So viel Liebe allerseits: Es war Valentinstag und VNV Nation statteten der Oberhausener Turbinenhalle einen weiteren Besuch ab. Die Lokalität ist Ronan Harris von zahlreichen Headliner-Gigs, solo wie im Rahmen des E-Tropolis Festivals bekannt und eine sichere Bank. Auch an diesem Freitagabend war es proppevoll, viel kann nicht zum “ausverkauft” gefehlt haben. Wer kam, dürfte sein Kommen einmal mehr nicht bereut haben – wenngleich schon der Einlass für Einige eine schwer überwindbare Hürde darstellte. Parallel trat die Deutschrap-Combo Antilopen Gang in der kleineren Turbinenhalle 2 auf, nicht wenige gingen zielsicher zum falschen Eingang, um dort vom freundlichen Security-Personal abgewiesen und einmal um den halben Gebäudekomplex geschickt zu werden.
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Wer schlussendlich die richtige Einlassschlange fand, konnte sich im Foyer der Turbinenhalle 1 mit Merchandise eindecken. Pfandbecher mit VNV-Motiv gab es hier für drei Euro zu kaufen. Bedenkt man, dass die Location auch im Jahre 2025 noch auf weiche Wegwerf-Plastikbecher setzt, wohnt dem Ganzen eine gewisse Ironie inne. Dazu gab’s reichlich Vinyl und CDs sowie T-Shirts. Wobei mittlerweile auch schon bei VNV 35 Euro für Letztere fällig werden.
Zur Musik: Pünktlich um 20 Uhr ging das Licht zum ersten Mal aus und Omar Doom alias Straight Razor kam in Begleitung einer maskierten Person, die sich in der Folge an den Tasten und Knöpfen verdingte, auf die Bühne. Den US-Amerikaner könnte manch Fan bereits von der Kinoleinwand her kennen. So spielte er in den Quentin-Tarantino-Kassenschlagern Death Proof, Inglourios Basterds und Once Upon a Time in Hollywood jeweils eine Nebenrolle. Seit einigen Jahren veröffentlicht er regelmäßig Musik, bislang brachte er es zu mehreren Singles und zwei EPs irgendwo zwischen Dark Wave, Techno und EBM. Zuletzt erschien im Dezember der Song Casualty.
In Sachen Live-Performance liegt die Konzentration klar auf der Musik. Minimalistisches Bühnenlicht, Showeffekte gleich Null. Was aber in diesem Genre gang und gäbe und auch völlig okay ist. Die Songs sind glasklar produziert, der Sound war für einen Support durchaus fett, Songs schreiben kann Omar ebenfalls, die Hooks gehen ins Ohr. Nur sein recht nöliger Leiergesang, der ist dann doch absolute Geschmackssache und holte zumindest die meisten Fans in der hinteren Hallenhälfte nicht wirklich ab. Vor der Bühne waren die Reaktionen euphorischer, artig und aufrichtig bedankte sich Omar nach seinen 30 Minuten für den insgesamt doch überaus freundlichen Empfang.
Recht kurz war die Umbaupause, schon einige Minuten vor 21 Uhr legten VNV Nation los. Mit einem Stück, das nur diejenigen kannten, die bereits einige der vorherigen Tourstopps besuchten. Save Me war das erste von insgesamt drei neuen Liedern der kommenden beiden Alben Construct und Destruct, die Ronan Harris, Drummer Yannik und die Keyboarder Gabriel und Gregory vorstellten. Ein eher langsamer Song, der Atmosphäre aufbaut, als Quasi-Intro sicher keine schlechte Wahl. Deutlich zügiger und mit hellen melodiösen Synthies kommt Silence Speaks daher, ein weiterer noch unveröffentlichter Song, der recht früh im 22 Songs starken Set verbraten wurde. Dann war es aber erstmal Zeit für viele Klassiker.
“Ich hoffe, ihr habt Energie! Wir haben ein langes Set für euch!“, kündigte Ronan an – und sollte Wort halten. Gut zwei Stunden und 15 Minuten lang unterhielt das Quartett die Fans. Nicht nur mit Musik, sondern auch mit gut abgestimmten Lasern sowie Projektionen auf den Videowänden. Zu Nemesis flatterten Geldscheine, Währungssymbole und immer wieder das Wort “Justice” über die LED-Screens. Bei The Farthest Star wurde die Bühne in atmosphärisches Eisblau getaucht, zur Zeile “Let there always be neverending light” bei Perpetual in perfekt passendes Sonnengelb. VNV Nation und die Crew lieferten ein Paradebeispiel dafür ab, wie Musik und Optik eine wunderbare Symbiose eingehen können. Dass die Akustik ebenfalls überdurchschnittlich gut (in der Turbinenhalle leider nicht immer der Fall) und Ronan prima bei Stimme war, rundete das Gesamtbild ab. Nur bei Honour wurde mit gleißend weißen Licht etwas übertrieben – das tat dann schon in den Augen weh.
