Auf geht’s in Runde 2 – dachte man sich morgens nach dem Aufstehen. Der Freitag steckte zwar noch in den Knochen, aber nichts, was ein ordentliches Frühstück und eine frische Dusche nicht richten könnten. Zudem war auch die Spannung auf den vor einem liegenden Festivaltag zu groß, ging es doch bereits zeitig los und versprach abwechslungsreiches Programm bis in die Nacht hinein. In diesem Sinne hieß es: Schnell den Kaffee austrinken und auf den Weg zum Gelände machen, denn mit dem ersten Act um 11:20 Uhr war beinah schon Eile geboten.
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Aber dass sich das frühe Aufbrechen lohnen sollte, bewiesen Neun Welten mit ihrem Auftritt auf der Kulturbühne. War die Besucherzahl am Anfang des Sets noch überschaubar, so kamen während des Auftritts zunehmend mehr Zuschauer und genossen die Klänge in der frühen Spätsommersonne. Obgleich man Neun Welten eher im Dark Folk verortet, funktionierte es auch zu früher Stunde in diesem naturnahen Ambiente sehr gut, was die Band hier folkig und im ruhigen Gewand spielte. Mystische Folk-Klänge mit Streichern untermalt, in denen man sich gut fallen lassen konnte begegneten mit Stücken wie Drowning und Cursed und man nahm auch gar nicht so wirklich wahr, dass die Arrangements der Band insgesamt verhältnismäßig langer Natur sind und schon mal an die sechs Minuten gehen. Man wunderte sich eher, dass der Auftritt nach fünf Stücken schon vorbei war, weil die kurze Spielzeit zusätzlich noch sehr kurzweilig war. Ein sehr schöner Start in den Tag!
02. Cursed
03. Lorn
04. Valg
05. The Dying Swan
Nun ging auch auf der Parkbühne das Programm los und animierte dazu, die (kurze) Nacht aus den Gelenken zu schütteln. Kadeadkas eröffneten hier und die Kölner entpuppten sich als eine weitere erfreuliche Neuentdeckung des Wochenendes. Ihre Interpretation von düsterer Rockmusik vereint Post-Punk-Sound der frühen 80er mit Psychedelic der frühen 70er und gibt dem Ganzen dazu eine eingängige Note. Stücke wie Gdje da idem gingen früh in die Vollen und sorgten für Bewegung. Apropos Bewegung: Da die Parkbühne relativ zentral zwischen den anderen Bühnen liegt, gab es naturgemäß viel Durchgangsverkehr. Kadeadkas konnten gut davon profitieren, denn es lud ein, auch mal stehenzubleiben. Bis hin zum Abschluss bis Warpaint boten Kadeadkas ein gutes Programm und weckten den Wunsch, dass dies nicht der letzte Auftritt bleiben mag, den man von der Band gesehen hat.
02. Gdje da idem
03. Illusive dreams
04. Don`t waste my love
05. Free money
06. Just a dream
07. Warning
08. Fire
09. Warpaint
Waren die vorherigen Acts noch jeweils „konkurrenzlos“ unterwegs, gab es ab 12:20 Uhr bereits die Qual der Wahl. Eklipse lockten auf der Kulturbühne, Piston Damp wiederum eröffneten an diesem Tag die Amphibühne. Ein Act, der neugierig machte. Zum einen ist es erst der zweite Deutschland-Auftritt gewesen, zum anderen sah man nicht rein zufällig Zuschauer mit Apoptygma Berzerk-Shirts zu dieser Show, sondern eben, weil Jonas Groth der Bruder von Stephan Groth ist. Das gibt ihm sicher Vorschusslorbeeren, man spürt es aber auch im Sound. Die Ähnlichkeiten sind da, aber auch eine eigene Piston Damp-Handschrift. Die sorgte mit Stücken wie Making The World Great Again auch direkt für gute Laune und Bewegung im weiten Rund der Amphi-Bühne. Mit einem sympathischen Auftritt in Duo-Besetzung ist der Einstand hierzulande eindeutig als gelungen zu werten. Loose Ends, Hearts On Fire, das Set wirkte rund und kam gut an, sodass auch manch einer nach der Show den Weg zum Merchandise antrat, um nach Piston Damp-Artikel zu schauen.
