Der Beginn des Sommers steht kurz bevor und damit auch die Festivalsaison. Wie in jedem Jahr ist das Rock am Ring eines der ersten. So zieht es über 70.000 Fans nach Nürburg, um mit den verschiedensten Bands von klein bis groß ordentlich zu feiern. Bei den Foo Fighters, Rise Against, Kings of Leon, Finch, Apache 207 und den Toten Hosen kommt jeder auf seine Kosten. Aber auch nicht nur die Headliner haben es in sich. Ab dem frühen Nachmittag ist es nie ruhig auf dem Gelände des Nürburgrings, wenn sich die Bands die Klinke in die Hand geben.
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Den Anfang macht Flogging Molly auf der Utopia Stage, der Hauptbühne. Sänger Dave King und seiner Band steht vom ersten Akkord an die Freunde darüber, hier zu sein, ins Gesicht geschrieben. Sowohl vor als auch auf der Bühne steht quasi von Beginn an niemand still und man sieht einige Bandmitglieder immer wieder am Bühnenrand posen. Es gibt auch eine Premiere: Ein neuer Song, der “Song of Liberty”, wurde vorgestellt und der nachfolgenden Band, Jinjer, und der Ukraine gewidmet. Was auch auffällig war: Es waren sehr viele rote Hüte im Publikum zu finden – wir werden dem auf den Grund gehen.
02. The Hand of John L. Sullivan
03. A Song of Liberty
04. Tobacco Island
05. Float
06. Devil’s Dance Floor
07. The Seven Deadly Sins
08. These Times Have Got Me Drinking / Tripping Up the Stairs
09. If I Ever Leave This World Alive
10. What’s Left of the Flag
Schon bevor Jinjer die Bühne betreten, sind im Publikum viele Ukraine-Flaggen zu sehen. Als die Band dann schließlich auf die Bühne kommt, bedanken sie sich direkt dafür. Es bedeutet ihnen sehr viel, schließlich herrscht noch Krieg in ihrem Land. Direkt ploppen einige Handherzen im Publikum auf, bevor es richtig losgeht. Wie man es von Jinjer kennt, werden keine halben Sachen gemacht. Die stetigen Wechsel zwischen hart und weich, schnell und langsam und melodisch und brachial gepaart mit der unverwechselbaren Stimme von Sängerin Tatiana Shmailyuk machen den Rest, um das Publikum das erste Mal an ihre Belastungsgrenze zu bringen. Da macht auch ein kurzer Komplettausfall des Tons nicht, fängt man eben nochmal von vorne an. “Shit Happens”.
02. Ape
03. Colossus
04. Call Me a Symbol
05. Vortex
06. I Speak Astronomy
07. Copycat
08. Teacher, Teacher!
09. As I Boil Ice
Was wäre Rock am Ring ohne – kleine – technische Probleme? Etwas verspätet kommt Fever 333 Sänger Jason Butler vermummt auf die Bühnen und verweilt einen Moment, bevor es mit Burn It Down und etwas Pyro richtig losgeht. Kurz danach muss nochmal kurz unterbrochen werden – die Technik möchte nicht. Jason nutzt den Moment, um über ihre Mission zu sprechen. Rassismus und Homophobie haben in dieser Welt keinen Platz und dafür kämpfen sie jeden Tag. Die “Nazis raus!”-Rufe lassen nicht lange auf sich warten. Anschließend kann es weitergehen und ist energiegeladen wie eh und jeh. Immer wieder wirft er Wasser Richtung Publikum, springt in den Bühnegraben und generell über die Bühne. Auch sein Mikrofon fliegt mehr als einmal im hohen Bogen umher. Seine neuen Bandkollegen machen es ähnlich. Die Fans wissen, wofür sie da sind und werden definitiv nicht enttäuscht. Das Highlight der Show kommt jedoch zum Schluss als Jason von der Bühne und auf die “Scheiß Tribüne”, um von dort gefährlich nah an der 10 Meter-nach-unten-Kante weiter zu performen. Springen tut er jedoch – zum Glück – nicht.
02. We’re Coming In
03. Made an America
04. One of Us
05. Swing
06. Song 2 (Blur cover)
07. Out of Control
08. BITE BACK
09. Hunting Season
Während man nichtsahnend den Weg zur Orbit Stage auf sich nimmt, wird auf der Hauptbühne plötzlich der Special Guest des Tages aufgerufen. Viele haben letztes Jahr nach ihm gerufen, jetzt wird es wahr. 40 Jahre Die Flippers! Olaf der Flipper sang vor versammelter Mannschaft ein paar Songs, bei denen man in der Menge sein eigenes Wort nicht mehr verstehen konnte. Bei Employed To Serve ist von “Schlager am Ring” jedoch nichts bemerkbar. Für sie ist es der Tourstart, wie sie stolz verkünden. Entsprechend sind sie noch energiegeladen und springen über die Bühne oder lassen das Haar zu den bisher härtesten Melodien des Tages kreisen.
