Tüsn in Köln. Mal wieder. Noch vor drei Monaten stand das Trio auf der Main Stage des Amphi Festivals. Und dies zur grundsätzlich unangenehmen Zeit um 12:10 Uhr mittags. Dass der Auftritt damals alles andere als ein Reinfall war, ließ für die Clubshow an diesem Montagabend schon Gutes erahnen. Sänger Snöt und seine beiden Kollegen an Bass und Schlagzeug konnten sich Ende Juli dem Anschein nach viele neue Anhänger erspielen, wenig verwunderlich also, dass sich im Luxor auch einige Gestalten im Amphi Festival-Shirt finden ließen. Ein bunt gemischtes Publikum zwischen Goths, Hipstern und dem Normalo von nebenan füllte den Club im Süden der Domstadt dann zu ungefähr zwei Drittel – und bekam zunächst interessante Klänge auf die Ohren.
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Der Supportact eröffnete mit Tondokumenten aus dem legendären Stammheim-Prozess rund um die RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und Ulrike Meinhof. Daran lehnt sich dann auch der Name des Projektes von Sängerin Chrissi Nichols und Bassist René Riewer an. Prada Meinhoff (ganz wichtig hierbei ist das Doppel-f, denn „sonst werden wir verklagt“, Zitat Nichols) trafen sicher nicht den Geschmack jedes Besuchers, viele liehen den bratzigen Klängen zwischen Electro und Rock aber gern ihr Gehör. Mit Maske und Sieben blieben zwei der insgesamt sieben Stücke als besonders hitverdächtig in Erinnerung. Riewer holt zur pumpenden Beatbox abwechslungsreiche Töne aus seinen Saiten, während Nichols sich einen feuchten Dreck ums klassische Töne treffen kümmert und mit ihrer Stimme und Attitüde irgendwo zwischen Peaches, Jennifer Weist und Carolin Kebekus steckt. Klingt nicht nur ungewöhnlich, ist es auch. Die beiden Berliner wirken zudem einfach wie zwei Personen, mit denen man gerne mal in abgehangenen Autonomen Zentren ein Bierchen trinken gehen würde. Ein grundlegend sympathisches Duo, welches in der Zukunft bei entsprechender Promotion-Arbeit sicher noch einiges reißen könnte. Großstadtgeflüster lassen grüßen… 😉
Gegen 21:00 Uhr war es dann Zeit für „schwarze Gedanken“. Im Gegensatz zu den bisherigen Festivalauftritten eröffneten Tüsn ihr Set nicht mit dem großartigen Zehntausend, bei dem wohl niemand so richtig versteht, warum es dieser Song nicht auf das Debütalbum Schuld geschafft hat, sondern mit dem Titeltrack der Tour. In den folgenden 60 Minuten spielten sich die Berliner quer durch ihr Album, Sänger Snöt wurde dabei von textsicheren Fans eindrucksvoll unterstützt. Und dies nicht nur bei den größeren Hits wie Schwarzmarkt oder Zwang. Der Sound mit manchmal leicht übersteuertem Bass war nicht immer optimal, die Atmosphäre und die Verbindung zwischen Band und Publikum dafür umso mehr. Was der Abend in Köln bewies: Musik wie die von Tüsn funktioniert in kleinen Clubs einfach am besten. Die großen Hymnen, die sich in gut dosierter Anzahl bereits auf Schuld finden lassen, weisen aber auf Dauer den Weg in größere Locations. Es sei denn, Tüsn hauen mit einem irgendwann in der Zukunft erscheinenden zweiten Album komplett daneben. Hat man die großartige Show im Luxor aber gesehen, erscheint einem dies nahezu unmöglich. Prognose: Da wächst etwas Großes heran.
Setlist TÜSN @ Köln, Luxor (17.10.2016):
01. In schwarzen Gedanken
02. Schuld
03. Hannibal
04. Zehntausend
05. Ewig allein
06. Duschen
07. Sturm
08. Ihr liebt mich jetzt
09. Humboldt
10. Zwang
11. Ich werde dich lieben (Marlene Dietrich-Cover)
12. Schwarzmarkt
13. Wasser (Z)
Fotos: Cécile Hautefeuille
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