„Kurzweilige Popmusik — und trotzdem unverkennbar Laibach“
Schon wieder diese Slowenen, möchte man meinen. Laibach halten die Taktung in Sachen Albumveröffentlichungen hoch, die martialisch-düster-schleppende Theaterstück-Vertonung Also sprach Zarathustra ist nicht einmal anderthalb Jahre her. Im Gespräch geblieben ist das Künstlerkollektiv in der jüngeren Vergangenheit aber vor allem dank ihres Exklusiv-Konzerts in Nordkorea. Dort spielten Milan Fras, Mina Spiler & Co. auf Wunsch des Regimes vor allem Stücke des 1959er-Musicals The Sound Of Music – gehört dieses Gerüchten zufolge doch zu den wenigen kulturellen Erzeugnissen, die dem „Großen Führer“ Kim Jong-un zusagen.
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Vereinzelte Stücke daraus in Laibach-Interpretation gab es in den vergangenen Jahren schon live zu hören, nun erscheint das dazugehörige Album. Das Schlechte vorweg: Mina Spiler spielt wie schon auf Also sprach Zarathustra so gut wie keine hörbare Rolle, für die weiblichen Gesangsparts griffen Laibach auf die schwedische Singer/Songwriterin Marina Martensson zurück. Die erledigt ihren Job erfreulicherweise mit Bravour und setzt wie der zweite Gastvokalist, Boris Benko von der Synthpop-Band Silence, angenehme Kontrapunkte zum ewig tiefen Brummel-Bariton von Milan Fras.
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Der natürlich besonders gut – lies: witzig – daherkommt, wenn er wie in My Favourite Things „Cream-colored ponies and crisp apple strudels“ auf „Schnitzel with Noodles“ reimt oder sich in Lonely Goatherd sogar im Jodeln versucht. Recht melodiös, in gemäßigtem Tempo, kommt das Gros der elf Stücke daher – kein Wunder, sind die Originalstücke aus den 50er-Jahren doch auch nicht gerade für einen sonderlich komplexen Aufbau oder lärmige Elemente bekannt. Laibach veredeln die Songs von Richard Rodgers hier und da mit Synth-Sequenzen und Drumcomputern, bei Do-Re-Mi sogar mit schüchternen Roboter-Vocals, behandeln sie allerdings mit Respekt. Was in der nunmehr 38-jährigen Bandgeschichte ja nicht immer der Fall war – man erinnere sich nur an die Queen-Bloßstellung Geburt einer Nation.
Koreanischer Abschluss
Da setzt sich hier und da ein kleiner Ohrwurm fest, zum Beispiel Edelweiss oder die eben schon genannten Do-Re-Mi und My Favourite Things (letzteres inklusive Kinderchor) – anderes plätschert aber auch ein wenig vor sich hin. Wirklich aus dem Raster fallen lediglich die letzten beiden Stücke, die Ballade Arirang und das ein wenig an 80er-Jahre-TV-Show-Intromelodien erinnernde The Sound Of Gayageum. Die stammen nämlich nicht aus dem Musical, sondern sind Hommages an (nord-)koreanische Folklore und Kultur. Und gerade deshalb ein interessanter und aufregender Weg, das etwa 42-minütige Album abzurunden.
Als kleinen, unterhaltsamen Bonus packten Laibach noch die bereits aus dem Internet bekannte Welcome Speech mit auf die Scheibe – ein rund 75-sekündiger Monolog eines offensichtlich erzkonservativen Nordkoreaners, der die Slowenen u.a. aufgrund von „pornographischen Musikvideos und schrecklicher Musik“ lieber nicht in Pjöngjang begrüßt hätte. Wie wir nunmehr wissen, kam der Auftritt zustande und war ein hochinteressantes interkulturelles Erlebnis für beide Seiten – hoffentlich erscheint bald auch endlich die dazugehörige Dokumentation Liberation Day für das Heimkino.
Fazit: Mit The Sound Of Music führen Laibach ihrer ohnehin schon musikalisch breit gefächterten Diskographie eine weitere neue Facette hinzu. Kein Martial Industrial wie auf Nova Akropola, kein Stampf-Techno wie auf WAT, kein Dark Ambient wie auf Also sprach Zarathustra, keine Neoklassik wie auf Volk, keine tanzbaren Synth-/Dark Wave-Songs wie auf Spectre. Sondern einfach kurzweilige Popmusik.
The Sound Of Music erscheint am 23. November 2018 via Mute Records.
Tracklist LAIBACH – The Sound Of Music
01. The Sound Of Music
02. Climb Ev’ry Mountain
03. Do-Re-Mi
04. Edelweiss
05. Favorite Things
06. Lonely Goatherd
07. Sixteen Going On Seventeen
08. So Long, Farewell
09. Maria / Korea
10. Arirang
11. The Sound Of Gayageum
12. Welcome Speech
Weblinks LAIBACH
Website: www.laibach.org
Facebook: www.facebook.com/Laibach/