Es ist Samstagnachmittag im eisigen Hamburg. Auch wenn der hanseatische Restwinter nicht seinem Namen gerecht wird, es ist ungemütlich. Die Hamburger Markthalle füllt sich nur langsam, aber stetig. Der Grund ist ganz einfach. Die Electrowaver von Solar Fake feiern heute das Finale ihrer You win, who cares?-Tour. Da die letzten Gastspiele von Mastermind Sven Friedrich und Tastendevil Andre Feller immer ein Erfolg waren, sollte das an diesem Abend auch bestimmt wieder so sein.
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Doch bevor Solar Fake zur letzten Schicht antreten, überlassen Sie dem Deutsch-Schweizer-Schweden-Trio Seadrake erst einmal die Bühne. Drei Burschen, die jedem Electro/Wave-Fan nicht unbekannt sein dürften. Keyboarder Mathias Thürk drückte ursprünglich bei Minerve die Tasten, Rickard Gunnarsson zupfte bei Statemachine die Saiten und zuletzt noch Sänger Hilton Theissen, den man von dem Projekt Akanoid kennen sollte.
Im Gepäck haben die drei ihr 2018 erschienenes Album Isola. Und vom ersten Moment an gehen Seadrake nach vorne. Es ist zum einen die Mischung aus guten Electropopsongs und zum anderen das verdammt gute Auftreten von Hilton als Frontman. Der Mann hat das, was viele andere sich wünschen könnten. Ausstrahlung, Charisma und dann auch noch eine sehr gute Live-Stimme. Herz, was willst Du mehr. Und das bemerkt auch das anfangs etwas unterkühlte Hamburger Publikum und taute langsam, aber sicher auf. Frontman Hilton verzichtet auf große Gesten und braucht sich nicht verstellen. Man nimmt ihm und der gesamten Band ab, dass sich hier etwas gefunden hat, das nach innen und außen eine Gemeinschaft darstellt. Und Hamburg weiß das zu würdigen. Zum Ende des Mainsets kamen tatsächlich Solar Fake mit auf die Bühne um bei Something Durable gesanglich und musikalisch zu unterstützen.
Setlist SEADRAKE @ Hamburg, Markthalle (09.03.2019)
01. Lower than us
02. Daydream
03. What you do to me
04. On the run
05. Conformity Loves Co
06. Get it on
07. No matter
08. Something Durable
09. Down to the ground (Minerve-Cover)
Weblinks SEADRAKE:
Homepage: www.seadrakemusic.com
Facebook: www.facebook.com/seadrakemusic
Nach einer Zugabe von Seadrake und einer kurzen Umbaupause hieß es dann, Bühne frei für Solar Fake. Moment, Bühne frei? Den ganzen Abend hörte man immer wieder Gerüchte, dass Sven Friedrich angeschlagen sein soll. Das obligatorische Meet&Greet am Merch wurde bereits abgesagt und auch bei Seadrake auf der Bühne schien er gesanglich nicht auf der Höhe zu sein.
Doch bereits zu den ersten Tönen von Not What I Wanted waren die Befürchtungen, Sven Friedrich könne nicht singen, wie weggewischt. Während Andre Feller sein Keyboard malträtiert, hüpft und springt Sven Friedrich über die Bühne und Solar Fake starten ein Feuerwerk an Hits quer durch ihre mittlerweile auch schon zehnjährige und fünf Alben andauernde Karriere. Dass diese Band gewachsen ist, lässt sich an verschiedenen Punkten feststellen. Die Bühnenshow ist ausgereift und durch LED-Screens angereichert, und der Zugang von Drummer Jeans Halbauer rundet die Show zu einem Gesamtkonzept ab, welches mir in der Vergangenheit eher unbekannt war. Gerade durch die Livedrums bekommen auch die Tracks vom letzten Album, die teilweise etwas luftleer klingen, einen kräftigen Schub.
Und Hamburg feiert nach bester Manier ab. Es wird getanzt, gesungen, und Sven Friedrich kann auch getrost mal das Mikro in die Menge richten, und die Hamburger singen für ihn mit. Seltsamerweise gehen Friedrich und Feller aber doch auf Nummer Sicher und greifen mit Sick Of You erst als dritten Track auf das aktuelle Album zurück, welches dann mit neun Tracks doch noch in den Fokus des Abends gerückt wird. Also alles gut an diesem Abend? Andre Feller drischt wie ein Derwisch auf sein Keyboard ein, so dass es das gute Stück irgendwann vom Standfuß fegt. Durch seine Show ist er ein Eyecatcher, und er ergänzt sich fabelhaft in der Bühnenpräsenz mit Sven Friedrich. Ein Top Abend also? Ja, nein, vielleicht. Sven Friedrich greift ja bekanntlich sehr gerne in die Trickkiste und zaubert auf jedem SF-Album einem musikalischen Klassiker neues Leben ein. Von daher hätte ich eigentlich erwartet, dass Solar Fake mit ihrer Version von Such A Shame dem kurz zuvor verstorbenen Talk Talk-Frontmann Mark Hollis gedenken. Stattdessen greifen sie auch in dieser Show auf den für mich enttäuschendsten Moment von You win, Who cares? Zurück. Eine Coverversion des Editors-Hits Papillon. Sorry, aber das elektronische Gewand steht diesem Track meiner Meinung nach überhaupt nicht. Okay, die Hamburger sehen es anders, und die Stimmung in der Markthalle war selten besser gewesen.
Nach ganzen 24 Stücken und einem immer wieder vor Begeisterung sprachlosen Sven Friedrich war es dann doch soweit, dass Solar Fake ihre Tour bis hierhin beendet haben. Ein Abend für die Ewigkeit? Kann man schon sagen. Man hat an diesem Abend wieder einmal sehen können, dass Solar Fake ein sehr inniges Verhältnis zu ihren Fans haben. Die Rührung Sven Friedrichs war nicht gespielt, und Andre Feller würde sich wohl kaum so zerstören, wenn es ihm nicht eine Herzenssache wäre.
Bitte mehr davon, immer wieder!!!
Setlist SOLAR FAKE @ Hamburg, Markthalle (09.03.2019)
01. Not What I Wanted
02. Under Control
03. Sick Of You
04. A Bullet Left For You
05. Here I Stand
06. All The Things You Say
07. I Don’t Want You In Here
08. Reset To Default
09. The Pain That Kills You Too<
10. Invisible
11. Anything You Want
12. More Than This
13. Parasites
14. Too Late
15. Just Like This
16. If This Is Hope
17. What If There’s Nothing
18. Papillon (Z, Editors Cover)
19. Observer (Z)
20. The Pages (Z)
21. I Hate You More Than My Life (Z)
22. Where Are You (Z)
23. My Spaces (Z)
24. Stay (Z)
Weblinks SOLAR FAKE:
Homepage: https://solarfake.de/
Facebook: www.facebook.com/SolarFake