Wunderschöne Tristesse
Bohren & der Club of Gore sind die Meister des wohlplatzierten, tristen Entzückens. Wären Bohren eine Farbe, sie wären in vernebeltes Nachtblau gehüllt. Sie sind die Stimmung, die einem nach einer langen, verregneten Novembernacht auf dem trostlosen Parkplatz im Zwielicht eines langsam erwachenden Busbahnhofs in die Knochen kriecht: melancholisch, schwer, mit den subtilen Fesseln unterschwelliger Spannung.
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Wer Bohren hört, hat Zeit. Wer es live tut, hat eine Taschenlampe dabei (darf die aber nicht benutzen). Wer ein erklärter Fan der Band ist, schätzt die Dunkelheit, in der sich die eleganten Klangskulpturen in köstlicher Ruhe entblättern. Es bedeutet, sich in Geduld üben können. In jeder Hinsicht. Zwölf Jahre liegt Dolores zurück, sechs die Piano Nights – stimmt, eigentlich war es Zeit. Seit 2015 sind Bohren nur noch zu dritt und nun Patchouli Blue. Gibt es sonst noch Veränderungen? Schwer zu sagen. Wenn, dann sind sie eher akademischer Natur. Hier und da treten die analogen Synths von Morten Gass mehr als gewohnt in den Vordergrund (Patchouli Blue), wir treffen auf eine zurückhaltende Drum-Machine (Vergessen & Vorbei) und Reminiszenzen an John Carpenter (Tief Gesunken).
Patchouli Blue (der Titeltrack) duftet nach schweren Farben, die in dichtem Nebel verhallen würden, wäre der Sound nicht umhegt vom Klang des schmeichelnden Saxophons, der tupfenden Crime-Gitarre und des zart streichelenden Jazzbesens. Ein psychedelisch unaussprechliches Genießen, das den Augenblick neun Minuten lang in die Unendlichkeit dehnt. Aber was bedeutet bei Bohren schon Zeit? Sogar ein Knistern ist ein Ereignis. Das darauf folgende Stück Deine Kusine übt sich schon beinahe in heiterer Gelassenheit, wenn wir mit ihm in den letzten Takten ausswingen. Überhaupt schwebt das Saxophon von Christoph Clöser in vielen Tracks beinahe schwerelos.
Das Album beinhaltet elf Stücke bei ähnlicher Laufzeit wie Piano Nights. Knapp eine Stunde lang dürfen wir Patchouli Blue genießen. Und man hört es, die Männer werden konkreter – musste Überflüssiges bei Bohren stets dem Alleinstellungsmerkmal der Reduktion weichen, geht man beim neuen Album noch einen Schritt weiter. Die Effizienz der Langsamkeit; Langsamkeit ohne Längen. Schlagartig werden einem Arbeit, Überlegungen und Experimentierwut vor Augen geführt, die hinter jedem Track stecken. Sollen Es Doch Alle Wissen: Patchouli Blue ist schön.
Patchouli Blue erscheint in unterschiedlichen Formaten am 24. Januar bei [PIAS] Recordings.
Tracklist BOHREN & DER CLUB OF GORE – Patchouli Blue:
01. Total Falsch
02. Verwirrung Am Strand
03. Glaub Mir Kein Wort
04. Patchouli Blue
05. Deine Kusine
06. Vergessen & Vorbei
07. Sollen Es Doch Alle Wissen
08. Tief Gesunken
09. Zwei Herzen Aus Gold
10. Sag mir, Wie Lang
11. Meine Welt Ist Schön
Weblinks BOHREN & DER CLUB OF GORE:
Official: https://www.bohrenundderclubofgore.com
Facebook: https://www.facebook.com/bohrenofficial