Das Amphi Festival 2022 fand am 23.+24.07.2022 statt und wir haben uns entschlossen, zur reinen Unterhaltung ein paar persönliche Eindrücke (Highlights, Lowlights, Wünsche und Co.) mit Euch zu teilen:
Patrick Friedland:
Highlights: The Birthday Massacre. Selbst wenn viele altgeliebte Songs fehlen und wir wegen technischer Probleme lange warten mussten, machten der druckvolle Sound und Chibis Engelsgesang das mehr als wett. Dazu In Strict Confidence (stimmungsvoll wie immer, auch ohne Nina) und auch Joy Division Undercover – näher dran kann man an Stimme und Klang kaum kommen.
Enttäuschung: Die Ignoranz vieler Gäste gegenüber der Orbit Stage. Langer Weg dorthin hin oder her: Die zum Teil sehr spärlichen Besucherzahlen haben die Bands dort nicht verdient – vor allem, weil oft gerade diejenigen dort auftreten, die eben nicht regelmäßig auf den einschlägigen Festivals zu sehen sind. Dazu die ärgerlichen Überschneidungen vor allem im späteren Teil der beiden Tage, mit denen man aber bei Festivals mit mehreren Bühnen halt rechnen muss. Und einige Klamotten- sowie Food-Stände (Crepes!) von früher wurden schmerzlich vermisst.
Entdeckung: Alienare versprühten sehr viel gute Laune, die werden sicher noch populärer. Und Cat Rapes Dog mit ihrem kaum kategorisierbaren, aber mit starken Hooks ausgestatteten Genre-Wirrwarr aus Elektropunk, EBM, Future Pop und Industrial Metal. Nie zuvor gehört, aber mehr Energie als bei dem Set der Schweden gab es bei diesem Festival sonst nirgends.
Kurioses Erlebnis: Definitiv der mit dem Shuttlebus-Fahrer, der am Samstagnachmittag auf dem Weg zur Orbit Stage sein Gefährt zielsicher gegen ein Baugerüst lenkte – tschüss, rechter Außenspiegel, war schön mit dir! Und dann waren da noch die Bühnenklamotten von Aesthetic Perfection sowie die bis auf eine schwarze Lederhose nicht mehr vorhandenen Klamotten bei einem Zuschauer gegen Ende des Joy-Division-Undercover-Auftritts, der dann auch noch die Bühne stürmte. Sieht man beim Amphi eher selten.
Bandwunsch für 2023: Mit den bereits bestätigten Whispering Sons, Actors und Rue Oberkampf sind tatsächlich schon viele erfüllt. Schön wären noch KMFDM, Gary Numan und ein wenig mehr EBM. Wie wäre es mit Rein (noch nie live in Deutschland gewesen) oder dem lange vermissten Schweden-Doppel Pouppée Fabrikk/Spetsnaz?
Michael Gamon:
Highlights: Die entspannte Atmosphäre auf dem Gelände. Musikalisch war es schön, die ein oder andere Band mal wieder zu sehen, begeistert haben mich aber vor allem The Foreign Resort und Cat Rapes Dog – hat sehr viel Spaß gemacht.
Enttäuschung: Dass die Szene, zugegebenermaßen auch durch die notwendige Verlegung der MS RheinEnergie auf die andere Rheinseite und die hohen Temperaturen beeinträchtig, auch nach der Pandemie bedingten Zwangspause weiter recht eingefahren wirkt und ihre Aufmerksamkeit eher den altbekannten Bands schenkt, statt sich Neuem zu öffnen. Die fast durchweg starken Bands auf der MS RheinEnergie hätten mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt. Im nächsten Jahr hat man eine neue Chance, vielleicht dann ja unter besseren Voraussetzungen.
Entdeckung: Leider fehlten für mich die ganz großen Außenseiter im Line-up, aber Cat Rapes Dog haben nochmal eine gute Schippe auf das bisher mir Bekannte draufgelegt.
Kurioses Erlebnis: Der Kampf Bus-Außenspiegel gegen Baugerüst, den zum Glück für die große Allgemeinheit das Baugerüst gewann sowie das Phänomen, dass sich die Klimaanlage auf der MS RheinEnergie am Sonntag urplötzlich nicht mehr gegen schweißtreibenden EBM durchsetzen konnte.
Bandwunsch für 2023: Skinny Puppy, Soft Cell, Je t’aime, Leichtmatrose, INVSN, Panzer AG, Linea Aspera
Nadine Kloppert:
Highlights: Das Überraschungsmoment, als Aesthetic Perfection im erfrischenden, völlig Gothic-untypischen Look erst die Bühne und dann die Herzen der Fans eroberten. Diese Farbexplosion wird allen im Gedächtnis bleiben. Was für ein Geniestreich. Besonders war auch das Gefühl, wieder mitten in einer Menge zu stehen, in der die Menschen unheimlich glücklich waren. Das hat mir die ein oder andere Gänsehaut beschert. Mir sind zudem einige Bekannte begegnet, die ich zuletzt vor vielen Jahren auf dem Amphi Festival gesehen habe und nun waren alle wieder dabei.
Enttäuschung: Die meisten Bands haben ihr Standardprogramm abgeliefert. Mir fehlten ein paar weitere Highlights bei den Auftritten. Sonst gab es durchaus einmalige Duette, außergewöhnliche Ideen… Man denke z.B. an den Auftritt von Hocico, als die Jungs die aufwendig bemalten Stammestänzer mit dem überaus üppigen Federschmuck dabei hatten – welch eine Augenweide.
Entdeckung: Chemical Sweet Kid. Die Band werde ich mir bestimmt nochmal ansehen.