Stellenweise war es Harris ein wenig zu ruhig im Publikum. Dass der in Hamburg lebende Ire kein Freund von Smartphones im Livekonzert-Kontext ist, dürfte treuen Fans wahrlich nicht neu sein. Er ermahnte die Zuschauer aber immer wieder, doch einfach mal den Moment zu genießen: “Steckt die Handys weg und bewegt euch! Das hier ist kein Katy-Perry-Konzert!” Es wurde aber nicht nur getanzt oder gefilmt. Zu Perpetual fingen gleich mehrere Pärchen in den vorderen Reihen an, herumzuknutschen, was Ronan spürbar aus dem Konzept brachte. Statt den Songtext zu singen, brach er in schallendes Gelächter aus – das ist eben live!
Interessant: Mit Chrome sowie Space & Time wurden zwei zuvor unverzichtbar erscheinende Klassiker aus dem Programm geschmissen. Generell gilt: Von “Nummer sicher” war die Setlist weit entfernt. Vom Vorgängeralbum Electric Sun wurden vier Songs gespielt, die beiden wohl Hit-verdächtigsten, nämlich Before The Rain und Wait, allerdings nicht. Run feierte in Oberhausen sein Tourdebüt, bei Prophet fragte Ronan gar “Kennt Ihr das nicht?“, da die Reaktionen doch recht überschaubar waren. Lautstark dabei waren die Fans hingegen bei Gratitude. “Den haben wir eine Zeit lang nicht gespielt. Viele schrieben mir nach dem Auftritt beim Mera Luna, was der Song ihnen bedeutet. Also musste der für die Tour wieder rein“, erklärte Harris.
Mit Close To Heaven sollte noch ein dritter neuer Song folgen, der, im gewohnten VNV-Stil gehalten, weiter Appetit auf die beiden kommenden Alben Construct und Destruct macht. Für einen weiteren Block aus drei Stücken sollten VNV Nation dann gegen 23 Uhr nochmal auf die Bühne zurückkehren. Überraschungen blieben aus. Gefühlt kann sich Ronan Harris es aber auch nicht mehr erlauben, Illusion, Nova und das abschließende All Our Sins aus dem Set zu schmeißen. Gerade zu ersterem haben viele Fans eine sehr enge Bindung aufgebaut. “Dieses Lied ist nicht mehr mein Lied. Es ist euer Lied. Ich weiß, dass dieses Lied eine ganze Menge für viele von euch getan hat“, sagte Ronan. Entsprechend laut der Chor in der Turbinenhalle.
Mit dem cineastischen Outro-Synthie von All Our Sins ging ein sehr spaßiger Auftritt gegen 23.10 Uhr zu Ende. “Das war einfach nur großartig“, resümierte Ronan Harris vor dem lautstark jubelnden und klatschenden Publikum und nur wenige Anwesende würden es wohl wagen, ihm da zu widersprechen. Auf den Leinwänden erinnerten die Zahlen 28, 3 und 25 noch einmal an das Veröffentlichungsdatum von Construct – und wer die Wartezeit bis dahin passend überbrücken will, hat in den kommenden Wochen noch einige Gelegenheiten auf deutschem Boden, VNV Nation live zu sehen.
Setlist VNV Nation @ Oberhausen, Turbinenhalle (14.02.2025)
01. Save Me
02. Only Satellites
03. Silence Speaks
04. Nemesis
05. Legion
06. When Is The Future?
07. Sunflare
08. Tomorrow Never Comes
09. Honour
10. The Farthest Star
11. Run
12. Retaliate
13. Control
14. Prophet
15. Resolution
16. Perpetual
17. The Game (Z)
18. Gratitude (Z)
19. Close To Heaven (Z)
20. Illusion (ZZ)
21. Nova (ZZ)
22. All Our Sins (ZZ)
Hinweis: Die Bilder stammen vom Konzert in Leipzig (21.02.2025, Haus Auensee).
Weblinks VNV NATION:
Homepage: www.vnvnation.com/
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Instagram: www.instagram.com/vnvnationofficial
Weblinks STRAIGHT RAZOR:
Homepage: omardoom.com
Bandcamp: straight-razor.bandcamp.com