Es ist Freitag, vielleicht schon mal Zeit, um ein Resümee zu ziehen. Interessant am Summer Breeze ist sicherlich die stätige Verbesserung an Kritik-Punkten aus dem Vorjahr. Nachdem 2022 einiges an Wegen schwer begehbar war und die Duschcamps unter Schlamm standen, wurden diese dieses Jahr bereits im Vorfeld gut befestigt oder aufgebockt. Die Getränkepreise waren echt noch in einem vernünftigen Rahmen – ok, die Food-Preise waren teilweise schon zwischen Hölle und Vorhölle, aber auch dort gab es einige gute Stände. Die Klostation wirkte auf der linken Mainstage-Seite für die Frauen immer arg überlaufen, ansonsten waren die Spülklos und Dixies aber überall top gepflegt. Das Thema Schatten bekommt in den aktuellen Zeiten tatsächlich auch wieder eine Relevanz, hier gibt es im Infield aktuell noch keine größeren Rückzugsmöglichkeiten, dies scheint aber bereits in der Planung zu sein. Bis auf den Anfahrtsstau, wo der Veranstalter auch einfach mit der schieren Menge an Menschen überrollt wurde, lief das Festival wieder reibungslos ab, laut Polizei und Veranstalter auch mit sehr wenig Zwischenfällen oder Sanitätseinsätzen.
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– Main Stage –
Die Isländer von Skálmöld versuchen an einem weiteren Tag der höllischen Hitze der Temperatur mit Schneeflocken und etlichen isländischen Flüchen entgegenzusetzen. Leider streikt anfangs das Equipment und so kann die Band erst recht verspätet beginnen. Der stampfende Viking Metal der Isländer findet aber nach dem Start sehr schnellen Anklang bei den schon zahlreich erschienenen Besuchern und so wird zum Ende Kvaðning regelrecht bei allen Anwesenden gefeiert.
Nach den frostigen Klängen gibt es eine mächtige Portion Metalcore auf die Ohren, die Senkrechtstarter von Imminence aus Schweden kommen super sympathisch rüber und Sänger Eddie entzückt sogar etwas mit seinem Geigenspiel. Im Pit geht es dabei trotz Temperaturen über 32° recht munter zu, die Band lässt dabei nicht locker und zieht das volle Brett konsequent durch. Am Ende schwitzt alles vor und auf der Bühne, als die Band das Konzert mit Heaven In Heading und Temptation beendet.
Die Band Lionheart konnte bereits vor einigen Jahren auf dem Breeze alles zerlegen und nutzt nun die bereits vorhandene Energie im Publikum, um dies auch heute zu machen. Der Mosphit regiert und das Material der Band lässt das Infield mehr als brodeln, überall fliegen Menschen durch die Luft. Bei dem Druck, denn die Band produziert auch kein Wunder, mit Hail Mary sorgen sie dann für ein perfektes Meisterstück das frenetisch abgefeiert wird.
Nach dem sehr heftigen Nachmittag wird es jetzt etwas entspannter, die Goth-Rocker von Mono Inc. sorgen für dunkelromantische Gefühle und lassen das zahlreiche Publikum im Pyrosturm sanft schwofen. Bei After Dark gesellen sich noch Storm Seeker auf die Bühne und sorgen für mehr Action auf der Bühne. Mono Inc. kann im Ganzen mit einer kleinen, aber feinen Setlist überzeugen, auch wenn die Witze zum Gesundheitsminister oder dem Hygienekonzept 2023 mittlerweile etwas aus der Zeit gefallen sind. Bei Children Of The Dark singt zum Schluss das ganze Infield lauthals mit und bedankt sich so bei den Nordlichtern.
Nach der eher ruhigeren Musik von Mono Inc. haben Fans vom melodischen Metalcore nun einen Grund, den Nackenpropeller anzuwerfen, While She Sleeps locken eine Menge Fans ins Infield und sorgen schnell für eine totale Eskalation. Die Band kann sehr schnell mit Druck und ihrem Groove überzeugen, dabei machen sie ihren aktuellen Stellenwert schnell klar. Die SLEEP SOCIETY regiert nun die Main Stage und das Publikum saugt jeden Song regelrecht in den Circle Pit auf. Das größtenteils neue Material kommt dabei ebenso gut an wie einige ältere Tracks, die aber in der Minderheit blieben. Zurück bleibt ein verstaubtes und überhitztes Publikum, das nun erstmal etwas Abkühlung benötigt.
