… wenn du eine Sonne siehst, lauf ihr entgegen … so ploppte es Mitte letzten Jahres bereits aus der überfröhlichen Single e-scooter deine Liebe!, mit der Empfehlung immer einen Schritt schneller als die Depression zu sein. Ein Happysong von PeterLicht, mitten im Lockdown, straight into the face der Pandemie. Ein Lied wie ein stimmungsaufhellendes Medikament, das Wolken schiebt, um Blicke abseits der Scheiße zu ermöglichen. Es hat gewirkt, ich sehe mich bei seltsamen Nachtspaziergängen, dieses Lied im Kopfhörer, taumelnd tanzen, kurzfristig alles egal.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Eine immer komplexer und schwerer zu verstehende Welt benötigt auch die dazugehörige Popmusik. Alles ist seltsam geworden und im Begriff immer seltsamer zu werden, Ausgang ungewiss. Welt am Abgrund, wir davor, jedes Individuum ein komplexes Sorgenmanifest. Und wir singen jetzt mal zusammen, denn: Wennde was hast, musste was nehmen! (Ibuprofen)
Nach erstem Hörgang erscheint mir Beton und Ibuprofen wie ein gut arrangierter Befindlichkeitsroman in 11 Kapiteln, in dessen Verlauf man dem sprechenden Helden in vielen Zuständen, nie aber konkreten Haltungen begegnet. Es ist Platz für Wut, für Sentimentalität, für Demut und für fröhlichen Überschwang. Für mich das Faszinierendste an jedem PeterLicht Album, die großen, schönen Lücken zum Selberdenken und Selberfühlen. Die aufgeschichtete Emotion begegnet uns und will, dass wir uns ihr stellen. Musik, die bestenfalls in einem arbeitet.
Die hier abgehandelte enorme textliche Bandbreite erkennt man schon am Titel: Beton und Ibuprofen. Die Härte, die Bausubstanz, das Graue, das Unumschubsbare steht der Heilung, der Reinigung und der Verbesserung der eigenen Möglichkeiten gegenüber. Man vergleicht auch die persönliche Krise mit der, von der PeterLicht erzählt. Man wird herausgefordert, seine eigenen Survivalstrategien zu überdenken. Nimm doch nochn Ibuprofenchen!
Musikalisch bietet PeterLicht uns, wie bei fast jedem seiner Alben, allerlei aus derzeitigen, vergangenen, stellenweise sogar aus zukünftigen, neu-erfundenen Popwelten an. Was dabei nie abbricht, ist die laszive Eleganz, mit der dieses Album voranschreitet, wie beim angenehm neworderhaften in Die Technik wird uns retten, beim fast chansonesquen Wenn du traurig bist, bis hin zum rumpelpunkigen Zwischenspiel bei Beton. PeterLicht versteht es wie kaum ein zweiter in der deutschsprachigen Poplandschaft eine ästhetische Selbstinszenierung anzubieten, die niemals auch nur annähernd die Peinlichkeit streift und sowas von in der absoluten Moderne stattfindet (inkl. Autotune).
Beton und Ibuprofen ist Weltflucht bei gleichzeitiger Weltkonfrontation. Es ist keine Kunst, die man für irgendwelche Zwecke instrumentalisieren kann, sonst wäre es platte Propaganda. Die neuen Lieder von PeterLicht genügen nie sich selbst, sondern sie gewinnen an Bedeutung, wenn man sie der Welt, in der wir alle leben, gegenüberstellt. Das Politische ragt immer ins Persönliche und während das Persönliche sich um das Politische rankt, existiert nichts davon ohne das jeweils andere. Was ich immer wieder heraushöre ist die Überforderung mit den Mechanismen einer hochtechnisierten Superwelt, an deren Geschwindigkeit und ausgedachter Wichtigkeit man immer wieder scheitert und dann vielleicht Medikamente benötigt. Letztendlich auch ein Album mit Trosteffekt. Und das finde ich wunderschön.
Tracklist PETER LICHT – Beton & Ibuprofen
01.Wenn Du traurig bist
02. Die Technik wir uns retten
03. Ibuprofen
04. Dämonen
05. Freunde
06. Die Sprache der Augen
07. Verloren
08. …e-scooter Deine Liebe
09. Beton ist schweres Thema
10. Lost Lost Lost World
11. Die Sprache der Enden
Weblinks PETER LICHT:
Homepage: https://www.peterlicht.de
Bandcamp: https://peter-licht.bandcamp.com/album/beton-und-ibuprofen
Facebook: https://www.facebook.com/PeterLichtMusik/
Instagram: https://www.instagram.com/peterlichtofficial/
Spotify: https://open.spotify.com/artist/0vr6IcFPFgjLKLUNPDlWmS?si=jj0n8_wLRUSLhFmX30-A6g