Mit einem pochenden Herzklopfen, das sich tief in den Körper bohrt, wird das Spektakel in der Lanxess Arena eröffnet. Langsam wacht Spot um Spot auf, zaubert wunderbare Lichteffekte in den Raum und erzeugt eine be- und verzaubernde Atmosphäre, während das Orchester Il Novecento, das unter der Leitung von Dirigent Robert Groslot immer wieder Großes vollbringt, gemeinsam mit dem Chor Fine Fleur die ersten Töne der Ouverture Love me again anstimmt. Nach der fast schon obligatorischen Strauss’schen Tritsch Tratsch Polka, bei der sogar in der Menge ordentlich symbolisch mitdirigiert und geklatscht wird, tritt ein absolutes Ausnahmetalent vor das Auditorium. „Eine Mischung aus artistisch und asiatisch…“, so beschreibt Moderator Uwe Bahn die Herzblut-Pianistin. Dass die Japanerin Hiromi mehr als nur ihr Instrument beherrscht, wird schnell klar. Gekonnt fliegen ihre zarten Finger so flink über die Tasten, als hätte sie mehr als nur zwei Hände, und die Fusion aus Jazz und beinahe schon rockigen Elementen verzaubert die Menge. Hiromi erzählt Geschichten, spielt mit uns und dem Orchester genauso wie mit ihrem Instrument, mal laut, mal leise, schreckhaft, verzückt, liebend. Und so werden die Tom Jerry Show, die Rhapsody In Blue genauso wie Braintraining und I’ve Got Rhythm zum echten Erlebnis.
„Habt ihr Lust auf Rock’n’Roll?“ Nachdem sich der eine oder andere im Publikum noch einmal stilecht das Haar gegelt hat, sind nun alle bereit für The Baseballs, die den Geist und das Lebensgefühl der 50er und 60er Jahre aufleben lassen. Gepaart wird dieser grundechte Rock’n’Roll mit Songs aus dem relativen Heute. Mit gerockten Versionen von Rihannas Umbrella, Robbie Williams’ Angels und Lady Gagas Born This Way heizt das Trio aus Berlin die Menge immer weiter an, bis schlussendlich nahezu jeder in der ausverkaufen, vollbesetzten Lanxess-Arena tanzt, springt und jubelt. Wahnsinn, wie drei Menschen eine solche Masse von jetzt auf gleich mobilisieren können!
Klassik und Pop… das sind nicht nur ein Orchester und ein paar rockende Jungs aus der Hauptstadt, es ist viel mehr die Fusion von beidem und so befinden wir uns wenig später im legendären Chor Battle, bei dem klassische Stücke genau wie poppige Hits nicht zu kurz kommen. Verlierer gibt es in diesem Battle zugegebenermaßen nicht, immerhin verschmelzt hier eines mit dem anderen, so dass es schlussendlich einen großen Gewinner gibt: die Musik. Auf die wortwörtliche Huldigung derer müssen wir uns zwar noch etwas gedulden, trotzdem überrascht John Miles aber seine Fans schon einmal mit dem bombastischen Feeling Good, das durch Mark und Bein geht.
Dieses beflügelnde Intermezzo wird schnell von einem weiteren Highlight ereilt. Amy Macdonald gehört zu dieser Art Popstars, die heutzutage absolut rar gesät sind. Ohne viel Schnickschnack erzählt die singende Schottin, sich selbst auf der Gitarre begleitend, von Geschichten, die das Leben bereithält. Ihre Beliebtheit hierzulande wird an dem sich fast schon überschlagenden Applaus ersichtlich und bei Songs wie Mr. Rock’n’Roll oder dem Überhit This Is The Life kann niemand lange still halten. Hier tanzt nicht nur die junge Pop-Gemeinde, sondern der Mitsechziger genauso wie der 17-jährige Teenager. Amy überzeugt nicht nur musikalisch, sondern auch mit einer unsagbar warmen, ehrlichen und geerdeten Ausstrahlung, die den Abend wirklich bereichert.
Nicht weniger namhaft geht es nach einer kurzen Verschnaufpause dann mit Mark King (Level 42) weiter, nachdem Allroundtalent Patrick de Smet mit etwas Quatsch das Orchester und das Publikum wieder auf die notwendige Betriebstemperatur gebracht hat. Das Medley aus Lessons In Love und Running In The Family, das Mark King vorlegt, trifft sofort auf unseren Tanz- und Gesangsnerv, so dass wir uns erneut erheben und uns von diesen beschwingenden Tönen mitreißen lassen. Aber auch die gefühlvolle Seite beherrscht King perfekt und verzaubert uns unter anderem mit Bitter Moon, das er selbst erst in der Version mit dem großartigen Orchester Il Novecento als perfekt empfindet. Ein sehr gelungener Auftritt!
