KATATONIA – Sky Void Of Stars

KATATONIA - Sky Void Of Stars
Katatonia Sky Void Of Stars
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9 Gesamtnote

9

Nachdem Katatonia vor einigen Jahren eine kreative Pause eingelegt haben, wollten sie beflügelt vom Erfolg ihres letzten Albums gestärkt und motiviert durchstarten. City Burials landete erstmalig in der über 30-jährigen Geschichte ihres schöpferischen Daseins mit einem beachtlichen 6. Platz in den deutschen Album Charts. Doch das Schicksal hatte uns allen zunächst eine andere Karte ausgespielt. Bitter ausgebremst von der Pandemie, stieß die Band stattdessen erstmal auf innere Leere. Eines Tages begann Sänger Jonas Renske dann aber doch damit, neues Material zu schreiben. Quasi im Alleingang stellte er die Weichen für das 12. Album der Schweden. 2022 entschieden sich Katatonia außerdem zu einem Labelwechsel und unterschrieben einen Vertrag mit Napalm Records. Nun liegt uns das neue Werk vor. Überzeugt das Quintett erneut mit seinem Progressive Dark Metal samt Doom Anleihen und einer wohldosierten Portion Rock?

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Zunächst empfehle ich, Sky Avoid Of Stars ein wenig Zeit einzuräumen. Solch ein Album entsteht nicht innerhalb von zwei Tagen, da ist es nur fair, dem Silberling durchaus ein paar Runden im Laufwerk zu gestatten. Und diese Muße zahlt sich absolut aus. Immer mehr Titel erobern einen im Laufe der Zeit und selbst nach etlichen Durchgängen hat sich kein einzelner Track wund gespielt. Kennt ihr das Katatonia Gefühl? Man drückt auf Play und innerhalb weniger Sekunden entsteht diese Mischung aus Melancholie, Zerrissenheit aber auch ganz viel Wärme. Und wenn es einem als Band gelingt, solch ein Gefühl entstehen zu lassen und es über Jahrzehnte hinweg als Alleinstellungsmerkmal zu erhalten, hat man etwas wahrlich Besonderes erschaffen.

Betrachtet man das aktuelle Cover, erblickt man aufsteigende Raben in einem düsteren Stadtviertel. Spärliche Straßenlaternen erhellen die Hochhäuser in einer verregneten Nacht. Seitlich stapelt sich sperriger Müll und am Rand parkt ein einsames Auto. Licht und Dunkel geben schonmal einen direkten Hinweis auf die Stimmung des neuen Albums. Die Raben begleiten zudem seit jeher die Artworks der Band. Thematisch geht es um die Städte der Moderne, geprägt von den verhärteten Entwicklungen der Gesellschaft. Vor langer Zeit schlug man seine Wege anhand der Sterne ein. Sie navigierten einen durch die dunkle Nacht. Was geschah jedoch, wenn diese mal nicht zu sehen waren? Schnell verlor man jegliche Orientierung. Bassist Niklas Sandin verdeutlichte dies in einem Interview. Das Leben sei flüchtig und es sei nicht immer leicht, sich darin zurechtzufinden. Inspirierend war auch die Dunkelheit, mit der sich die Schweden in ihrem Land häufig arrangieren müssen.

Steigen wir doch mal in die einzelnen Song ein: Austerity wurde bereits aus Single-Auskopplung auf unsere Gemüter losgelassen. Diese kommt richtig heavy daher. Katatonia zeigen uns direkt zu Beginn, dass sie richtig Bock haben! Eine gewisse Sehnsucht nach der Rückkehr der Live-Konzerte kann man förmlich spüren. Das Katatonia Gefühl legt sich zudem direkt schützend um einen. Die Band hat einem im Laufe der Jahre durchaus einen musikalischen Hafen erschaffen. Direkt fühlt man sich zu Hause. Ein himmlisch schöner Refrain unterbricht den Schwermut und der Sound geht sogar direkt in die Beine.

KATATONIA - Austerity (Official Video) | Napalm Records

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Colossal Shade beginnt rockig. Als die Stimme von Jonas einsetzt mag, man direkt näher an die Boxen heranrutschen. Im Laufe des Songs baut sich eine gewisse Dramatik auf. Das rettende Tageslicht der Hoffnung wird rigoros ignoriert. Stattdessen schürt eine verführerische Stimme die Sehnsucht nach dem Untergang. Vernichtende Entschlossenheit macht sich breit. Just say the word. I’ll give up my final piece of freedom. Collapse my mind. I’m ready for the crowning blow. Come What may. I’m ready to enyjoy the treason.” Schon nimmt das Unheil seinen Lauf. Musikalisch wird diese Dystopie perfekt in Szene gesetzt. Der Track macht dazu richtig Laune.

Sobald Opaline erklingt, hat man bereits ein im Takt klatschendes Publikum vor dem inneren Auge. Auch hier stehen rockige Elemente im Vordergrund. Der Song ist eingängig und versprüht trotz der Lyrics, die von einer schmerzhaften Trennung handeln, einen positiven Vibe. Birds wird von einer zauberhaften Gitarrenmelodie eingeleitet. Treibende Drums gesellen sich hinzu. Der Refrain lädt zum Mitsingen ein “Is the heart brave enough yet? Uncover the skies and show me the birds. The birds, they rise. Premonitions of the other side.” Jonas erklärte hierzu die Bedeutung der Vögel genauer, stehen sie doch für den “Puls des Verfalls. Der unbesiegbare Drang zu enden.” Birds ist wie gemacht für die Bühne, die Fans werden sich mitreißen lassen und den Song selig aufnehmen. 

