SELIG spielt Selig - Markthalle Hamburg (12.05.2019)

Kinder, wie die Zeit doch vergeht. Da stehst Du im Hamburger Zillo, jung, lange Haare, musikalisch weltoffen und schaust Dir Deutschlands derzeit erfolgreichste Glam-Grunge-Rockband an, die ihr erstes, selbstbetiteltes Album auf die Bühne bringt. Fünf junge Männer, halbnackt, verschwitzt, mit abenteuerlichem Bodypainting beschmiert. Der Sänger ist laut, schwitzt wie ein Schwein, aber hat so viel Charisma, dass man seine Augen und Ohren nicht von ihm lassen kann. Als Erinnerung gibt es nichts – außer die in Kopf und Ohr. Diese Band steigt so schnell empor, dass den Jungs schwindelig wurde und sie dem kollektiven Bandkollaps erlegen sind. Eine kurze, aber heftige Karriere findet nach drei Alben einen plötzlichen Abbruch.

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Und nun? Nun stehen sie in der ausverkauften Hamburger Markthalle auf der Bühne und feiern mit ihrer „SELIG spielt Selig“-Tour das wohl größte deutsche Album der 90er-Jahre. Sie sind in die Jahre gekommen. Jan Plewka hat seine Haare mittlerweile gegen ein Cap eingetauscht, macht aber sonst eine verdammt gute Figur auf der Bühne. Ok, Leo am Bass ist im Vergleich zu damals etwas aus der Form geraten. Aber Stoppel (Schlagzeug) und erst recht Christian (Gitarre) scheinen nicht einen Tag gealtert zu sein. Einzig Malte ist auf dem langen Weg irgendwo verloren gegangen.

Es ist eine Zeitreise, die Selig auf dieser Tour starten und das Heimspiel in Hamburg ist ein ganz besonderes. Von den ersten Akkorden von Sie hat geschrien bis zum vorläufigen Ende mit Meinetwegen spielen Selig die erste Platte chronologisch durch und man hat das Gefühl, es dreht sich wieder die alte LP auf dem Plattenteller. Das Hamburger Publikum feiert den Abend gebührend und singt lautstark mit. Natürlich wird der wohl Selig-Überhit Ohne Dich besonders abgefeiert an diesem Abend. Wobei das eigentliche Highlight eher High ist, das Selig in einer ausgedehnten Version spielen, bei der besonders Christian beweist, dass er neben Jan das Zentrum von Selig darstellt. Das Talent, welches Christian von Anfang an schon unter Beweis stellt, ist bis zur Perfektion ausgereift. Ein Meister an den Saiten, der stellenweise Plewka tatsächlich ein wenig alt aussehen lässt.

Wobei: Das, was Jan Plewka an diesem Abend auf die Bühne bringt, ist Freude. Einfache Freude, dass es diese Band nach dem Kollaps noch gibt und dass es doch so viele von damals auch jetzt in die Markthalle geschafft haben. Plewka leidet, er lacht, er hüpft und springt und ich meine, nicht nur zeitweilig bei Leo Tränen der Rührung in den Augen zu sehen.

Ziemlich zu Beginn des Abends bittet Jan Plewka das Publikum, einen Abend wie 1994 zu erleben. Ohne Social Media und vor allem ohne Handys. Und siehe da, es wird ihm beschert. Kaum ein Handy, das mal in die Höhe gestreckt wird. Es scheint eher so, dass sich das Publikum bedingungslos darauf eingelassen hat und wirklich mit Auge und Ohr bei der Band war.

Vielen Dank dafür, mehr geht nicht!

Setlist SELIG, Markthalle Hamburg, 12.05.2019

01. Sie hat geschrien
02. Das Mädchen auf dem Dach
03. Wenn ich wollte
04. Tina
05. Die Besten
06. Glaub mir
07. Ja
08. Ohne Dich
09. High
10. Frei
11. Regenbogenleicht
12. Hey, Hey, Hey
13. Meinetwegen
14. Ist es wichtig (Z)
15. Schau schau (Z)
16. Von Ewigkeit zu Ewigkeit (Z)
17. Wir werden uns wiedersehn (ZZ)
18. Fadensonnen (ZZ)