Kurioses Erlebnis: Auf dem Schiff gab es einen Wasserhahn, der mit einer integrierten Luftdüse ausgestattet war. Diese Kombination führte zu allerlei amüsanten Irritationen. Je nachdem, wie man seine Hände formte, bescherte einem diese einen Wasserstrahl oder aber einen trocknenden Luftzug. Allerdings hatte dieses Gadget einfach niemand unter Kontrolle.
Bandwunsch 2023: Stabbing Westward, Imperative Reaction, Zoodrake
Marvin Römisch:
Highlights: Seit Jahren muss ich nach UK fliegen, wenn ich The Birthday Massacre sehen will, da sie dort meist ihren Schwerpunkt setzen, wenn die Kanadier überhaupt nach Europa kommen. Hier bekam man sie endlich mal wieder in heimatlichen Gefilden zu Gesicht. Und was für ein großartiger Auftritt das war! Chibis verspielte Interaktion mit dem Publikum ist einzigartig!
Enttäuschung: Es war nur eine Band von Vasi im Line-up. Da geht noch was, Amphi!
Entdeckung: Die erstmalige Vermischung meiner beiden Leben in Form einer Teamkollegin von der Arbeit, mit der ich einen Teil des Amphis erleben durfte. Kurios, aber es war toll.
Kurioses Erlebnis: Da auf dem Schiff im Gegensatz zum sonstigen Amphi richtige Gläser ausgegeben wurden und ich nicht riskieren wollte, meines auf dem Boden abzustellen, stopfte ich es in meine Hosentasche und vergaß es. Auf dem Weg zum Bahnhof bemerkte ich dann, dass ich jetzt wohl ein neues Smirnoff-Cocktailglas besitze. Äh… Verzeihung, RheinEnergie. Ich bring es nächstes Jahr zurück.
Bandwunsch 2023: The Birth… Ja okay, geht nicht nochmal, is ja gut. Dann eben The Beauty of Gemina, Mantus und Lacuna Coil
Cynthia Theisinger:
Highlights: Ich fand Wisborg im direkten Vergleich zum diesjährigen Plage Noire ziemlich genial. Konstantin wird immer sicherer auf der Bühne und mit seinen Publikumsinteraktionen. Alienare hatten auch richtig Bock und haben ne mitreißende Show geliefert. Wer die Jungs noch vor der Pandemie gesehen hat, der weiß, dass das, was sie auf dem Amphi abgeliefert hatten, im Vergleich zu vor dem großen C ein absoluter Quantensprung nach vorn ist. Zudem kann man Allgemein sagen, dass ein Großteil der Bands RICHTIG Bock hatte – so nach 2 Jahren Abstinenz. Ach ja und ich würde sagen, dass das einer der besten Frozen Plasma Gigs war, den ich je gesehen habe – und das waren jetzt nicht wenige… 😛
Enttäuschung: Dass es fast unmöglich war, zum Schiff zu kommen, ohne gleich massenweise Bands auf den beiden anderen Bühnen zu verpassen. Als Fotograf, der ja nun doch irgendwie an den “Mainstream” gebunden ist, einfach nervig und doof. Und nein, es waren schon einige Bands, die ich gern gesehen hätte – nicht nur der Vorteil Klimaanlage und besseres Essen.
Entdeckung: Auch bei meinem 6. Festival nach Corona kann ich noch immer kein “Festival” mehr…. Mein Körper hat innerhalb von zwei Jahren scheinbar alles verlernt, was ich ihm im Bezug auf Festival-Approvement über die Jahre antrainiert habe, vergessen… XD
Bandtechnisch diesmal tatsächlich mangels Möglichkeiten – weil alles bekannt was ich gesehen habe – nichts Neues für mich entdeckt. Da ist mal Luft für neue Bands, die man entdecken kann.
Kurioses Erlebnis: Das Pärchen, das sich auf dem Weg zum Festival in aller Öffentlichkeit miteinander vergnügt hat. Ein hoch auf unsere offene Szene… ähm ja.
Bandwunsch 2023:
Machbar: The Crüxshadows, Apoptygma Berzerk, Rabia Sorda, Leichtmatrose, Nachtmahr, X-RX, FabrikC
Utopisch aber man darf noch träumen: Down Below (gibts nicht mehr), The Prodigy, Alice Cooper (beide vermutlich zu groß/teuer) oder mal etwas Crossover: Pain oder sowas wie Poets of the Fall. Leider wird hier der Blick über den Tellerrand etwas gescheut, obwohl das durchaus passend und besser wäre, als immer die gleichen Band rotieren zu lassen. Wobei man sagen muss, dass das bereits angekündigte 2023er Programm schon ein paar nette Überraschungen dabei hat bisher.
Mirco Wenzel:
Highlights: Das Amphi-Festival im Ganzen. Seit Jahren bin ich auf allen möglichen Festivals unterwegs, das Amphi hat es aber erst in diesem Jahr (oder auch die letzten 2 Jahre) in die Planung geschafft. Das Gelände ist alleine durch den Strand und die “Met-Insel” einmalig. Die Bühne mit den Pilzen schafft perfekte Bedingungen bei jedem Wetter. Gerne wieder.
Enttäuschung: Als jemand, der nicht direkt in der Szene zuhause ist, war ich von keinem Act wirklich enttäuscht, zumal ich viele nicht kannte und zum ersten Mal gesehen habe. Daher kann ich mich aus fotografischer Sicht nur über das Licht im Theater beschweren. Darf das auch etwas mehr sein? Und weniger Nebel?
Entdeckung: The Birthday Massacre
Kurioses Erlebnis: –
Bandwunsch 2023: Apoptygma Berzerk, Faderhead, Rabia Sorda und “Irgendwas mit Vasi”, wobei Future Lied To Us schon bestätigt ist – daher “Mehr mit Vasi”.