem Höhepunkt, der sich dann mit den ersten Zeilen des Band-Klassikers Ich bin der brennende Komet entladen durfte. Von frenetischem Applaus begleitet, betrat der Meister seine Bühne. Sichtlich erfreut über die phantastische Stimmung, begrüßte er auf gewohnt charmant-bodenständige Art die Konzertbesucher und brachte seine Verbundenheit mit Klaffenbach erneut zum Ausdruck, indem er mitteilte wie sehr er den Tag hier bereits genossen hätte. In Anbetracht des Lieder-Marathons, der folgen sollte, war die Erholung vorab sicherlich auch von Nöten. Völlig in seine eigene Musik versunken und eins mit ihr, wie so typisch für ihn stets mit den Händen im Takt tanzend, bot der Wahlschweizer eine emotionsgeladen Show, die rein gar nichts mit dem Abarbeiten einer Setlist zu tun hatte, wie man es heute leider zu oft bei anderen Bands erleben darf. Begleitet von der herausragend guten Live-Band, wie bewährt vertreten durch JP und Henrik Flyman an den Gitarren und Yenz Leonhardt am Bass sowie Drummer Julien Schmidt (neu anstelle von Manne Uhlig), durfte man als Besucher eine Zeitreise durch die mehr als 20jährige Bandgeschichte antreten. Gänsehaut wechselte sich mit purer Euphorie ab, Tränen wurden von tiefer Melancholie begleitet. Altbekannte Publikums-Lieblinge wie Stolzes Herz, Alleine zu zweit oder Tränen der Sehnsucht gaben sich ein Stelldichein mit neueren Titeln wie Revolution oder Feuerzug. Selbstredend durfte auch Anne Klaffenbach mit drei Titeln verzaubern – so manch ein männlichen Besucher wird sicher nicht nur von ihrer Gesangesleistung begeistert gewesen sein, stellte sie doch deutlich klar, dass sie nicht nur mit den Händen tanzen kann.
Mit wohl einmaliger Mimik und Gestik und den für ihn typischen kleinen Anekdoten zwischen den einzelnen Stücken führte Tilo Wolff durch die inzwischen herangebrochene Nacht und bot den zum Teil sogar aus Russland angereisten Fans (denen er eigens I Lost My Star In Krasnodar widmete) ein Konzert-Spektakel, das seines Gleichen noch lange suchen wird. Sicherlich eines der vielen Highlights waren die zwei Live-Weltpremieren Morning Glory und Heute Nacht, erschienen auf der gleichnamigen E.P., doch egal was auf der Bühne dargeboten wurde, Tilo und Anne wurden gefeiert, es wurde getanzt und gesungen, geweint, gelacht und genossen. Dass die Künstler selbst jede Sekunde genossen haben, stand völlig außer Zweifel. Den (ersten) Abschluss fand der Abend nach etwa zwei Stunden mit dem vieldiskutierten Irgendein Arsch ist immer unterwegs, welches sich, wie von Tilo betont, inzwischen jedoch zu einer Art Lacrimosa-Hymne entwickelt hat. Es ist schwer denkbar, dass irgendein Besucher des Konzertes den eingängigen Refrain nicht mitgesungen hat! Schnell war klar, dass das nicht das Ende des Konzertes sein durfte, und noch auf der Bühne setzten bereits die Zugabe-Rufe ein. Lange ließen sich Sänger und Band auch nicht bitten, und so wurden noch sieben Zugaben gespielt bevor die Lärmschutzbestimmungen dem Abend ein Ende setzen mussten. Beschenkt mit der Anerkennung und Liebe eines dankbaren und glücklichen Publikums verließ Lacrimosa nach fast drei Stunden Spielzeit die Bühne und stand im späteren Verlauf des Abends auch noch für Autogramme und Fotos zur Verfügung.
Fazit: Ein Konzertabend, der perfekter nicht hätte sein können. Texte, die tief ins Herz gehen. Künstler, deren bedingungslose Liebe zur Musik in jeder Sekunde spürbar ist. Eine Live-Band, die sich jeder Liebhaber rockiger Gitarrenklänge nur wünschen kann. Und Fans, die ihre Band tief vergöttern. Danke Lacrimosa, danke Klaffenbach. Der Abend wird lange im Gedächtnis bleiben.
Setlist LACRIMOSA:
01. Lacrimosa Theme
02. Ich Bin Der Brennende Komet
03. Alleine Zu Zweit
04. Malina
05. Kelch Der Liebe
06. Stolzes Herz
07. The Turning Point
08. I Lost My Star In Krasnodar
09. Tränen Der Sehnsucht
10. Versiegelt Glanzumströmt
11. Revolution
12. If The World Stood Still a Day
13. Apart
14. Morning Glory
15. Schakal
16. Durch Nacht Und Flut
17. Rote Sinfonie
18. Feuer
19. Irgendein Arsch Ist Immer Unterwegs
20. Heute Nacht (Z)
21. This Is The Night (Z)
22. Weil Du Hilfe Brauchst (Z)
23. Alles Unter Schmerzen (A.U.S.) (Z)
24. Verloren (ZZ)
25. Alles Lüge (ZZ)
26. Lichtgestalt (ZZ)
Fotos: Sandro Griesbach
Besten Dank für die gute Zusammenarbeit an Opus Ultimum!