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DIE NERVEN – Die Nerven

DIE NERVEN - Die Nerven

Was für eine Zeit zu leben

Und der deutsche Schäferhund guckt in debiler Erhabenheit von der quadratischen Hülle in die Welt: Mit ihrer fünften Studioplatte wuchtet das Trio Die Nerven zehn neue Songs auf den Markt. Mit ihrem selbstbetitelten, schwarzen Album kuratieren die Drei  Realität, arrangieren Gitarrenmelodien voran und drappieren Botschaften zwischen den Zeilen oder ins Gesicht – stets beeindruckend und mitreißend. Die Nerven wird ab 07. Oktober bereichern.

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Gegenwind

Den trägen Staub vor der eigenen Haustür wirbeln die ersten beiden Tracks Europa und Ich sterbe jeden Tag in Deutschland auf. Wird es so konkret mit den Raumbezeichnungen in den Songnamen, geht es unweigerlich politisch zu. Die Nerven frickeln glücklicherweise keine bedeutungsschwangere Agenda (die Krisen und Zustände sind ohnehin zu komplex), sondern pflocken Nadeln aus Zeitgeist in die genannten Landkartenumrisse. Als wispernde Zynismen oder vernichtende Parolen startet die Platte aufbrausend, energiestark. Längst verloren in repetitiven Melodielabyrinthe, zwischen frappierenden Trommeltreiben geht die flüchtige Nebenbei-Hör-Gewohnheit in volle Aufmerksamkeit über. Der wohlproduzierte Rammstein-Moment bejubelt in gewollter Größe das besungene Flammenmeer zum Ende Deutschlands. Weiter lauscht es sich gespannt dem Sprachbild von Keine Bewegung: Hinter den Gitarrenvorhängen, die hübsch ins Düster der Musik flattern, winden sich Lyrics durch den rasenden Stillstand der Gegenwart, durch persönliche Unsicherheiten, Unbeständigkeit, unsichtbare Wände und Grenzen durch die bemerkte Schnelllebigkeit der Gesellschaft. Es geht um Ansprüche und Hürden, mit den Buzzwords der Moderne bestimmt auch um das Ausgebranntsein und Leistungsgesellschaft, Beschleunigung und Entfremdung. Alles Konkrete vermutet sich nur hinter der Diffusität der reibenden Rhythmen und Gitarrenwänden. Alles reguliert sich selbst umspielt unbehagliche Gelassen-, bisweilen Machtlosigkeit, die das hibbelige Schrammeln der Musik unterläuft und den eingängigen Wort verfällt. Jene verhandeln die “kuratierte Realität”, die im wilden Wirbel des persönlichen Mikrokosmos, in der Wölbung zwischen den zwei beschränkenden Tellerrändern bisweilen zu bestaunen ist und ein ganz wohliges Gefühl hinterlassen vermag.

Drehtür des Lebens

Ganz egal rappelt am frischen Punkgefühl. Es wummert im Takt herrlich zappelbarer Impulse und lässt Gitarren flirren. Auf den Streicherschlieren gleitet Riegers kühle Stimmfarbe in Influencer-Träume: “Was für eine Zeit zu leben” singt der Charismatiker und Produzent. Längst rüttelte er den Zeitgeist wach, der selbstverloren in leisen Tönen oder drängenden Worten spukt – je nach dem, was die drei Musiker gerade bewegt. Das Dröhnen des Songs Der Erde gleich pinselt einen musikalischen Sonnenuntergang aus warmen, vereinnahmenden Melodien. Die Nerven brodelt nun in wohligen, erfüllenden Tiefen, bis druckvolle Nachtenergie die besungenen Neuanfänge überstülpt. Diese wohlige Eingängigkeit lädt zum versinken ein. Das pulsierende, rhythmische Drohen bäumt sich während des Countdown von 15 Sekunden auf, der sich in Ekstase und Gitarrenüberfluss entlädt. Die Instrumentenstimmen verweben sich, die Gesänge werden zarter, klarer. Neue Lichter und Irritation schillern am Klanghimmel von Ein Tag. Resonanzträume bebildern das Musikdunkel. “Der Tod läuft nicht gut auf Instagram” raunt Rieger für 180° während des einprägsamen Finales. Die Nerven geht im züngelnden Gitarrengewirr und lodernden Rhythmus auf. Zurück bleibt ein hauchendes Pianosäuseln. On Repeat.

