DINA SUMMER im Interview: “Momentan entdeckt eine jüngere Generation diesen ‘Dunkel-Sound’ für sich”

DINA SUMMER im Interview: "Momentan entdeckt eine jüngere Generation diesen 'Dunkel-Sound' für sich"
Dina Summer - Foto: Katja Ruge
Geschätzte Lesezeit: 6 Minute(n)

Der Hype ist real! Wir können schon jetzt festhalten: In den Jahresendabrechnungen innerhalb der Schwarzen Szene wird Dina Summers zweites Album “Girls Gang” ziemlich weit oben landen. Mit einer tanzbaren, treibenden, hymnischen, abwechslungsreichen Masse von elf Songs zwischen EBM, Dark Wave, Italo Disco und Electroclash begeistern Dina Pascal, Maximilian Brudi und der einigen bereits von der Band Frittenbude bekannte Jakob Häglsperger zunehmend Fans. Zahlreiche Konzerte zum zweiten Album nach dem Debüt “Rimini” (2022) waren ausverkauft, weitere werden folgen. Wir stellten dem in Berlin beheimateten Trio einige Fragen zu Inspirationen, Songwriting, Zukunft und der jüngst veröffentlichten Remix-EP.

Lass Dir den Beitrag vorlesen:

Euer neues Album „Girls Gang“ wird überragend aufgenommen. Album des Monats im Sonic Seducer, Album der Woche bei Plattentests.de, um nur zwei musikjournalistische Auszeichnungen zu nennen. Seid Ihr überrascht von den tollen Reaktionen? Und was bedeuten Sie Euch?

Dina: Vielen Dank – wir freuen uns riesig über die durchweg positiven Reaktionen auf “Girls Gang”! Natürlich hofft man immer, dass ein Album gut ankommt, aber sicher sein kann man nie – ein bisschen Ungewissheit bleibt immer. Dass wir so viele positive Reviews erhalten haben und Album des Monats geworden sind, bedeutet uns unglaublich viel – vor allem, weil es zeigt, dass unser Sound, unsere Texte und unsere Vision wirklich ankommen und etwas auslösen. “Girls Gang” ist ein sehr persönliches Album, in dem viel Herzblut, Schweiß und Liebe steckt – dass das nun so gesehen und gefeiert wird, macht uns stolz und motiviert uns total für alles, was noch kommt.

Einige der aktuellen Konzerte waren/sind ausverkauft. Spürt Ihr im Vergleich zur „Rimini“-Ära schon deutlich, dass Ihr nun mehr Leute erreicht?

Jakob: Ja, man merkt schon, dass sich da was bewegt. Es ist total schön zu sehen, wie unsere Musik Stück für Stück immer mehr Menschen erreicht. In Berlin haben wir zum Beispiel das Lido mit 600 Leuten ausverkauft, während es in anderen Städten manchmal noch eher kleinere Runden sind. Aber genau das zeigt auch, wie organisch das Ganze wächst. Am meisten berührt mich, wie sehr sich manche Menschen mit unserer Musik verbinden – dass sie nicht mehr nur uns gehört, sondern Teil im Leben anderer geworden ist.

Wie setzt sich ihr Euer Publikum bei den Shows zusammen? Kommt nur „Schwarzvolk“ oder erreicht Ihr auch Menschen, die zumeist in anderen musikalischen Gefilden unterwegs sind (z.b. Frittenbude-Fans)?

Jakob: Das ist echt ziemlich unterschiedlich. Ich setze mich vor unseren Shows manchmal in den Raum und beobachte, wer so reinkommt. Ich liebe diesen Moment, wenn sich der Raum langsam füllt und die Nacht beginnt. In Leipzig zum Beispiel hatte ich schon den Eindruck, dass eher ein älteres Szenepublikum da war. In München dagegen war’s zum Teil eher jung und bunt gemischt. Ich glaube momentan entdeckt gerade auch eine jüngere Generation diesen “Dunkel-Sound” für sich. Schön zu sehen, wie sich das dann mit einem älteren Publikum mischt und es sich trotzdem organisch und selbstverständlich anfühlt. Das unterscheidet sich schon von anderen Projekten bei mir. Und klar, es kommen auch Leute zu unseren Shows, weil sie über Frittenbude auf Dina Summer gestoßen sind. Das merk ich dann oft später am Merchstand – wenn ich bekannte Gesichter wiedersehe oder mir Leute erzählen, dass sie kürzlich noch bei einer Frittenbude-Show waren.


Erst mit einem Klick auf das Vorschaubild wird das Video von YouTube eingebunden. Klicke nur, wenn du der Datenschutzerklärung zustimmst.

