Ein weiterer schwül-warmer Konzertabend im Rhein-Ruhr-Raum – davon gab es in diesem Spätsommer so einige. Ein Abend mit chaotischer An- und Abfahrt durch die Deutsche Bahn – auch davon gab es in diesem Spätsommer so einige. Für The Hives, die kürzlich ihr neues, gelungenes Album The Death of Randy Fitzsimmons veröffentlichten, war es allerdings der erste Deutschland-Gig auf der EU-Tour. Auf Wochen im Voraus mit etwas mehr als 2000 Menschen ausverkauft, eröffneten zwei noch recht unbekannte Schwestern aus dem Norden Schottlands den Abend. Breagha und Onnagh Cuinn bilden das Punk-Duo Bratakus. Auffällig: Die Geschwister stehen lediglich mit Gitarre, Bass und Mikrofonen auf der Bühne. Ein Hauch von Sisters of Mercy – Rockbands mit Drumcomputer sind dann doch eher eine Seltenheit. Woran es den beiden aber nicht mangelte, war Energie. Die Musik von Bratakus ist sehr rotzig, sehr roh. Mit viel Tempo punkten die Schwestern ihre zumeist kurzen Stücke runter, auch gesanglich darf man hier eher keine feinen Töne erwarten. Im hinteren Teil des Carlswerks begutachteten viele das Geschehen mit Stirnrunzeln, vorne hingegen war die Stimmung wirklich gut, der Applaus laut. Garniert mit einigen sympathisch-selbstironischen Zwischenansagen hinterließen Bratakus gerade bei den Punkrock-affineren Menschen im Publikum einen guten Eindruck.
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Pünktlich um 21 Uhr standen The Hives dann auf der Bühne – in den schicken schwarz-weißen “Blitz-Anzügen”, die Fans unter anderem aus dem martialischen Video zu Bogus Operandi kennen. Anfang Mai meldeten sich die Schweden mit dem Song zurück und kündigten so ihr erstes Album nach elf Jahren an. Für den Song und die ganze Platte The Death of Randy Fitzsimmons gab es zumeist positive Kritiken, entsprechend enthusiastisch waren die Fans, als eben besagtes Stück auch das Konzert eröffnete. Mit Main Offender und Walk Idiot Walk folgten zwei der ganzen dicken Hits aus der Vergangenheit, die direkt echte Partystimmung entfachten. Sänger Howlin’ Pelle Alqvist zeigte sich wie gewohnt sehr redefreudig, bedankte sich immer wieder bei “mein Schatzis” – es klingt einfach immer wieder schön, wenn Schweden ohne Deutsch-Kenntnisse versuchen, deutsch zu sprechen – und rief wiederholt zum altbekannten “Welches Geschlecht jubelt lauter?”-Spielchen auf.
Nur einmal erfüllten Buhrufe das Carlswerk. Auf viel Variation in der Setlist braucht man beim Quintett aus der 12.000-Einwohner-Kleinstadt Fagersta nicht hoffen, so überraschte die gewohnt scharfzüngig-arrogante Antwort Almqvists auf einen Fanwunsch auch nicht: “Nenene, ihr kommt, um uns zu sehen, wir entscheiden, was wir spielen. Wo kämen wir denn hin, wenn Ihr das entscheiden würdet?” Tatsächlich wäre Love In Plaster vom Tyrannosaurus Hives-Album eine erfreuliche Überraschung gewesen – aber nun ja, manche Musiker haben eben ihre Gründe, bestimmte Stücke irgendwann nicht mehr zu spielen. Einen Tausch im Vergleich zu vorhergehenden und nachfolgenden Konzerten nahmen The Hives aber vor. Das zügige Won’t Be Long vom Black And White Album kommt immer gut – gerade dank des großartigen, melodiösen Gitarrenlicks einer der besten Songs, die die Schweden in nunmehr knapp 30 Jahren so fertigten. Erinnert sich eigentlich noch jemand an die Suzuki-TV-Werbung?
Nach einigen weiteren neuen Stücken und unverzichtbaren Klassikern wie Hate To Say I Told You So oder dem abschließenden Tick Tick Boom war es dann aber auch schon vorbei. Letztlich verließen The Hives nach nur knapp 70 Minuten die Bühne, in denen Almqvist mit hohem Rede-Anteil auch noch einige Zeit schindete. Dies mit dem üblichen schelmischem Selbstbewusstsein vielsagend zu Carly Simons James-Bond-Song Nobody Does It Better. Klar, wieder einmal war es eine mitreißende Rockshow mit lautem, feierwütigen Publikum, aber es fehlten viele starke Songs der neuen Platte, die das Potenzial zum Live-Hit hätten (gerade The Bomb wäre hier zu nennen) sowie so manch älteres Stück mit Kultstatus. Kein Two Timing Touch And Broken Bones, kein Supply And Demand, kein Die, All Right! – um nur mal drei besonders populäre Beispiele zu nennen. So blieb nach einem wirklich guten Rockkonzert ein fader Beigeschmack und dieses typische “Wie, das war es schon?”-Gefühl hängen – gerade bei einem Eintrittspreis von über 50 Euro.
Setlist THE HIVES @ Köln, Carlswerk Victoria (16.09.2023)
01. Bogus Operandi
02. Main Offender
03. Walk Idiot Walk
04. Rigor Mortis Radio
05. Good Samaritan
06. Go Right Ahead
07. Stick Up
08. Hate To Say I Told You So
09. Trapdoor Solution
10. I’m Alive
11. Won’t Be Long
12. See Through Head
13. Countdown To Shutdown
14. Come On! (Z)
15. Tick Tick Boom (Z)
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