Die Abkühlung geht nun ganz gut bei der folgenden Band. Ohrwürmer und eine gute Show, nun wird es Zeit für Beyond the Black, die Band schafft es schnell mit der visuell sehr gut dargestellten Show und einigen Pyroeffekten, das Publikum schnell von sich zu überzeugen. Sängerin Jennifer gelingt es dann auch noch, mit den Ohrwürmern wie Lost In Forever oder Dancing In The Dark eigentlich jeden auf dem Infield zum Mitsingen zu bewegen. Auch wenn die Show wenig Platz für Zufälle lässt, ist die künstlerische Darstellung durchaus beachtlich und die Band kann durchweg überzeugen.
Der gemeine Metaller muss auch regelmäßig einmal zur heiligen Messe gehen, diese wird heute Abend von Powerwolf abgehalten, die Werwölfe aus Transsylvanien haben wieder eine opulente Bühnenshow aufgebaut und sorgen sehr schnell für Betriebstemperatur im Summer Breeze-Metalboiler. Das Infield ist zum Bersten gefüllt und die Band stachelt das Publikum bis zur letzten Ecke an, dabei werden die Songs lautstark mitgesungen, während auf der Bühne alles abfackelt, Konfettikanonen explodieren, oder Nonnen über die Bühne wandern. Powerwolf schafft es wieder, eine perfekte Show abzuliefern und diese mit ausreichend Witzen zu garnieren und so ist es schon fast schade, als die Band nach dem großen Finale mit We Drink Your Blood und Werewolves Of Armenia unter epischem Applaus die Bühne verlässt.
Von Transsilvanien geht es nun nach Helvetika, bei Eluveitie ist es immer noch extrem voll und die Temperaturen sind mittlerweile recht angenehm geworden. Die erhöht die Band gleich wieder mit massiven Pyroeinsatz und lässt ihren Folk-Metal auf das Festival niederprasseln. Spätestens bei Epona ist der Funke komplett auf das Publikum übergesprungen und es wird gemosht, gebangt und lautstark mitgesungen. Die Energie, die Eluveitie um diese Uhrzeit noch entfachen kann, ist enorm und so hallen die Gesänge von Fans plus Band durch die Nacht. Sänger Chrigel motiviert dabei das Publikum bei jeder Gelegenheit und sorgt für ausgelassene Stimmung. Mit Inis Mona beendet die Band das Set mehr als würdig und feuert sogleich noch so manch Pyro in den Himmel.
Im Anschluss gibt es einen durchaus kalkulierten Bruch im Ablauf. Einer der attraktiven Punkte am Summer Breeze ist sicherlich das nicht immer gewöhnliche Line-Up. Wie bei einem ausgewogenen Band-Set muss man nach ein paar Runden Vollgas dem Publikum Zeit zur Erholung geben, indem man eine Midtempo-Nummer oder Ballade einschiebt. Und genau das passiert hier, als Entsprechung auf die Running Order bezogen, in Form von Long Distance Calling. Die Instrumentalcombo erschafft mit Werken wie Black Paper Planes, Metulsky Curse Revisited oder dem abschließenden Arecibo (Long Distance Calling) mächtige Klangwelten in vielschichtig texturierten Stimmungen, die zu cineastischen Kopfreisen einladen. Lediglich das Main-Stage-Setting ist diskutabel, da es dem intimen Rahmen, den die Kompositionen für ihre volle Wirkkraft erfordern, eigentlich nicht gerecht werden kann. Bleibt unterm Strich jedoch ein toller Gig für diejenigen, die sich darauf einlassen können.
– T- Stage & Wera Tool Rebell Stage –
So mancher, der Janne Wirmans Nebenspielwiese noch aus den 90ern kannte, findet sich ab dem Moment, in dem die Jungs von Warmen die Bühne betreten, mit heruntergeklappter Kinnlade wieder. Verstärkt um u.a. Sänger Petri Lindroos (ex-Norther, Ensiferum) bolzen die Wirman-Brüder dem Publikum bei strahlendem Sonnenschein und in bester Laune dauergrinsend nicht nur Songs von der soeben erschienenen neuen Scheibe Here For None um die Ohren, sondern schmeissen mit Sixpounder und Everytime I Die noch 2 Children Of Bodom-Nummern mit in den Ring, Beschlossen wird das Set mit einem Cover des Rockwell-Klassikers Somebody’s Watching Me. Fehlt eigentlich nur der schmerzlich vermisste Alexi Laiho, um sich fast wie früher auf einem CoB-Gig zu fühlen. Gänsehaut und Zeitmaschine!
Das schwedische Modern Metal-Kommando Orbit Culture bezieht seine Einflüsse eher aus angesagtem Zeugs in einem Spannungsfeld zwischen Metallica, aktuellen In Flames, Defecto und Gojira, die sie auch unverhohlen immer wieder als Einflüsse angeben. Nichtsdestotrotz muss auch so mancher markige Altmetaller bei der energetischen und sauber gespielten Show sowie dem wirklich ausgefeilten Songmaterial anerkennend nicken, das ist hier nicht nur Kommerz für die Nu-Metal-Fraktion, sondern hat tatsächlich Substanz. Mit dem Titeltrack Descent sowie Alienated, From The Inside und dem Closer Vultures Of North liegt der Fokus auf dem frisch erschienenen neuen Drehteller, und der hat es in sich. Überzeugender Auftritt, die Jungs werden ihren Weg gehen.
In Holland kreist die Axt, mit mächtigen Schwingern holen Legion Of The Damned sogar bis nach Deutschland aus. Bei einem Brecheralbum wie “The Poison Chalice” in der Hinterhand aber auch vollkommen vertretbar. Es deathblackthrasht vom Feinsten, schmirgelt die Gehörgänge mit hoher Körnung glatt und geht direkt in Nacken- und Beinmuskeln, das Unterbewusstsein sucht nach dem nächsten Moshpit, während gerade einmal die Bandhymne Legion Of The Damned als erster Song das Programm für die nächsten 45 Minuten einläutet. Maurice Swinkels plus Metzelschwadron lassen die Sau raus und hinterlassen glückliche Gesichter, und mit dem Titeltrack der aktuellen Langrille beschließt man ein bärenstarkes Set.
“Jetz is’ hier Achterbaaahn!”, wie ein gewisser, fiktiver Rockerboss aus den Werner-Comics brüllen würde. Endseeker sind gekommen, um eine Party zu feiern und dabei den Leuten ordentlich die Fresse zu vermöbeln – und nix Geringeres als Abriss steht bei Grimassenkönig Lenny Osterhus und seinen posenden Kompagnons an. Unholy Rites sind angesagt, einfach weil Hell Is Here. Und am Ende sind dann doch alle Possessed By The Flame und kriegen mächtigen Nackenmuskelkater. Positive Überraschung von einer dem Schreiber bis dato unbekannten Band gehabt, straight auf die Omme und Spaß dabei!
Die Herren sterbenden Föten treiben ja mittlerweile auch schon seit über 30 Jahren ihr Unwesen – und irgendwie merkt man ihnen das auch auf eine positive Art und Weise an. Natürlich ist der Tech-Death des Trios aus Annapolis nicht jedermanns Geschmack, aber die Band kommt schnörkellos in Shorts und Shirts auf die Bühne, macht keine großen Show-Faxen und brilliert mit spielerischer Exzellenz (die sich aber ob der den Musikern abverlangen Konzentration recht negativ auf den Bewegungsradius auswirkt). One Shot, One Kill, Your Treachery Will Die With You, In The Trenches – hier wird gemetzelt, was das Zeug hält, und gerade die wechselnden Growls von Gallagher und Beasley fügen dem oldschooligen Gehacke eine feine Kelle Textur hinzu. Dying Fetus 2023, mehr davon bitte!
Mit viel Nebel und Strobogewitter begehen die portugiesischen Maskenmänner Gaerea ihren seelenzerschmetternden Post-Black-Metal, und aus der Masse an vermummt auftretenden Combos von Ghost über Slipknot bis Sleep Token sticht das Augenmerk fesselnde, teilweise fast an Ausdruckstanz anklingende Stageacting des überaus gelenkigen Fronters Guilherme Henriques als ein breitentauglicher Pluspunkt hervor. Das Publikum dankt’s mit andächtigem Staunen und der Fünfer sollte einiges an neuen Fans hinzugewonnen haben. Was anfangs formularisch wirkte, entpuppt sich hier als eine kurzweilige und doch anspruchsvolle Performance.
Das Summer Breeze setzt sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit, daher werden die Pandas aus Norwegen zum Schutz erstmal in eine dicke Nebelwand verhüllt, irgendwo auf der Bühne erscheint nun Abbath im Old School Black Metal-Outfit und gibt uns ein Feuerwerk an schwarzen Stahl. Tatsächlich löst sich die schüchterne Art langsam auf und die Band fängt tatsächlich an, das Publikum zu motivieren, sei es mit Gesten oder spontanen Feuerspucken. Mit den Songs One By One von Immortal oder Battalions gewinnen sie schnell die frostigen Herzen aller Anwesenden.
Soviel zum Freitag des diesjährigen Summer Breeze. Berichte zu den anderen Tagen findet Ihr hier:
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