Die LP heißt „Girls Gang“. Stimmt die Annahme, dass sich der Titel weniger auf Euch als Band bezieht, sondern vielmehr auf ältere weibliche Ikonen der Schwarzen Szene?

Dina: Ahaha, korrekt – wir sind keine „Girls Gang“, wir sind eher eine girls-loving Gang! Der Titel des Albums kommt übrigens von einem unserer Tracks. In diesem Song geht es um Mädchen, die zusammenhalten, sich gegenseitig unterstützen und von ihren Idolen inspiriert werden. In meiner Kindheit waren meine Idole die starken, düsteren Goth Frauen aus Film und Musik. Natürlich ist es für jedes Mädchen anders, aber das Wichtige ist, jemanden zu haben, der dich inspiriert, stark zu sein und weiterzukämpfen.

Es gibt aktuell zunehmend erfolgreiche weibliche Acts (oder geschlechtergemischte Acts mit prägender weiblicher Stimme) in der Szene, die irgendwo zwischen Dark Wave, Electroclash, EBM und Postpunk zu verorten sind. Es seien hier nur mal exemplarisch Boy Harsher, Minuit Machine, Potochkine, Rein oder Ductape genannt. Zieht Ihr daraus Inspirationen für Eure Musik, gibt es eventuell persönliche Kontakte in diese Richtung?

Dina: Ja, wir sind definitiv mit vielen Musiker*innen aus der Dark Disco- und Dark Wave-Szene befreundet – da gibt es ein wunderbares Netzwerk an kreativen Menschen, mit denen wir uns regelmäßig austauschen, gemeinsam auflegen oder uns einfach gegenseitig inspirieren. Aber die größten Einflüsse kommen bei uns oft aus einer anderen Ära – vor allem aus den 80ern mit Italo Disco, EBM und New Wave, sowie dem Electroclash der frühen 2000er. Diese Sounds haben uns nachhaltig geprägt. Gleichzeitig sind wir absolute Musiknerds und hören ständig querbeet – von brandneuen Releases bis hin zu obskuren Klassikern. Im Endeffekt kann alles Einfluss nehmen – Inspiration ist nicht immer greifbar oder logisch. Vieles passiert unterbewusst. Wenn wir im Studio sind, entsteht unsere Musik meist intuitiv. Wir arbeiten selten nach Plan – wir folgen dem Flow, lassen uns treiben und vertrauen dem Moment. Und genau daraus entsteht unser Sound: ein Mix  aus Vergangenheit und Gegenwart, aus Kontrolle und Chaos.

Die deutlichste Veränderung auf „Girls Gang“ ist im Vergleich zu „Rimini“ meines Erachtens die Hinwendung zu klassischeren Songstrukturen mit Strophen und Refrains. Was war diesbezüglich der Haupteinfluss?

Jakob: Würde ich genauso unterschreiben! Bei “Rimini” ging’s uns eher darum, einen Club-Moment zu kreieren – mit Tracks, die repetitiver sind und sich gut auflegen lassen. Bei “Girls Gang” haben wir den Fokus dann mehr aufs Album und Songwriting gelegt, auch um am Ende ein abwechslungsreicheres Konzert spielen zu können, wo auch mal langsamere oder schnellere Songs vorkommen. Künstlerisch war es für uns selbst auf jeden Fall wichtig und gut, alles ein bisschen zu öffnen, neue Wege zu finden, um uns nicht ständig in alten Mustern zu langweilen.

Mein Lieblingslied auf der LP ist „Halkidiki“ – ich habe selten einen Song gehört, der gleichzeitig nach vernebelter Goth-Disco und „Sommer, Sonne, Sandstrand“ klingt. Gibt es ein Geheimnis, wie man diese völlig verschiedenen Welten musikalisch zusammenbringen kann? Oder ist es einfach nur Dinas griechische Herkunft? 😉

Dina: Aw, vielen Dank! Es freut uns riesig, dass dir der Song gefällt. Wir haben mehrere Nachrichten bekommen, dass “Halkidiki” der Sommer-Song für viele unserer Fans geworden ist, und das war genau die Hoffnung. Der Song handelt von Nostalgie – von Erinnerungen an vergangene Momente, und Nostalgie ist genau dieses bittersüße Gefühl. Es ist das Gefühl, sich an glückliche Zeiten in der Vergangenheit zu erinnern und gleichzeitig traurig zu sein, dass sie vorbei sind. Und das Mischen zweier Welten? Das ist definitiv unser Ding! Wir lieben es, die düstere Seite mit etwas Aufhellendem zu verbinden. Die meisten unserer Songs haben diese Dualität – sie sind dunkel, aber gleichzeitig auch befreiend und energiegeladen. Es geht darum, das perfekte Gleichgewicht zu finden. Und natürlich spielt meine griechische Herkunft auch eine Rolle – hahaha – wir tragen die Sonne quasi immer in uns, aber ein bisschen Pathos gehört einfach auch dazu. Das ist unvermeidlich!