02. Making The World Great Again
03. SIM
04. Loose Ends
05. Depth Of Your Eyes
06. Testimony (Hybrid Version)
07. Don’t
08. Factor Out
09. Hearts On Fire
10. Runaway
11. Sacred Secret (Attitude Remix)
Nach Piston Damp endete der erste Rundgang des Tages, wenn man so will, denn mit The Saint Paul war nun (parallel zu Instant Lake auf der Parkbühne) die vierte Band des Tages an die Reihe und gleichermaßen mit der Waldbühne auch die vierte Bühne. Wobei man sich auch beim Blick auf die Uhr einigermaßen überrascht die Augen rieb: Es war gerade 13 Uhr und man sah schon die vierte Band. Und dazu auch noch die vierte gute Band, denn The Saint Paul machten hier keine Ausnahme. Grob zu verorten im Electro-Synth-Pop bot das Trio hier einen guten Mix aus Eingängigkeit und härteren Momenten. Eine Nummer wie Be a Rebel bspw. legt den Fokus sehr auf Tanzbarkeit und geht mit melancholischem Touch nach vorne, das folgende Come with me hingegen legt in Sachen Beats einen härteren Maßstab an. Diese Mischung kam gut an und sorgte auch auf dem großen Gelände der Waldbühne für gefüllte Reihen.
01. Triage
02. Black Rain
03. Superficial
04. Blood Donation
05. Be a Rebel (feat. JP)
06. Come with me
07. Melancholy of the Sun
08. Neon Light
09. Rise and Fall
Der Tag war in vollem Gange und es boten sich äußerst viele Möglichkeiten. Direkt nach The Saint Paul gab es This Can Hurt und Mono No Aware zu sehen, auf der Lesebühne konnten diverse Lesungen verfolgt werden, Alice Gift und In Mitra Medusa Inri traten auf und auch Der Arbeiter und Torul gaben sich parallel auf den jeweiligen Bühnen die Ehre. Die Sache mit den Überschneidungen kann auch echt schmerzhaft werden, wie man erneut merkte, als die geschätzten Whispers In The Shadow parallel zu Nichts auftraten. Letztere spielten auf der Parkbühne und auch, wenn die Besetzung längst nicht mehr die originale ist, lebt der Geist von Nichts und den dazugehörigen Stücken auch in der aktuellen Besetzung mit Nina H. am Gesang weiter. Klassiker wie Hallo Kartoffelsalat oder natürlich der Tango 2000 müssen sich auch mit ihr nicht verstecken. Generell merkte man allen in der Band an, wie viel Spaß ihnen das Live-Spielen vor einem derart dankbaren Publikum bereitet, sodass mit Mauern Masken Maschinen zwar das Set endete, sie es aber weiterhin sichtlich genossen, hier beim NCN Festival zu sein, sodass sie sich auch nach der Show unter die Leute mischten.
