Mit ihrem kürzlich veröffentlichten Debütalbum 4200 ließen Our Banshee die dunkle Electro-Szene kräftig aufhorchen. Das Duo, bestehend aus Stefan Böhm und Agi Taralas, freut sich nun auf erste Live-Auftritte in Deutschland. Über die Entstehung des Albums, Einflüsse und Zukunftspläne sprachen wir mit Sänger Agi.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Ihr seid ja schon beide recht lange im Geschäft, flogt aber für viele bislang immer ein wenig unter dem Radar. Könnt Ihr kurz skizzieren, welche Projekte es vor Our Banshee gab und wo diese musikalisch “zu Hause” waren?
Also als wir uns 1992 kennenlernten, war ich bereits mit einer Electro-Pop Band namens Cascade Falls unterwegs. Stefan wollte sich auch schon immer mit elektronischer Musik beschäftigen, wusste allerdings nicht genau, wo er ansetzen soll. Also haben wir ihn mit ins Boot geholt. Das hielt allerdings nicht lange, weil Stefan ziemlich schnell klar war, dass er andere Wege gehen will. Also ist er ausgestiegen und hat mit Leif Künzel (Mono No Aware) die Formation Kaanbalik gegründet.
Danach ging es für Stefan Schlag auf Schlag. Als Cascade Falls sich auflösten, hatte ich auch einige Gastauftritte für Kaanbalik. Als der Sound für Leif zu poppig wurde, stieg er dann aus und gründete Mono No Aware. Stefan startete mit Sina Hübner zunächst ein Noise-Projekt namens S.I.N.A, danach wurde mit Frank Klatt Pzychobitch draus. Beim zweiten Pzychobitch-Album war Frank dann ausgestiegen und Martin Kovacic (Ex-Cascade Falls) kam dazu. Stefan und Frank produzierten dann ein Demo, dass ich mit Remi Sziska aufnahm. Dabei haben wir festgestellt, dass wir eigentlich gut zusammenarbeiten und Stefan mehr als “nur Krach” machen kann. Nachdem zuerst Remi, dann Frank ausstieg, war eigentlich das Duo Stefan/Agi geboren. Aber damals haben wir nur mal hier, mal da etwas gemacht, wenn Zeit war.
Was war der Ansatzpunkt nach 25 Jahren Bekanntschaft/Freundschaft zu sagen: “So, wir gründen eine neue Band und machen jetzt ein Album zusammen?” Kam das aus spontaner Laune oder war das eigentlich schon länger geplant?
Naja, wie gerade recht ausführlich erklärt, haben wir eigentlich immer schon, mal mehr mal weniger, Musik zusammen gemacht. Da war der Entschluss eigentlich ein fließender Übergang. Wir fanden beide, dass es mal an der Zeit ist, was “Ernsthaftes” draus zu machen. Dabei war allerdings nicht abzusehen, ob wir ein Album produzieren, denn in erster Linie wollten wir mal wieder Musik zusammen machen. Der Entschluss, ein Album zu produzieren kam erst sehr viel später, so nach dem 8. – 9. Stück.
Du lebtest lange in Oberhausen und bist nun nach Athen gezogen. Warum dieser Schritt und wie lebt es sich aktuell dort? Gerade in der deutschen Presse wurde die Situation in Griechenland in den letzten Jahren ja nicht allzu positiv dargestellt …
Nun, nach Griechenland zu ziehen, hatte einige Gründe, die eher privat sind und ich denke nicht, dass die für irgendjemanden interessant sind. aber soviel kann ich sagen … das Wetter ist hier wesentlich besser. Ich verfolge auch die Medien und muss mich jedes mal wundern, was man den Leuten alles auftischen kann, und das auf beiden Seiten. Ich werde hier für niemanden Partei ergreifen und ganz sicher keine politischen Äußerungen machen.