Erst mit einem Klick auf das Vorschaubild wird das Video von YouTube eingebunden. Klicke nur, wenn du der Datenschutzerklärung zustimmst.

Ende April erscheint eine Remix-EP zu „Girls Gang“. Mit DJ Hell hat sich eine wahre Legende mit einem Eurer Songs beschäftigt. Wie kam da der Kontakt zustande?

Max: Ich selbst bin Hell in München Anfang der 00er-Jahre – als ich noch dort gewohnt habe – schon ein paar Mal über den Weg gelaufen. So richtig hat sich der Kontakt dann aber erst während der Pandemie verfestigt, nach dem er ein paar unserer Songs in seinen DJ-Sets gespielt hatte und wir ihn bei einem Heimatbesuch gefragt haben, ob wir uns nicht mal treffen wollten. Ursprünglich war nur ein schneller Kaffee am Viktualienmarkt vereinbart, das artete dann in tolle, Nachmittage füllende Gespräche aus. Seitdem haben wir uns immer wieder an verschiedensten Orten getroffen. Wir sind super stolz darauf, so einen grandiosen Remix von einem unserer Kindheitshelden zu haben!

Könnt Ihr darüber hinaus schon ein wenig verraten, in welche Richtungen die weiteren „Girls Gang Remixes“ gehen werden? (Anm. d. Red.: Mittlerweile ist die EP erschienen, Link hier)

Max: Tatsächlich fällt es mir in dem Fall besonders schwer, das passend zu beschreiben oder auch nur einzugrenzen, weil uns am Ende über 15 befreundete Produzenten gefragt haben, ob sie Remixes oder Edits für unser Album machen dürfen. Die Remixes umspannen viele Genres von Dark Disco, über Post Punk, Electro, House, Techno, Italo, Dark Wave etc.

FOMO (DJ Hell Extended Mix)

Erst mit einem Klick auf das Vorschaubild wird das Video von YouTube eingebunden. Klicke nur, wenn du der Datenschutzerklärung zustimmst.

Bis Ende April stehen noch Konzerte an. Aber es würde mich doch schwer wundern, wenn da nicht noch mehr käme, insbesondere Festivals. Gibt es Pläne? Gerade die große Szene in NRW würde sich sicher über ein, zwei Termine freuen, nachdem es bisher nicht geklappt hat …

Max: Unsere “Girls Gang”-Album-Tour durch Deutschland schließen wir mit der Show im Kassablanca in Jena am 30.4. ab. Im Sommer findet man uns auf jeden Fall auf einigen Festivals (die wir leider bisher noch nicht nennen dürfen) und wir planen auch aktuell für Ende des Jahres noch ein Wochenende mit zwei Shows in Düsseldorf und Köln, die aber bisher noch nicht 100% fix sind.

Welche Träume wollt Ihr mit Dina Summer noch verwirklichen? Gibt es bestimmte Feature-Wünsche, Tour-Ziele oder Ähnliches?

Max: So richtig definiert haben wir die weiteren Ziele für dieses Projekt bisher nicht. Was wir alle Drei noch nicht gemacht haben, ist eine zusammenhängende Live-Tour außerhalb von Europa z.B. in Lateinamerika, USA, Australien und Asien, das würde uns auf jeden Fall reizen. Es ist aber fraglich, ob wir die Zeit dafür freigeschaufelt bekommen und ob das, ohne uns finanziell in den Ruin zu stürzen, machbar ist. Feature-Wünsche gibt es auch keine konkreten, wir finden es manchmal schon schwierig, unsere drei Meinungen unter einen Hut zu bekommen, vielleicht besser, wenn da nicht noch weitere dazu kommen!

Dina: Ein absoluter Traum wäre es für mich, mal als Support für eine der Bands aufzutreten, die mich in meiner Jugend geprägt haben – zum Beispiel The Cure, Depeche Mode, The Sisters of Mercy, Bauhaus oder Nine Inch Nails. Das wäre wirklich Wahnsinn!

Weblinks DINA SUMMER

Homepage: dinasummer.berlin
Bandcamp: dinasummer.bandcamp.com
Facebook: www.facebook.com/dinasummermusic
Instagram: www.instagram.com/dinasummermusic

Tags from the story
, ,

Autor

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert