Nachdem die Besucher der Halle durch drückende Dancemusic so richtig in Party- und Tanzlaune versetzt wurden, ertönte hinter dem mit grünen Leiterbahnen des Electric-Albums projektierten Vorhang das Instrumental Axis, welches sich perfekt in den vorher gehörten Sound einbettete, sodass der Übergang fließend in die Liveshow hinüberleitete. Nach brausendem Begrüßungsapplaus konnte man erstmals beim Stück One More Chance / Face Like That schemenhaft die Silhouetten zweier Boys hinter dem Vorhang erkennen und die Vorfreude kam zu Höhepunkt. Eine weibliche, computergenerierte Stimme begrüßte das Publikum mit den Worten: „Wir sind die Pet Shop Boys, Willkommen bei Electric“. So persönlich unpersönlich wird man eher selten begrüßt und das erste Schmunzeln zeichnete sich in den Gesichtern der Fans ab, die nun endlich belohnt wurden, als der Blick beim Klassiker Opportunities (Let’s Make Lots of Money) auf ihre Heroen frei wurde. Sänger Neil Tennant und Tastengott Chris Lowe sahen aus wie zwei Igel –respektive- Stachelschweine, die nun eine atemberaubende Show bzw. Performance anstimmten. Bei Memory of the Future wurde es dann etwas ruhiger, bevor Fugitive / Integral wieder für gute Stimmung sorgte und die Westfalenhalle zum Mittanzen animierte. Es wurde mal wieder klar, dass Show und Technik wichtige Eckpfeiler bei den Pet Shop Boys sind. Hier ging es nicht um gesangliches Können oder gar Finesse, sondern um Videoprojektionen, Licht, Effekte und –natürlich- perfekte Popmusik! In der Umziehpause gaben zwei TänzerInnen in Tierkostümen (Stiere?) eine Tanzperformance und Neil und Chris intonierten verkleidet mit stählernen Helmen I Wouldn’t Normally Do This Kind of Thing, das elegant in den Smasher Suburbia überging. Die Stimmung kochte über und wedelnde Hände und tanzende Bein regierten die Szene. Bei der phantasievollen, gut getimten, dramaturgisch überzeugenden Show gab es keine Längen, auch I´m not scared (Ursprünglich für die Band Eighth Wonder mit Starlett Patsy Kensit komponiert), ein eher bedächtig-melancholischer Song, wurde von den Jungs im grünen Laserlicht so gekonnt in Szene gesetzt, dass Gänsehaut vorprogrammiert war. Selbst das Leonard Bernstein-Cover Somewhere in einem weiteren „Dressing Break“ überzeugte im Musical-Discostyle. Kitschig: ja, aber auch sehr unterhaltsam. Grinsende Gesichter gab es überall im Publikum, als Chris mit Discokugel-Hut auf dem Kopf zurück auf die Bühne kam und Neil mit glitzerndem Bowler Leaving intonierte. Skurriler Höhepunkt der Show: Beim Stück Love etc. wurden die Jungs dann in mit weißen Leinwänden bespannten Boxen hineingefahren, nur ihre Köpfe schauten heraus, und ihre „Körper“ waren lediglich animierte Bilder auf der Projektionsfläche. Eine witzige, pfiffige Idee. Der Alltime-Classic Rent wurde in einer treibenden Uptempo Version präsentiert und der Megahit It´s a Sin in beeindruckender, fast epochal zu nennenden Variante, welche dem fordernden Dortmunder Publikum fast den Rest gab. Doch es war gottlob noch lange nicht vorbei, Energie besaßen Band und Fans noch genug, um die Remixversion vom wunderbaren Domino Dancing zu befeiern, denn das Stück war ein Augen- und Ohrenschmaus und wurde durch den Dortmunder Chor am Ende noch mehr geadelt. Auch bei Go West und Always on My Mind gab es noch Gelegenheit zum Mitsingen, was die gut gefüllte Westfalenhalle auch inbrünstig tat. Der Hauptteil des Events war nun beendet, doch lange mussten die Anhänger der britischen Ausnahmeband nicht klatschen, denn mit dem ersten großen Hit West End Girls kam das „Duo Infernale“ zurück auf die Bühne und am Ende gab es zur Freude der gut gestylten Frisuren einen Konfettiregen, der sich gewaschen hatte. Mit der aktuellen Single Vocal verabschiedeten sich die mittlerweile Neon-orange angezogenen Jungs aus dem Tiergeschäft von ihren feiernden Fans, die glücklich in die Nacht verschwanden.
Vier Tage später im Büro. Der Rezensent erzählt von einer tollen Konzertwoche und dem Besuch der Pet Shop Boys Show in Dortmund. „Waaas? Die gibt’s noch?“ war der erstaunte Kommentar der Gesprächspartnerin. Antwort des Redakteurs mit grinsendem Gesicht: „Ja die gibt’s noch. Und wie!“
Setlist Pet Shop Boys:
01. Axis
02. One More Chance / Face Like That
03. Opportunities (Let’s Make Lots of Money)
04. Memory of the Future
04. Fugitive / Integral
05. Sample of "The Rite of Spring"
07. I Wouldn’t Normally Do This Kind of Thing
08. Suburbia
09. I’m Not Scared
10. Invisible
11. The Last to Die / Somewhere
12. Leaving
13. Thursday
14. Love Etc.
15. I Get Excited/Rent
16. Miracles
17. It’s a Sin
18. Domino Dancing
19. Go West (Village People cover)
20. Always on My Mind (Brenda Lee cover)
21. West End Girls (Z)
22. Vocal (Z)
Autor: Frank Stienen
Fotos: Michael Gamon