Zu kämpfen hatte das Festival jedoch leider zu Beginn mit äußeren Problemen, denn draußen wütete Sturm "Emma" vor sich hin, so dass auch nicht die wohl zu vermutende Anzahl von Gästen den Weg nach Bochum antrat. Diejenigen, die den Weg bei diesem Wetter scheuten, haben jedoch definitiv die falsche Entscheidung getroffen und ein tolles und vorallem sympathisches Festival verpasst.
Viel "Szeneprominenz" wohnte dem Festival bei, darunter Psyche’s Darrin Huss, Myk Jung von The Fair Sex und Szene-DJ Michael Zöller. Zudem wurde das Festival von niemandem Geringeren als Ecki Stieg moderiert, der in den Umbaupausen auch eine Lesung seiner Essays abhielt und für sehr viel Unterhaltung bei den Anwesenden sorgte.
dAVOS eröffneten wie schon erwähnt den Reigen im Zwischenfall und die Österreicher lieferten einen soliden Set gespickt mir Nummern ihres aktuellen Longplayers ab. Interessanterweise setzten sie sich auch optisch mit ihren feinen Westen von den beiden anderen Bands ab und so zog schon ein gewisses Wiener Flair durch den altehrwürdigen Bochumer Tanztempel. Lediglich der letzte Track wirkte etwas aufgesetzt. Vielleicht verursacht durch den Hype den Anton Corbijn’s grandioser Film "Control" um Joy Division neu entfacht hat, scheinen viele Bands zur Zeit der Meinung zu sein, man müsse sich mal an einem Klassiker der Briten versuchen, aber gerade bei dAVOS’ Version des Joy Division Überhits "Love Will Tear Us Apart" misslang dies doch etwas. Man versuchte sich an einer echten Neuinterpretation des Songs, was zwar sehr lobenswert ist, aber gerade im Refrain nach hinten losging. DOch die eigenen Songs wussten zu gefallen, so dass man hier von einem guten Opener des Abends sprechen kann.
Setlist dAVOS:
01. What I Prefer
02. Brian
03. For Heaven’s Sake
04. Collite
05. Fruit Of Joy
06. Illuminate
07. Decline
08. These Days
09. My New Pearl
10. Love Will Tear Us Apart (Joy Division Cover)
Im Anschluss unterhielt Ecki Stieg das Publikum unten im Cafe mit Anekdoten zur neuen Zillo Rubrik "Kochen mit Prominenten" und brachte die Anwesenden mit der ein oder anderen Spitze auf die "Stars" der schwarzen Szene zum lachen. Weiteres Thema waren die verschiedenen Diskogängertypen die einem DJ üblicherweise begegnen, wobei Ecki hier auch mit den Konsumenten ironisch hart ins Gericht ging. Wirklich sehr unterhaltsam das Ganze und auch diejenigen die beim Wort "Lesung" zunächst mit den Augen gerollt hatten, waren mehr als zufrieden mit dem hier Gebotenen.
Nach knapp 25 Minuten ging es oben auf der Hauptbühne mit Purwien weiter, wobei Christian Purwien sich eines kurzen Kommentars bezüglich des, angesichts der Wetterumstände, etwas knappen Zuschauerzuspruch nicht verkneifen konnte. Ein Umstand der der Spielfreude des Trios aber keinerlei Abbruch tat – im Gegenteil! Witzig wie eh und je performte Christian die Tracks des Debutalbums, professionell unterstützt von seiner Rhyhtmussektion, aber auch Second Decay Stücke gehörten wieder zum Set. Purwien geht mit seiner Vergangenheit dabei angenehm locker um und ziert sich trotz des Achtungserfolgs von "E.I.N.S." nicht auch anzuerkennen, dass das Publikum ebenso den alten Klassikern zugeneigt ist. Und so wurde der Second Decay Klassiker "I Hate Berlin" von Christian auch mit den Worten "Ihr wollt es doch auch" angekündigt. Nach "I’m Leaving" verlies die Band nur sehr kurz die Bühne bevor der Set mit "Der Nerv" seinen würdigen Abschluss fand.
Setlist Purwien:
01. Ich Kann Sehen
02. Lauf Der Zeit
03. So kalt
04. Raum 12
05. Für Immer
06. Bei Dir
07. Alle Fehler
08. Vielleicht Ist Es So
09. Kaltes Weisses Licht
10. Familiar
11. I Hate Berlin
12. I’m Leaving
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13. Der Nerv
Weiter ging es wieder unten im Cafe mit Teil 2 von Ecki Stiegs Lesung und dieses mal ging es um den Ruf des Backstagebereichs und die verschiedenen Typen die man dort antrifft. Angefangen bei denen die schlicht und ergreifend "stargeil" sind, bis zu denjenigen beidenen eigentlich niemand mehr weiss, warum sie überhaupt Zutritt zu den "heiligen Hallen" der Veranstaltungen bekommen, ohne dass man dies aber vor Ort ernsthaft hinterfragen würde. Auch hier nahm Ecki wieder einmal kein Blatt vor dem Mund und nahm dem Ganzen damit auch etwas seinen allzu mysteriösen Touch.
Zum Abschluss der Veranstaltung übernahmen Cyan Inc. das Kommando auf der Bühne im Obergeschoss des Zwischenfalls. Sänger Cyan lebte von Beginn an seine Musik vollkommen aus und wurde dabei im Laufe des Gigs auch durch einen alten Weggefährten aus "The Eternal Afflict" Zeiten (We Lebanon You) unterstützt, bevor bei der Zugabe "San Diego" auch zusätzlich noch Myk Jung von "The Fair Sex" die Bühne betrat, Cyan gesanglich unterstützte und ihm im Laufe der Bühnenshow sogar theatralisch "ein Messer" in die Brust stach. Doch den Todesstoß würde Cyan Inc. wohl niemand versetzen, zu druckvoll und imposant boten sie alte, aber auch neue Songs ihres aktuellen Albums "Better Leave Me Dying" dar. Von ihnen kann man sicher in Zukunft -auch angesichts ihrer Spielfreude-noch einiges erwarten.
Setlist Cyan Inc.:
01. Entrance
02. Children Without Amen
03. Midas Touch
04. Turmoil Reigns
05. Do Not Open
06. Absence Of Light
07. Holocaust O’ Love
08. Daddycated
09. We Libanon You
10. Blame A Butterfly
11. Leatherbound
12. A Dream They Say
13. Agony I Like
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14. San Diego
15. Birth Of Words
Alles in allem ein wirklich äußerst ansprechendes Festival in schöner Umgebung bei dem das familiäre Motto noch voll durchschlug und den Abend somit durchweg sympathisch erscheinen lies. Bleibt zu hoffen, dass ein möglicher zweiter Festivalteil nicht wieder von äußeren Einflüssen gestört wird und dann auch mehr Zuschauer in den Genuss dieser Veranstaltung kommen. Ich bin sicher, wir werden wieder vor Ort sein.
Fotos zu diesem Event befinden sich in unserer Concert-Pictures-Rubrik oder direkt hier:
Autor und Fotos : Michael Gamon