KATATONIA - Birds (Official Video) | Napalm Records

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Wesentlich bedrückender präsentiert sich Drab Moon. Aussichtslosigkeit setzt eine Abwärtsspirale in Gang, die durch finanzielle Mittel gestoppt werden könnte. Die Herzlosigkeit der Gesellschaft und die damit verbundenen, unüberwindbaren Grenzen werden hier in den an den Pranger gestellt. Musikalisch ist der Titel ruhiger und zurückhaltende. Dadurch kommen die trüben Lyrics besonders authentisch daher. Denn ein Happy End ist hier leider ausgeschlossen. Einzig die Liebe zur Musik scheint etwas Trost zu spenden. In Author begegnet uns die titelgebende Zeile des Albums. Jonas heller Gesang mutet gar verzweifelt bis zerbrechlich an. Heftige Riffs untermalen die bedrohliche Stimmung in diesem Song. Auf einen Gastsänger treffen wir beim Track Impermanence. Hierbei greift neben Jonas auch noch Joel Ekelhof von Soen zum Mikro. Zunächst verwöhnt uns ein wohltuendes Gitarrenintro. Beide Stimmen ergänzen sich vortrefflich. Voller Hingabe singen die beiden über die Vergänglichkeit des Lebens “Even if we try, we can’t live forever. I gave you my shards of sky, but we can barely see the reflection. We’ll just live to see the essence die.” Ausladende Gitarrenspiele erhalten zudem genügend Raum, um den Titel vielseitig zu gestalten. Sclera startet mit dumpf klingendem Gesang, als läge erstmeil ein Schleier über Jonas’ Stimme. Uns begegnet zunächst ein getragenes Tempo. Bittere Stimmung breitet sich aus. Für den Refrain nimmt der Song dann an Fahrt auf und entwickelt einen herrlichen Groove. Atrium wurde als erste Single auserkoren. Catchy und eingängig bahnt sich dieser Titel seinen Weg zu unseren Herzen. Ein hinreißender Refrain entlockt einem ein breites Grinsen. Obwohl es thematisch um eine toxische Beziehung geht, schwingt hier ein helles Gefühl mit.

KATATONIA - Atrium (Official Video) | Napalm Records

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Progressiv wird es dann mit No Beacon To Illuminate Our Fall. Ganze sechs Minuten toben sich Katatonia hier mit feinem Gitarren-Gefrickel aus. Auf unterschiedliche Art und Weise variiert Jonas hierzu mit seinen Gesang. Tempowechsel runden den Song ab. Klingen die Gitarren in dem einen Moment noch mächtig, während die Drums schneller werden, nimmt man sich dann auch schon wieder zurück und gibt sich verspielt. Und dieser Kontrast repräsentiert die Zerrissenheit der Lyrics ganz wunderbar “The more you hurt, the more I love you.” Die reguläre Edition des Albums endet bereits hier. Eine Deluxe Edition wartet mit einem weiteren Bonus Track auf. Oft lässt die Qualität eines solchen Extras nach. Absconder steht den übrigen Songs jedoch in nichts nach. Hier geht man auf den schützenden Aspekt der Dunkelheit ein, die es einem ermöglicht, Kraft zu schöpfen. Generell kommt der Titel düster daher, ohne jedoch an Tempo einzubüßen. Schwere Riffs treffen auf dramatische Synthies. Schwindende Kraft lässt den Protagonisten einen Blick zurückwerfen “All I Ever wanted was to make you smile again.” Ein fulminantes Finale!

Seit über 30 Jahren berühren Katatonia die Seelen ihrer Fans. Im Jahr 2023 ist ihnen dies erneut gelungen. Mich haben sie mit Sky Void Of Stars auch definitiv zum Lächeln gebracht. Denn selbst in der tiefsten Finsternis deprimieren einen die Schweden nicht, sie lassen immer Platz für Licht und Hoffnung, wenn nicht textlich, dann aber musikalisch. Somit empfindet man Sky Void Of Stars stets als heilsam. Hört man das Album am Stück, nimmt man all die fein ausstaffierten Stimmungen besonders intensiv wahr. Die Spieldauer von 50 Minuten vergeht wie im Flug. Dabei sind die Songs erfreulich abwechslungsreich und weder glatt noch zu progressiv. Den Schweden ist es gelungen, komplexe Parts harmonisch zu integrieren. Nach mehreren Durchläufen entdeckt man noch immer Neues, gerade im Hintergrund. Ob der Band nun ein erneuter Einstieg in die oberen Positionen der Album Charts gelingt? Ich wünsche es ihnen von Herzen. Mein Daumen geht deutlich nach oben. Nun gilt es, das taufrische Material auf die Bühnen dieser Welt hinauszutragen. Alle Informationen zu der bevorstehenden Tour haben wir hier für euch zusammengefasst. Wir werden auch bei einem Konzert vor Ort sein und über unsere Erlebnisse berichten. Aber bis dahin wird das Album noch einige weitere Runden in meinem Player drehen und mich in die Welt von Katatonia entführen.

Tracklist KATATONIA – Sky Void Of Stars

01. Austerity
02. Colossal Shade
03. Opaline
04. Birds
05. Drab Moon
06. Author
07. Impermanence
08. Sclera
09. Atrium
10. No Beacon To Illuminate Our Fall
11. Absconder (Bonus Track)

Weblinks KATATONIA:
Homepage: https://www.katatonia.com
Facebook: https://www.facebook.com/katatonia
Instagram: https://www.instagram.com/katatoniaband

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