HENKE & COMA DIVINE – Bochum, Bahnhof Langendreer (05.04.2012)

HENKE & COMA DIVINE - Bochum, Bahnhof Langendreer (05.04.2012)
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Pünktlich zum vorosterlichen Gründonnerstag nehmen HENKE wieder Kurs auf Bochum. Doch in diesem Jahr reist Mastermind Oswald Henke gemeinsam mit Sonja Kraushofers neuestem Projekt Coma Divine an. Eine Vorband wird es nicht geben, denn beide Künstler sind an diesem Abend gleichberechtigt und geben ihre eigene Show zum Besten. Bereits Wochen zuvor gab es einige Appetizer seitens Sonja und Oswald, sei es das gemeinsame Cover von David Bowies „Heroes“ (Helden), das einen Platz auf der aktuellen HENKE „Herz EP“ ergattert hat, oder die professionelle Fotoreihe, die beide zusammen mal Arm in Arm, mal einen Babystrampler haltend, mal düster anmutig zeigt.

Nach dem tragischen Vorfall im Bochumer Szeneclub Zwischenfall, in welchem im vergangenen Jahr das HENKE Konzert stattfand, quartiert man sich heute im Bahnhof Langendreer ein und nach und nach füllt sich die Räumlichkeit mit vielen HENKE- hungrigen Fans.

HENKE & COMA DIVINE - Bochum, Bahnhof Langendreer (05.04.2012)Zunächst legen jedoch Coma Divine, die Band um die auffällige Frontfrau Sonja Kraushofer (L’âme immortelle, Persephone), los und reißen bei wechselnd blutroter und stechend blauer Bühnenbeleuchtung die dunkle Menge in ihren Bann. Anmutig, theatralisch, fast schon pantomimisch sind Sonjas Bewegungen, die sie in ihrer aufwendigen Robe vollführt. Immer wieder zerreißt die Gesangskünstlerin mit ihrer kräftigen Stimme das gleißende Licht, schreitet an den Bühnenrand und lässt ihre Ausstrahlung auf das Publikum wirken. Songs wie „I Remember“, „Secret Lover“ oder der Kracher „Burn Sister!“ suchen sich ihren Weg in unsere Ohren und verfehlen ihre Wirkung nicht. Ein absolut berauschender Auftritt, der vor allem von Sonjas unschlagbarer Bühnenpräsenz lebt!