Es wurde wieder heiß auf der Hauptbühne – Heiß und voller Energie stehen dominieren da heute eindeutig: Yungblud machte schon beim ersten Song klar, dass Stillstand heute unerwünscht ist: “Nein, nein, nein Rock am Ring – When I say jump – I mean jump!” – gesagt, und schon flog der Sänger über die Bühne. Zwischendrin gab es noch ein Küsschen für den Gitarristen und auch beim Bad in der Menge wurden in der ersten Reihe Küsschen an überglückliche Fans verteilt. Neben dem obligatorischen Springen bildeten sich einige Circle Pits, die sich die komplette Show über nicht mehr schließen wollten. Garniert wurde das ganze mit einigen Pyros. Die Messlatte für die folgenden Bands liegt nun definitiv hoch.
02. The Funeral
03. Tissues
04. strawberry lipstick
05. fleabag
06. parents
07. Sex Not Violence
08. Anarchist
09. I Think I’m OKAY (Machine Gun Kelly cover)
10. Loner
Weit angereist sind Touché Amoré aus Los Angeles. Auch hier wird wieder der harte Ton auf der Orbit Stage angeschlagen, auch wenn die Musiker nicht zwingend danach aussehen. Auch musikalisch macht es anfangs nicht unbedingt die Eindruck nach Post-Hardcode, das ändert sich aber schlagartig, als Sänger Jeremy Bolm zu schreien anfängt. So wird der Pit schnell geöffnet und die Party kann beginnen.
Sorry Limp Bizkit – aber man sollte wissen, wann man aufhören sollte. Auch Hits wie My Way und Behind Blue Eyes, die zu unseren Jugendzeiten auf dem heimischen CD-Player rauf und runter liefen, konnten diesmal irgendwie nicht richtig zünden. Klar – der Nostalgiefaktor zieht bei den Fans immer noch und so kam zumindest etwas Stimmung auf. Sänger Fred Durst wirkte allerdings mit seiner albernen Perücke eher hochgradig unmotiviert. Selbst der sonst so posingfreudige Gitarrist Wes wirkte heute wie an Ort und Stelle festgetackert. Nebenbei bemerkt: Das 2021 erschienene Album Still Sucks war auch eher ein Rohrkrepierer. Also ja, was soll man sagen? Die Fans haben die Show getragen – Trotz Bad in der Menge bei Break Stuff kam von Durst selbst irgendwie nicht viel rum, außer einem Autogramm auf einem Hut – Schade eigentlich.
02. Hot Dog
03. Rollin’ (Air Raid Vehicle)
04. My Generation
05. Livin’ It Up
06. My Way
07. Behind Blue Eyes (The Who cover)
08. Nookie
09. Careless Whisper (George Michael song)
10. Faith (George Michael cover)
11. Take a Look Around
12. Break Stuff
Heutige Sonnenuntergang Band: Rise Against. Im schwindenden Tageslicht vor der malerischen Kulisse der Eifel gab es jetzt zwar weniger die große Show, dafür feinste und erstklassige Musik auf die Ohren. Nachdem die Ohren bei Limp Bizkit schon etwas in Mitleidenschaft gezogen wurden, gab es nun Balsam für sie. “The next Song is a fast one – a Mosh Pit is required for it!” stellt Sänger Tim McIlrath direkt zu Beginn klar, so ist es wenig verwunderlich, dass die Menge der Aufforderung folgt und erst wieder aufhört, als die letzten Töne der Band verklungen sind. “We’re here for one reason: You!” bemerkte ein strahlender Tim, der sich an diesem Abend auch wieder deutlich gegen Homophobie, Rassismus und Krieg aussprach. Eine runde Sache, die auch ohne großes Drumherum großartig ist.
02. The Good Left Undone
03. Survive
04. Satellite
05. Help Is on the Way
06. The Violence
07. Bricks
08. Re-Education (Through Labor)
09. Nowhere Generation
10. Prayer of the Refugee
11. Hero of War
12. Give It All
13. Savior
Die Schreie in den ersten Reihen sind laut und schrill, als Motionless In White die Bühne betreten. Die Gothic-Metalcore Band, welche in den letzten Jahren immer weiter an Fahrt aufnimmt, kann ab der ersten Sekunde überzeugen, sodass die Crowdsurfer nicht lange auf sich warten lassen. Anfangs noch etwas verhalten, später immer mehr, sodass die Security an seine Grenzen kommt. Und wer nicht surft, der singt. Für all das zeigt sich Motionless In White sehr dankbar, sodass Sänger Chris Motionless am Ende des Set einen Strauß Rosen Blume für Blume in die Menge wirft.
02. Sign of Life
03. Masterpiece
04. Scoring the End of the World
05. Thoughts & Prayers
06. Reincarnate
07. Werewolf
08. Voices
09. Cyberhex
10. Eternally Yours
11. Slaughterhouse
Singen steht anschließend auch bei Silverstein ganz groß auf dem Tagesplan. Das Set ist eine Reise durch die Zeit. Kein Album wird ausgelassen und auch ein Linkin Park Cover ist dabei. Die Fans sind textsicher und singen mit – oder verausgaben sich im Pit. Dennoch endet das Konzert für viele früher, denn in der Mitte des Sets fängt auf der Hauptbühne der Headliner des Tages an: Foo Fighters.