Wie muss man sich eure musikalische Zusammenarbeit vorstellen? Läuft es wie bei anderen Acts, deren Mitwirkende weiter voneinander weg wohnen, sprich: vor allem über E-Mail-Kontakt/Facetime/Skype?
Genau so. Am Anfang haben wir sehr viel Zeit drauf vertan, den richtigen Weg zu finden, wie es am besten klappt. Darum hat es auch Jahre gedauert, die ersten Tracks fertig zu kriegen. Mittlerweile haben wir allerdings einen guten Weg gefunden, wie wir arbeiten. Das A und O dabei ist, dass unsere Systeme aufeinander abgestimmt sind, und jeder weiß, was er zu tun hat. Dabei ist sicher ein Riesenvorteil, dass wir uns so lange kennen. Wir müssen nicht lang schwafeln, um dem anderen klar zu machen, was der andere im Kopf hat.
Die absolut unverzichtbare Standardfrage an Acts, die Debütalben veröffentlichen: Wer sind Eure musikalischen Vorbilder, beziehungsweise die größten Einflüsse?
Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Wir sind beide in den 80ern/90ern groß geworden und wurden maßgeblich von den Bands der Zeit geprägt. Was den elektronischen Teil angeht, kann ich bei Kraftwerk anfangen, ein Ende gibt es nicht. Die Electro-Bands der 80er (Depeche Mode, New Order, Yazoo, usw.) waren ebenso maßgeblich, weil der Hang zur elektronischen Musik sehr schnell deutlich war. Die alternative Szene war damals noch komplett anders, aber ebenso interessant. Bis heute höre ich mit Vorliebe The Smiths oder New Model Army. Ich persönlich lege außerdem viel Wert auf guten Gesang, deswegen orientiere ich mich oft auch “außerhalb der Szene”. Also wir sind in unseren Geschmäckern nicht so einseitig, wie man im Allgemeinen annehmen würde. Bei mir im Auto findet man sogar eine gut sortierte Country-Collection 🙂
Man merkt beim Hören der Platte, dass Ihr sehr um Abwechslung bemüht wart. Es geht durch viele Teilbereiche elektronischer Musik. Ab und an hört man aber auch Gitarren (bei Hope & Despair sogar ein Solo) und bei B2B eine Spieluhr. Wolltet Ihr Euch so bewusst ein wenig vom sonstigen “Synth-Pop-Einheitsbrei” abheben? Woher kommen diese Ideen?
Die Ideen kommen aus den erwähnten, vielschichtigen Geschmäckern. Man mag es sich kaum vorstellen, aber privat hört Stefan so gut wie gar nichts Elektronisches mehr, was man auch verstehen kann. Darum waren wir keineswegs bemüht, wie andere zu klingen. Das klingt auch irgendwie negativ, wie ich finde. Als wir mit den ersten Songs losgelegt hatten, haben wir weder ein Konzept festgelegt, noch wollten wir auf Teufel komm raus was “anderes” machen. Wir haben einfach einen Song nach dem anderen produziert und jeder Song ist individuell so gewachsen, wie er heute klingt. Dabei haben wir uns weder an Standards orientiert, noch haben wir uns Grenzen gesetzt. Wir haben jeden einzelnen Song als Individuum betrachtet und ich glaube, das macht das Album auch so besonders. Das Album ist für uns also nicht “unser Baby”, sondern eher “unsere zwölf Babies”.
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Ein deutscher Track steht auf 4200 elf englischsprachigen gegenüber. Viele Acts fürchten sich ja ein wenig vor der deutschen Sprache, weil sie häufig als zu intim oder vielleicht sogar kitschig rüberkommt. Wie haltet Ihr es damit?
Ich gebe zu, dass es wirklich nicht leicht war, einen deutschen Text zu schreiben. Weniger, weil es zu intim wäre, sondern eher, weil es sehr kompliziert ist, einen deutschen Song zu schreiben, der nicht nach Schlager klingt. Der Text hat mich auch fast drei Monate gekostet. Deswegen ziehe ich an dieser Stelle mal meinen Hut und machen einen Kniefall vor Peter Heppner, Steve Naghavi und Melotron, um nur ein paar zu nennen, die über die Jahre mit Bravour bewiesen haben, dass deutschsprachige Musik sehr wohl Tiefgang haben kann.
Song Nummer zwei heißt Deceivious. Hattet Ihr dabei jemand Bestimmtes im Hinterkopf?
Die Frage ist ein wenig irritierend für mich, denn grade Deceivious handelt nicht von einer einzelnen Person, so wie viele andere Titel, sondern ist eher an die “breite Masse” gerichtet. Ich hätte so eine Frage bei You Had It Comic, Wenn Die Erde Bebt und in jedem Fall bei Endless erwartet 🙂
Kommen wir zum Thema Live-Konzerte. Bislang ist ein Date geplant und zwar beim renommierten Planet Myer Day in Leipzig am 12. Januar. Was können Besucher davon erwarten, wie wird Euer Live-Set-Up aussehen?
Wir waren bisher noch nicht auf dem PMD, aber alle die schon mal da waren, werden mit Sicherheit zustimmen, dass da die Post abgehen wird. Ich habe das Line-Up gesehen und freue mich auch, mit den Leuten zusammen einen großartigen Abend zu verbringen und wir werden mit Sicherheit ein Riesenfass aufmachen. Für uns wird’s auch das erste Our Banshee-Konzert auf deutschem Boden sein. Wer nicht dabei ist, ist selbst Schuld… 😉
Sind weitere Gigs/Festivals in Planung? Ist es nicht aufgrund der weit voneinander entfernten Wohnorte ein wenig schwer, für Konzerte zusammenzukommen?
Das ist es in der Tat, denn als “neue Band” muss man die Veranstalter schon davon überzeugen, dass wir die Anreise/Spesen wert sind. Einer von uns muss immer eingeflogen werden. Der nächste Gig ist aber bereits im Lauf, mit Solar Fake, am 24. Februar. Die Details werden hier noch ausgearbeitet.
Blick in die Zukunft: Was können wir von Our Banshee erwarten, wenn sich der Trubel um den Album-Release ein wenig gelegt hat?
Wir hoffen doch, dass sich der Trubel nicht so bald legt, aber ich kann soviel sagen: Das zweite Album hat bereits fundamentale Strukturen angenommen. Sieben Tracks sind bereits in Arbeit bis fertig. Ich kann nur sagen, wem 4200 gefällt, kann sich auf das nächste Album mehr als freuen.
Allgemeines zum Abschluss:
Ein aktuelles Album, dass Ihr unseren Lesern wärmstens empfehlen könnt:
Hier spreche ich mal nur für mich: Ich als diesen Mesh-Fan freue mich schon auf den nächsten Wurf aus deren Hause.
Ansonsten empfehle ich, aus dem Hause Dependent, mit ‘nem Gruss an die Herren Kollegen:
Lionhearts – std.
Ginger Snap5 – Against The Days
Fix8 Sed8 – Foren6
2nd Face – Nemesis
This Morn’ Omina – Kundalini Rising
Ein älteres Album, dass Ihr unseren Lesern wärmstens empfehlen könnt:
Persönliche All Time Favoritenliste:
Front Line Assembly – Echogenetic
Skinny Puppy – VIVIsect VI
Amnistia – Dawn
The Smiths – The World Won’t Listen
New Model Army – Thunder and Consolation
Eine Party-Location, die Ihr unseren Lesern wärmstens empfehlen könnt:
Wer mal in Athen so richtig Gas geben will, muss folgende Clubs besucht haben:
Second Skin
Dark Sun
Death Disco
Eine Location/ ein Festival, auf dem Ihr unbedingt mal live spielen wollt?
Alle! 😉
Weblinks OUR BANSHEE:
Official: https://www.ourbanshee.com
Facebook: https://www.facebook.com/ourbanshee.official/