Durch die Brille des Beobachters
Sechs Jahre nach Anastasis, ihrer sprichwörtlichen Auferstehung, erhalten wir von den Legenden der musikalischen Feinstofflichkeit Dionysus. Dead Can Dance bleiben dem Spirituellen treu. Sie bleiben bei der perfekt produzierter Weltmusik und nehmen hier auch wieder die kulturbeflissene Verarbeitungsposition des Beobachters ein, der von außen kommt.
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Bredan Perry ließ sich dieses Mal von verschiedenen Frühjahrs- und Erntefesten, ihren Riten und Ritualen rings um den Globus inspirieren. Wichtig war dabei nicht nur die Frage nach deren Ursprung, sondern auch wie viel von den vorchristlichen und vormuslimischen Bräuchen die Zeit überdauert hat. Und da es dabei sehr viel um Fruchtbarkeit, das Werden und das Ernten, die damit verbundene Freude und Ekstase geht, liegt der Titel des Albums, der gewissermaßen dem Stammvater des Ganzen gewidmet wurde, auch nicht besonders fern.
Zwei Jahre lang fuhr Perry um die Welt. Dort sammelte er Eindrücke, Instrumente, Tonaufnahmen und brachte auch allerlei andere Souvenire mit. Die Maske, die wir auf dem Cover sehen, stammt vom indigenen Volk der Huichol, das in den Sierra Madre Mountains in Mexiko lebt und neben dieser speziellen Art der Garnkunst auch noch für seine Heilriten und bewusstseinserweiternden Rituale bekannt ist. Die Aufnahmen beinhalten traditionelle Instrumente, wie die Daf (eine iranische Rahmentrommel) oder die Fujara (eine Slovakische Schäferflöte). Damit nicht genug, so nahm Perry beispielsweise auch eine Ziegenherde in der Schweiz auf, Bienenstöcke auf Neuseeland oder Vogelgesänge in Mexiko und Brasilien, um sie dann effektvoll auf das Album zu bannen. Ziel war es einen atmosphärischen, ja magischen Klang für den Hörer zu erschaffen, der jenseits aller Grenzen, sich auf das Naturalistische, das Spirituelle konzentriert. Dadurch sollte eine transzendente Verbindung jenseits aller Ländergrenzen geschaffen werden.
Das Album unterteilt sich in zwei Akte mit jeweils drei bzw. vier Sätzen. Act I beschreibt die Außenseiterstellung Dionysus als Gott einnimmt, als jener, der das Bewusstsein erweitert, als Gott des Rausches und der Trance. Act II führt uns zum Berg Nysa, den Ort seiner Geburt. Wir werden Zeugen seiner Anrufung, unserer spirituellen Weiterentwicklung und dem Leben nach dem Tod. Hier kommt mächtig was zusammen, denn Dionysus hat in der griechischen Mythologie nicht nur ziemlich viele Namen und Beinamen. Das geht bereits mit der Doppeldeutigkeit seiner göttlichen, wie menschlichen Herkunft los. An diese Namen knüpft sich auch sich auch ein wahres Sammelsurium an Funktionen und Sichtweisen dieses Gottes.
Ein bisschen kommt einem Perry innerhalb des Ganzen wie ein weitgereister Onkel vor, der mit breitkrempigem Hut die Koffer öffnet und seine Schätze präsentiert. Nur mit dem Unterschied, dass hier eine musikalische Komposition aus diesen Eindrücken entstanden ist. Die einzelnen Sätze haben dabei weniger den Charakter von Songs, sondern sind eher Puzzlestücke des Großen Ganzen. In ihrer Reichhaltigkeit und Vielschichtigkeit profitieren sie vom kompositorischen Können von Brendan Perry, das nun wirklich außer Frage stehen sollte. Wie immer scharrt er eine Vielzahl von Musikern um sich, die ihr Handwerk verstehen, weiß es Soundeffekte wirkungsvoll zu platzieren und alles auf allerhöchstem Niveau zu produzieren.
Insgesamt ist Dionysus ein allzu perfektes, durchgestyltes und damit auch etwas artifizielles Werk. Was man vermisst, ist das tiefe Gefühl, die Wahrhaftigkeit, die Haptik und der Geschmack. Man bekommt den Eindruck vertonter Postkarten: viele Eindrücke, schön anzuhören, aber irgendwie war man halt nicht dabei.
Dionysus ist am 2. November bei Pias Recordings erschienen.
Tracklist DEAD CAN DANCE – Dionysus:
Act I
01. Sea Borne
02. Liberator Of Minds
03. Dance Of The Bacchantes
Act II
04. The Mountain
05. The Invocation
06. The Forest
07. Psychopomp
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Weblinks DEAD CAN DANCE:
Official: https://www.deadcandance.com/
Facebook: https://www.facebook.com/DeadCanDanceOfficial/