Um auf den Punk zu kommen, um irgendeine Gegenwartsrelevanz in der Welt aus blickdichter Individualität, aus Debatten und Nischen, das Kontra allen Übels zu entdecken, schafft Die Nerven nachdrückliche Worte. Angetrieben vom Wind der noisy Gitarrenstürme und den verhängnisvollen Drums bündeln sich die unbändigen Energien des Trios. Sie finden die richtigen Töne für eine elektrisierte Subkultur, den drängenden Zeitgeist, der gegenwärtig gar keine Ruhe zwischen Feelgood-Fassaden finden kann.

Die letzte Rockband Europas

Die Gruppe Die Nerven fand sich 2010 in Esslingen und ist zur Zeit dort, wo Popkultur entsteht: Im Kunstkollektiv, zwischen dem Gitarrenwummern auf der vernebelten Bühne nebenan oder als Teil der Produktion von Albumcharterfolgen. Julian Knoth, Kevin Kuhn und Max Rieger hieven ihre jeweiligen Inspirationen, Klänge und Musikgeschichten in das irre Konglomerat aus Eifer, Lust und Wut. Die Nerven ist das Trio, das die wabernden Postpunkwellen schlägt, die in den letzten Jahren über den deutschsprachigen Raum schwappen. Das fünfte und selbstbetitelte Studioalbum ist die frische Schaumkrone auf dem Meer, ach, sie sind der reißende Strom der musikalischen Gegenwart Gut-Gekleideter.

Tracklist DIE NERVEN – Die Nerven

01. Europa
02. Ich sterbe jeden Tag in Deutschland
03. Keine Bewegung
04. Alles reguliert sich selbst
05. Ganz egal
06. Ein Influencer weint sich in den Schlaf
07. Der Erde gleich
08. 15 Sekunden
09. Ein Tag
10. 180°

DIE NERVEN 100 MILLIARDEN DEZIBEL Tour 2022

13.10.2022 Jena, Kassablanca
14.10.2022 Bielefeld, Forum
15.10.2022 Köln, Gebäude 9
19.10.2022 Rostock, Mau Club
20.10.2022 Magdeburg, Kulturzentrum Moritzhof
21.10.2022 Berlin, Huxley’s Neue Welt
23.10.2022 Dresden, Groovestation
26.10.2022 Bremen, Tower
27.10.2022 Hannover, Bei Chéz Heinz
28.10.2022 Flensburg, Volksbad
02.11.2022 Augsburg, Kantine
03.11.2022 Erlangen, E-Werk
04.11.2022 Chemnitz, Atomino
05.11.2022 Leipzig, Conne Island
09.11.2022 Marburg, KFZ
10.11.2022 Mannheim, Forum
11.11.2022 Basel, Kaserne (CH)
12.11.2022 Zürich, Bogen F (CH)
13.11.2022 Freiburg, Waldsee
14.11.2022 Wiesbaden, Schlachthof
15.11.2022 Stuttgart, LKA Longhorn
16.11.2022 Ulm, Roxy
17.11.2022 München, Backstage
22.11.2022 Regensburg, Alte Mälzerei
23.11.2022 Wien, Grelle Forelle (AT)
24.11.2022 Salzburg, Arge (AT)
26.11.2022 Koblenz, Circus Maximus
29.11.2022 Hamburg, Uebel & Gefährlich
30.11.2022 Münster, Gleis 22
01.12.2022 Groningen, Vera (NL)
02.12.2022 Amsterdam, Melkweg (NL)
03.12.2022 Rotterdam, V11 (NL)
04.12.2022 Arnhem, Luxor Live (NL)
08.12.2022 Kopenhagen, Loppen (DK)

Weblinks DIE NERVEN

Bandcamp: https://dienerven.bandcamp.com
Facebook: http://www.facebook.com/deinemutteralter
Instagram: https://www.instagram.com/dienerven/
Spotify: https://spoti.fi/2MG7SXA
Youtube: http://www.youtube.com/user/nomercyforbobross

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