02. Schwarze Gedanken
03. Allein zuhaus
04. Deutsches Lied
05. Hallo Kartoffelsalat
06. Nachts
07. Gottesanbeterin
08. Engel über Berlin
09. 10 Bier zu viel
10. Weiße Wände
11. Das Leben ist schön ohne dich
12. Tango 2000
13. Mauern Masken Maschinen
Am Übergang vom späten Nachmittag zum frühen Abend wurde es Zeit für MARS, die auf der Kulturbühne standen, während NZ auf der Amphibühne aufspielten. Die in Duo-Besetzung auftretende Formation spielte naturalistischen Neofolk mit Inspirationen aus US-Pagan-Folk und apokalyptischer Philosophie. Dieser US-Einfluss war durch die Nutzung der E-Gitarre anstelle der akustischen spürbar, die den Folk-Stücken gerne mal ein wenig das „Schnarren“ hinzugaben. Mit klaren Gitarrenlinien und eindringlichen Trommeln plus weiterer Perkussion ging es mal schneller, mal nachdenklicher zu und funktionierte auch als Duo sehr gut. Zum einen war es natürlich vor allem die Musik selbst, zum anderen aber auch das sympathische Auftreten der Band selbst, die sich immer mal die Zeit für Ansagen nahm, die diesen Auftritt zu einer runden Sache machten. Ein Haken der Sache: Sie sprachen viel über CDs und LPs, die aktuell nicht am Merch zu erhalten waren. Aber dem gelungenen Abbruch tat dies keinen Abbruch und es würde einen schon wundern, wenn die Aufmerksamkeitsspanne auf MARS nicht den Heimweg überlegt. Die Scheiben kann man sich schließlich auch noch später zulegen.
01. Whispers
02. Icarus
03. Sacrifice
04. Dark River
05. The Pyres
06. The Rest of Your Hope
07. Lore of the Seeker
08. Farewell to the Sun
09. Song of the Wolf Queen
10. A Thin Red Line
11. Blood is the Food of the Gods
12. Hunters
Der Tag schritt fort, 18:30 Uhr hatte man die Wahl zwischen Diorama auf der Amphibühne und A Projection auf der Parkbühne. Letztere belegten dabei klar, dass sie dem Status der „Underground-Sensation“ inzwischen längst entwachsen sind. Nicht nur, weil der Platz im Zeitplan prominenter ist als in manch anderem Jahr, sondern auch durch die vielen Zuschauer, die sie inzwischen zogen. Und natürlich durch die Qualität, die dem Ganzen innewohnt, was sie da spielen. Die Vorlieben für Post-Punk und New Wave sowie die Begeisterung für Acts der Marke Joy Division ist nichts, wo sie einen Hehl draus machen würden, vielmehr leben sie es. Stücke wie No Control, Transition, No Light und wie sie alle heißen haben eine gute Kombination aus Tempo und Gefühl, Melancholie spricht immer wieder aus ihnen raus, dazu kommt eine Band, die sichtlich mit Herzblut dabei ist. Mit all diesen Zutaten gelang A Projection ein Set, das eine Stunde lang ohne Durchhänger auskam. Sehr gut!
02. No Control
03. Transition
04. Hands
05. Laughing Garden
06. Breach
07. Lucy Shrine
08. Dark City
09. Substitute
10. No Light
11. I’m not here
12. Darwin’s Eden
13. Something Whole
14. Exit
Das muntere Bühnenwechseln, das sich bereits durch den Tag zog, ging munter weiter, den zum Verschnaufen blieb nicht viel Zeit. Ob Dive oder SITD: Dieser Abend war prominent besetzt und stellte einen beständig vor die Wahl. Die in diesem Fall auf SITD fiel. Vor einer gut gefüllten Amphibühne fand die Show viel Zuspruch und es fiel schnell auf, wie viele Stücke die Band inzwischen auch in den Clubs und Playlisten etabliert hat. Titel wie Lebensborn konnten so schon früh gespielt werden und es musste sich keine Sorge gemacht werden, dass bei dem harten und doch melodiösen Elektro-Sound der Spannungsbogen an irgendeiner Stelle abreißen sollte. Nein, dieser wurde bis zum Richtfest konsequent oben gehalten. Und auch darüber hinaus, denn ein Stück fehlte natürlich noch, bevor die Band die Bühne verlassen konnte: Der Evergreen Snuff Machinery setzte den Schlusspunkt eines gelungenen Sets.
