BLOND, SHELTER BOY, MIA MORGAN – Dresden, Rinne (18.06.2021)

Fotos: BLOND
Blond, © Claudia Helmert
Geschätzte Lesezeit: 2 Minute(n)

Happy flesh

Wie ein trauriges, harmonisches Festival wölben sich die Schritte durch das warme Gras (das wie alles warm ist, weil an dem vergangenen Konzertfreitag gefühlte 50°C und tatsächliche 32°C (vermutet) für Herzenswärme sorgten). Kein Baum bringt Schatten, verdeckt dafür aber auch nicht den Ausblick auf den abendlichen, nahezu wolkenfreien und farbwarmen Sonnenuntergang. Mit oder ohne Sonnenstichdelirium vertreibt es sich ganz herrlich auf den Picknickdecken mit propagierten und gemessenen anderthalb-Meter-Abstand.

Start your evening right with: Blumenpop! Mia Morgans Weiß leuchtet zwischen der schwarzen Bühnenummantelung – und die Performancefreude erst! Da schwitzt man gern im Stehen – wenn die Rhythmen, auf die sich so gut tanzen lassen, so hübsch klingen. “Ich will nur noch meinen Waveboy, Ladadi ladadadada dadadada”. Ich krame hektisch in meinem Gepäck und bemerke, wie mein Rucksack zwar an den angenehmen Stellen nach Weichspülerduft und an den weniger angenehmen nach Anreisekröperwärme riecht – aber meine Seifenblasen, die ich sonst in der obere Tasche verstaue, sind leider nicht auffindbar! Ein trauriger Tag, und eigentlich könnte ich direkt die Abreise antreten.

Mache ich natürlich nicht. Semihektisches Bühnengewusel passiert (ich erinnere an die vorherrschenden Temperaturen – jene bremsen körperliche Aktivität enorm) und schon knattert ein Moped durch die Technik- bis Notausgangsschneise, die den Publikumspulk in beinahe gleichgroße Hälften sortiert. Why not. Der Trenchcoat weht im Wind und der Sänger in Latzhose (wer von Euch hat Brooklyn 99 geguckt?) grüßt freundlich seine Zuhörerschaft: Shelter Boy sind am Start! Schrullig schön (habe ich gehört) zwirbelt die Boygroup allerhand gute Stimmung in die Sonne und die strahlenden, wackelnden Gesichter. Feelgooder Look! Das Konzert endet – genauso wie die im September erscheinende Platte Failure Familiar – mit dem bezaubernden Track I can be sad (nur eben als Singalongspecialedition auf Sonnenuntergang).

So, nächste Umbaupause, wieder Zeit zum umgucken: Die Kollektiveuphorie, der Gruppengenuss verharren auf den deckenumgrenzten Séparées. Sicher ist sicher, aber auch für sich. Das gute Gefühl braucht noch ein bisschen, bis es sich von der Pandemie erholen kann.

“Und? Wer von Euch hat sich einen Apfel aufgeschnitten und Zitrone eingeschmiert?” Die pompös gekleidet Lokalhelden sind stets gut gelaunt (das ist doch Teil des Konzepts, oder?): 100% Swag dank Blondcamp! Die jungen Hiphoparme fühlen sich eingeladen, im Takt zu Sanifair Millionaire zu schwingen (just in diesem Moment suche ich im World Wide Web den Namen “Sanifair”, um herauszufinden, mit welcher Erklärung das Wort “fair” im Unternehmennamen auftaucht – leider erfolglos. Einträge zum Engagement von Rainald Grebe und zum finanziellen Tauschgeschäft müssen reichen). Achja, Mia und Shelter Boy sind auch dabei.  Ebenso der Periodensong für alle, die es betrifft, und dann etliche Coverversionen von fantastischen Schnulzensongs, die alle in unterschiedlicher Kleidung von den Drei zelebriert werden. Singalong statt Singalone!

Open Air eben, nur mit mitgebrachtem Essen, quatschen, entsprechend keine ungeteilte Aufmerksamkeit – trotz langer Pause -, aber schon Wohlwollen und Partylust, Sonnenstich ja auch, klatschen, Bildschirme angucken (entweder die übertragende Projektion, wahlweise auch das Mobiltelefon). Schön sommerlich, aber noch nicht ganz unbeschwert (aber das kommt bestimmt).

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