Für den HENKE Auftritt wird die Bühne dann etwas umdekoriert. Weiße Netze verhängen nun den schwarzen, schweren Vorhang, der die Wand hinter der Bühne bedeckt, und als alles seinen Platz gefunden hat, ist der Beginn in nicht mehr allzu weiter Ferne. Dann wird es dunkel, neblig und dunkel und die ersten Töne von „Herz“ erklingen, als Oswald Henke, der die Haare heute streng nach hinten gebunden hat, mit seinem Macbook auf die Bühne schreitet. Im ersten Moment ist das ein etwas befremdlicher Anblick und schnell wird klar, dass es nicht die neue Frisur ist, die das Bild von Oswald etwas verzerrt. Es ist tatsächlich das Macbook und ich bin froh, als das Ding wieder verschwunden ist. Nicht dass ich einem Künstler wie Oswald Henke ein solches Gut nicht zugestehe, vielmehr ist es die Tatsache, dass eine Persönlichkeit wie er sich nicht hinter einem leuchtenden Apfel verstecken muss, was im ersten Moment ein wenig so gewirkt hat. Vergeben und vergessen ist dieses Bild, als man bei „Dokument 2“ sofort gepackt wird und mit dem Seelen- Fahrstuhl ein paar Etagen tiefer in die Dunkelheit rauscht. Mit „Wer mich liebt“ und dem neuen Stück „Wenn Liebe weh tut“, das auf dem neuen Album „Maskenball der Nackten“ erscheinen wird, geht es dann noch tiefer hinab und vor allem bei Letzterem schießen mir fast die Tränen in die Augen vor Rührung dieser perfekt gefundenen Worte für einen solch komplexen und zugleich menschlich so einfachen Zusammenhang. Die Hommage an die Mütter, wie Oswald es selbst nennt, nämlich „Orangenschiffchen“ lockert die dunklen Bande dann wieder etwas und mit fast schon mediterranen Klänge werden wir zurück ins Hier und Jetzt geholt. Sonja schleicht sich währenddessen auf die Bühne und führt ein Tablett mit Orangenschiffchen mit sich, die an die Fans verteilt werden. Und wo man doch gerade schon einmal zusammen auf der Bühne steht, kann man doch auch gemeinsam ein Stück intonieren, was die beiden mit „Helden“ auf spielerische, fast schon verführerische Art und Weise tun. Hier jagt wirklich ein starker Stimmungsgarant den nächsten, egal von welcher Stimmung man auch sprechen mag. HENKE & COMA DIVINE - Bochum, Bahnhof Langendreer (05.04.2012)Der streng gebundene Zopf wird dann auch schnell wieder zur strubbeligen Mähne, als Oswald mit irren, verwirrten und inhaltlich passenden Blicken das „Vergessen“ besingt. Hier fliegen dann auch wieder selbst gebastelte Papierflieger durch die Menge, die diesmal von Oswald selbst auf ihre Reise geschickt werden. Nach so vielen HENKE Stücken soll es dann aber auch endlich etwas aus der alten Goethes Erben Zeit geben. „Wir haben euch lange zappeln lassen“, verkündet Oswald mit einem verschmitzten Lächeln und setzt sofort zu den fast schon untrennbaren Stücken „Nichts bleibt wie es war“ und „Himmelgrau“ an. Und auch wenn das, was bisher heute Abend dargeboten wurde, alles große Kunst war, fangen viele erst jetzt richtig an aufzutauen, sich zu bewegen, mit der Musik zu gehen. . HENKE überzeugen an diesem Abend aber vor allem mit einem Set, das viele HENKE- eigene Stücke enthält, was einen manchen vielleicht irritierte, vor allem wenn man an die Tour im vergangenen Jahr zurück denkt, die mit deutlich mehr Erben- Perlen gespickt war. Dennoch haben HENKE mittlerweile genug hoch qualitatives eigenes Material, das bei einer solchen Gelegenheit keinem vorenthalten werden darf. Die vielen neuen Songs an diesem Abend machen mich auf jeden Fall jetzt schon neugierig auf den „Maskenball der Nackten“ und ich bin äußerst dankbar, dass uns im Vertrauen schon ein solch vielversprechender Ausblick geliefert wurde. Ein absolut gelungener und erinnerungswürdiger Abend!

Setlist:
01. Herz (Remix)
02. Dokument 2
03. Wer mich liebt
04. Wenn Liebe weh tut
05. Das
06. Orangenschiffchen
07. Helden (Duett mit Sonja Kraushofer)
08. Rote Irrlichter
09. Vergessen
10. Nichts bleibt wie es war
11. Himmelgrau
12. An jedem Haar
13. Epilog
14. Ich protestiere
15. Maskenball der Nackten
16. Die Brüder schweigen
17. Manisch aggressiv
18. Weil ich es kann
19. Valiumregenbogen
20. Kopfstimme (Z)
21. Fernweh ist (Z)
22. Ein Jahr als Tag (Z)
23. Medea (ZZ)

Bilder des Konzerts befinden sich in unserer Konzertfotos Sektion (Bildkommentare sind durch Anklicken der Sprechblase möglich) oder direkt durch Anklicken der jeweiligen Bandfotos.

HENKE:
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Coma Divine:
HENKE & COMA DIVINE - Bochum, Bahnhof Langendreer (05.04.2012)



Autorin: Tanja Pannwitz
Fotos: Michael Gamon

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