01. God’s Blessing
02. Lebensborn
03. Code Red
04. Cicatrix
05. Kreuzgang
06. Autoaggression
07. Olymp
08. Genesis
09. Rot
10. Greather Heights
11. Richtfest
12. Snuff Machinery
Wer sich am Vortag geärgert hat, dass Henric de la Cour verschoben werden musste, konnte nun auf seine Kosten kommen, denn für ihn hatte man noch einen Platz auf der Kulturbühne eingeräumt, für alle anderen änderte sich nichts. Wie geplant, spielten Black Nail Cabaret um 21:00 Uhr auf der Parkbühne, ebenfalls betraten Girls Under Glass die Waldbühne und hatten bereits ein gespanntes Publikum dort versammelt, als sie mit dem Intro Backdraft Short das Set eröffneten, mit dem sie einen großen Bogen spannten durch die verschiedenen Stationen ihrer Laufbahn. Da ist z.B. eine Nummer wie Some Kind Of Stranger, die wavig angehauchten Gothic Rock aus der Mitte der 80er ins Jetzt bringt, eine Coverversion von Madonnas Frozen, die auch über 20 Jahre nach ihrer Veröffentlichung nichts von ihrer Qualität eingebüßt hat oder eben ein Ohne Dich, das mit druckvoller Gitarre nach vorne geht: Das geht hier alles gut Hand in Hand miteinander und macht allen Beteiligten sichtlich Freude.
02. Nightkiss
03. Endless Nights
04. Never Go
05. When I Think About You
06. Some Kind Of Stranger
07. Dream Yourself Away
08. Showtime
09. Reach For The Stars
10. Eiskalt
11. Frozen (Madonna Cover)
12. Ohne Dich
13. Lucky
14. Body Electric
15. Du Tier
Es war der Moment erreicht, wo sich das Geschehen wieder auf eine einzige Bühne verlagerte. Zeit für einen Headliner! Mit Midge Ure hat man beim NCN Festival mal wieder das ganz große Besteck aufgefahren und jemanden verpflichtet, der ein gewaltiges Renommee mit sich bringt, sowohl solo als vor allem auch mit Ultravox. Um 22:50 Uhr ging das Bühnenlicht an und Midge Ure legte samt Band los, spielte zunächst einmal zum Warmwerden poppige Nummern wie Dear God aus seinem Solo-Repertoire, kam aber früh im Set auch schon zu Fade to Grey. Kennt man eher von Visage, geschrieben aber eigentlich von Midge Ure, der sich vielseitig präsentierte und nach und nach immer mehr in Richtung Hits ging. Die zweite Hälfte bestand dann im Grunde nahezu nur noch aus ebendiesen und man wunderte sich, wie viele große Nummern dieser Mann bereits veröffentlicht hatte. Von If I Was zum schmachtenden Vienna und über die Hymn weiter zum 80s-Pop-Klassiker Dancing With Tears In My Eyes ging die Reise und das Publikum zeigte sich äußerst textsicher. Mit One Small Day endete dann ein Set, das die Headliner-Position ganz eindeutig mehr als verdient hatte.
02. Dear God
03. Death in the Afternoon
04. Fade to Grey
05. Passing Strangers
06. New Europeans
07. Supernatural
08. All stood still
09. If I was
10. Vienna
11. Loves Great Adventure
12. Hymn
13. The Voice
14. Dancing with Tears in my Eyes
15. One Small Day
Wer für diesen Tag noch nicht genug hatte: Um 00:20 Uhr gab es noch ein hochkarätiges Mitternachtsspecial: Bon Harris von Nitzer Ebb spielte eine exklusive Performance seines Projekts Songs from the Lemon Tree. Eine Gelegenheit, die man auch nicht alle Tage hat und somit auch ein Markenzeichen des NCN Festivals einmal mehr mit herausstellte: Das Festival ist immer für Überraschungen und seltene Erlebnisse zu haben.
Anschließend endete der Festivalsamstag und es war an der Zeit, den Abend ausklingen zu lassen und noch einmal letzte Reserven für den folgenden Sonntag zu sammeln, denn auch der letzte Festivaltag sollte noch einmal einiges zu bieten haben.