02. Retrograde
03. Infinite
04. Burn It Down
05. It’s Over
06. Giving Up
07. The Ides of March
08. Bankrupt
09. Bad Habits
10. One Step Closer (Linkin Park cover)
11. Massachusetts
12. My Heroine
13. Smile in Your Sleep
14. The Afterglow
15. The Altar/Mary
Dass in diesem Jahr weniger Tickets verkauft wurden als sonst, ist bei den Foo Fighters nicht bemerkbar. Der Platz vor der Bühne ist so voll wie immer, ein Durchkommen gleicht dem Unmöglichen. Es ist das einzige Konzert der Band in diesem Sommer in Europa und gleichzeitig das erste seit dem Versterben von Drummer Taylor Hawkins im letzten Jahr. Zusätzlich erscheint heute das neue Album der Band, aus dem direkt einige Songs Live Premiere feiern. Es liegt eine emotionale Schwere in der Luft, die jedoch mit den ersten Songs in Freudentränen umschwenkt. Mit All My Life und No Son Of Mine startet die Band ein Hit-Feuerwerk, bei dem einem keine Verschnaufpause gegönnt wird. In der Mitte des Sets gibt es dann auch ein Cover der Whip It / March of the Pigs von Devo bzw. Nine Inch Nails, bei dem Josh Freese als neuer Drummer vorgestellt wird. “Wir haben lange gewartet, um wieder spielen zu können und all das ist nur wegen ihm möglich”, bedankte sich Sänger Dave Grohl. Später sollte auch noch seine Tochter Violet Grohl zusammen mit ihm auf der Bühne stehen,um den Song Shame Shame zu singen. Gegen Ende wird es nochmal emotional, als der Song Aurora dem Taylor Hawkins gewidmet wird. Anschließend geht es nochmal in die Vollen, um mit Monkey Wrench,Best Of You und Everlon, bei dem das Publikum nochmal alles gibt und lauthals mitbrüllt.
02. No Son of Mine (with Black Sabbath’s “… more )
03. Rescued
04. The Pretender
05. Walk
06. Learn to Fly
07. Times Like These
08. Under You
09. Breakout
10. The Sky Is a Neighborhood
11. Whip It / March of the Pigs (Devo/Nine Inch Nails covers)
12. My Hero
13. This Is a Call
14. Nothing at All
15. Shame Shame (with Violet Grohl) (dedicated to Limp Bizkit)
16. These Days
17. Aurora (dedicated to Taylor Hawkins)
18. Monkey Wrench
19. Best of You
20. Everlong
Auf der Mandora Stage läutete Finch die Dorf Disco Zeit ein. Wo Finch draufsteht, ist auch Finch drin – “Ich bin kein Techno, ich bin kein HipHop und ich bin auch kein Rock – ich bin irgendwas dazwischen – Ich bin Schlager!” so der Sänger. Konfetti – Pyro, eine auffällige Bühnendeko, ein paar Special Guests – heute waren unter anderem mit von der Partie: Nico und Kevin von Electric Callboy bei Spaceman sowie Tream bei der Live Premiere des heute erschienene Songs Liebe auf der Rückbank. O-Ton der meisten Anwesenden: “Warum soll ich mich an der Mainstage langweilen, wenn ich hier Party machen kann?” Finch versprach den Anwesenden, ihre 300,- zurückzuzahlen, wenn bei seiner Show der Strom ausfällt. Für den Preis bekommt man übrigens fünf Tickets für seine Jubiläumstour.
02. EiSMANN
03. Freitag, Samstag
04. TATTOO
05. Keine Regeln
06. Bassdrum
07. Nachbarn
08. Gabber Girl
09. Liebe ist …
10. Spaceman (mit Kevin und Nico)
11. PECH & SCHWEFEL
12. Rave Witchers
13. Wir eskalieren
14. Onkelz Poster
15. Liebe auf der Rückbank (with Tream)
16. Direkt Bock
17. Hold Me Now
18. Easy Peasy
19. Fick mich Finch
20. Abfahrt
Zum Tagesausklang wurde es auf der Orbit Stage experimental – Meshuggah gaben sich mit ihrem etwas sperrigen Sound die Ehre. Leider sahen das auch andere so oder waren noch bei Finch Party machen bzw. warteten dort auf den Tages Late Night Special Apache 207, so dass es leider recht übersichtlich vor der Bühne war. Das hielt die Schweden allerdings nicht von einer soliden Show ab. So endete der erste Tag des diesjährigen Rock am Ring – morgen geht es bei besten Wetteraussichten weiter.
02. Light the Shortening Fuse
03. Rational Gaze
04. The Hurt That Finds You First
05. Ligature Marks
06. Born in Dissonance
07. Mind’s Mirrors
08. In Death – Is Life
09. In Death – Is Death
10. The Abysmal Eye
11. Demiurge
12. Future Breed Machine
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