Es ist schon faszinierend, welche Wirkung Musik auf Menschen hat. Sie begleitet uns und für viele ist ein Leben ohne Musik nicht vorstellbar. Musik macht Freude und Freunde, spendet Trost, verzeiht, bewegt… hier und jetzt, gestern und heute und hoffentlich so lange, wie wir alle existent sind. Dass die Liebe zur Musik bei allen hier Anwesenden ungebrochen ist, spürt man an der Reaktion auf das plötzliche Erscheinen von John Miles, der mit seinem weißen Flügel auf die Bühne erhoben wird. „Music was my first love and it will be my last“… mehr Worte bedarf es an dieser Stelle nicht, denn dem einen oder anderen schießen sofort die Tränen der Rührung und Überwältigung in die Augen. Miles ist ein großartiger, talentierter Künstler, der über das singt, was er und andere fühlen. So etwas kann man nicht lernen, so etwas steckt tief im Blut und im Geist. Sprachlose, überwältigte Gesichter, wohin man auch blickt!
So beflügelt stürzen wir uns mit Morten Harket direkt in das nächste unvergessliche Erlebnis. Die Stimme von a-ha ist ein wahrer Publikumsliebling und wird von den Fans gefeiert, als gäbe es kein Morgen mehr. Ekstatisches Jubeln und ungehaltene Tanzorgien unterstreichen die Schönheit des Krachers Foot Of The Mountain und natürlich bekommt der sympathische Künstler nach jedem seiner Songs Standing Ovations, sofern man vorher denn überhaupt noch saß. Die beiden neuen Songs seines kommenden Soloalbums werden von seinen Anhängern aufgesaugt, als würde sie einem entrinnen, wenn man sich nicht schlagartig daran festklammert. Ruhiger, gefühlvoll und dennoch poppig getrieben sowie mit der unverkennbaren Stimme des Genius sorgen die neuen Stücke für staunende Gesichter. Man darf gespannt sein, was Morten Harket in der kommenden Zeit noch von sich hören lässt. Eines wissen wir aber jetzt schon…es trifft genau ins Herz.
Die Krönung des bisher sowieso schon phantastischen Abends erwartet uns wie jedes Jahr in den letzten Atemzügen der Show. Mit dem gemeinsamen Hey Jude, zu dem jeder Künstler seinen stimmlichen oder instrumentalen Beitrag leistet, findet ein unbeschreiblicher Abend sein Ende. Ein phänomenales Finale dieses ehrwürdigen Jubiläums!
Übrigens expandiert die AIDA Night of the Proms im kommenden Jahr, denn ab 2014 dürfen sich auch die US-amerikanischen und die polnischen Musik-Liebhaber auf dieses Spektakel der Extraklasse freuen.
Setlist:
01. Love Me Again Overture – Il Novecento & Fine Fleur
02. Tritsch Tratsch Polka – Il Novecento
03. Tom Jerry Show – Hiromi
04. Militärmarsch Nr. 1/Schubert – Il Novecento
05. Umbrella – The Baseballs
06. Angels – The Baseballs
07. Born This Way – The Baseballs
08. Chor-Battle – Il Novecento & Fine Fleur
09. Feeling Good – John Miles
10. Rhapsody in Blue – Hiromi
11. Mr. Rock ‘n’ Roll – Amy Macdonald
12. This Is The Life – Amy Macdonald
13. Dancing In The Dark – Amy Macdonald
14. What Happiness Means To Me – Amy Macdonald
15. La Gaza Ladra – Il Novecento
16. Lessons In Love/Running In The Family – Mark King
17. Bitter Moon – Mark King
18. Love Games – Mark King
19. Braintraining – Hiromi
20. I’ve Got Rhythm – Hiromi
21. Music – John Miles
22. Gefangenenchor – Il Novecento & Fine Fleur
23. Foot Of The Mountain – Morten Harket
24. Stay On These Roads – Morten Harket
25. Did I Leave You Behind – Morten Harket
26. There Is A Place – Morten Harket
27. The Sun Always Shines ON TV – Morten Harket
28. Alle – Hey Jude
Wir haben für euch eine Bildergalerie zum Festival zusammengestellt, die ihr hier oder durch Anklicken der Bilder erreichen könnt:
Bildergalerie: AIDA NIGHT OF THE PROMS 2013 in Köln(30.11.2013)
Autorin: Tanja Pannwitz
Fotos: Michael Gamon
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AIDA NIGHT OF THE PROMS 2013 in Köln(30.11.2013)