BILLY BRAGG – Bridges Not Walls

BILLY BRAGG - Bridges Not Walls
Geschätzte Lesezeit: 3 Minute(n)

7 Musik

10 Message

8.5

Billy Bragg, der König des Protestsongs ist zurück nach seinem Ausflug in die Welt der historischen Eisenbahn. Mit Bridges Not Walls meldet er sich zurück an der Front der klaren Denker und sorgt für einen Rundumschlag gegen die größten Probleme unserer Zeit. In nur 6 Songs packt er die Verschmutzung unserer Umwelt, Intoleranz und Rassismus, Abschottung, Ungleichbehandlungen, die Beeinflussung durch Medien und Konzerne sowie den Brexit bei den Hörnern. Und startet dabei gleich beim Eröffnungstrack mit einer Zeile wie einem Orkan: „The sleep of reason produces monsters“! Die Welt hat sich in den letzten Jahren verändert, vermutlich geht das Ganze aber schon eine ganze Weile so und tritt nun erst überall spürbar zutage. Die zivilisierte Welt hat Angst und in solchen Situationen übernehmen die Emotionen die Kontrolle, der Verstand setzt aus und so kommt es zu den veränderten Machtgefügen, in denen ein Geschäftsmann, den viele zuvor trotz seines Reichtums belächelten, urplötzlich zum mächtigsten Mann der Welt gewählt wird. Natürlich, belächelt wird er zum Teil noch immer, allerdings ist sein Einfluss auf die Welt nun viel größer als der Schlag eines Schmetterlings.

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Die Welt verliert derweil den Überblick über das Große Ganze. Jeder zieht sich in sein Schneckenhaus zurück und zeigt bei der Schuldsuche nur auf die anderen, die Schwächeren. Und auch die, die sich bemühen etwas zu verändern, scheinen gegen Windmühlen zu kämpfen. „Wouldn’t it be wonderful if we could safe the world and all simply by collecting up tin cans and empty bottles” singt er in King Tide And The Sunny Day Flood und prangert dann die weitere Verwendung fossiler Brennstoffe als Hauptproblem an, das früher oder später jeden von uns betrifft, ganz so wie eine große Springflut, die irgendwann auch die höhergelegenen Gebiete erreichen wird. Wir müssen alle zusammenarbeiten und uns nicht durch den Bau von Mauern abschotten. Dieses Thema ist zentral auf dem neuen Mini-Album und zeigt, dass der Brite noch immer ein Auge auf den Zeitgeist besitzt. Dass hier Erinnerungen an seine Anfangstage aufkommen, liegt auch daran, dass seine Musik gewohnt roh und fragil zugleich daherkommt und der eigentlichen Message viel Raum zum Entfalten geboten wird.

Am deutlichsten wird seine Kritik am Hier und Jetzt in Not Everything That Counts Can Be Counted, in dem er sich mit Wertschätzung und den unterschiedlichen Chancen in der heutigen Zeit beschäftigt. Es zählen nur noch die Dinge, denen man einen monetären Wert zuordnen kann. Und bei Wertsteigerungen bleibt die Wahrheit immer als erstes auf der Strecke. Heute wird alleine das als Wahrheit begriffen, was die meisten Likes erhält, den größten Applaus für sich verbuchen kann. Die eigentliche Wahrheit ist dieser Tage aber leider oft nicht besonders attraktiv…

Doch damit nicht genug, denn last but not least muss sich ein britischer Protestsinger natürlich auch mit dem Brexit befassen und das macht Bragg in seiner unnachahmlichen Art in Full English Brexit. Er hält der Gesellschaft den Spiegel vor, zeigt wie sehr die Angst des Identitätsverlustes bei manchen die Realität verschwimmen lässt, so dass Menschen, die vom Grundsatz her genauso sind wie wir selbst, wegen einiger Unterschiede –und sei es nur der Kaffee- statt Teekonsum- als Gefahr angesehen werden. „Change is strange“ – und da wären wir wieder bei der eingangs erwähnten Angst. Seinerzeit feierte man (sich) noch als der Kalte Krieg beendet wurde, doch fühlt man sich nun bedrängt, weil man im Supermarkt ab und zu russische Unterhaltungen vernimmt. Ein Widerspruch, dem sich scheinbar kaum noch jemand stellen mag.

In nur knapp 23 Minuten gelingt es Billy Bragg wieder einmal, seine Hörer zum Nachdenken zu bringen. Natürlich sind die meisten Überlegungen hier nicht neu, aber so konzentriert und auf den Punkt werden sie nur selten gebracht. Aufgabe erfüllt Billy… weiter so!

Tracklist BILLY BRAGG – Bridges Not Walls:

01. The Sleep Of Reason 04:32
02. King Tide And The Sunny Day Flood 02:58
03. Why We Build The Wall 03:29
04. Saffiyah Smiles 03:32
05. Not Everything That Counts Can Be Counted 04:13
06. Full English Brexit

Termine BILLY BRAGG Tour 2017:

27.11.2017 Köln – Gloria-Theater
28.11.2017 Berlin – Heimathafen Neukölln
29.11.2017 Frankfurt – Batschkapp

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