Ab 12. September 2017 ist es soweit, dann startet in Deutschland die Tour eines ganz besonderen Theaterstücks durch deutsche Lande: “Horror – Ein atemberaubender Alptraum” nennt sich das Stück des Regisseurs Jakop Ahlbom, welches komplett ohne gesprochene Inhalte auskommt und nur durch Musik und Schauspiel für eine ganz besondere Atmosphäre sorgt. Wir hatten die Möglichkeit uns das besondere Werk Ende Mai in London anzusehen und uns am nächsten Tag mit Regisseur Jakop Ahlbom über Entstehung, Ziel- und Umsetzung dieser Theaterpremiere zu unterhalten.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Der Prozess dauerte mehr als 10 Jahre
Wie kam es zu der Idee für “Horror”? Sind Sie ein großer Fan des Genres?
Es war die Faszination für dieses Genre, denn schon seit meiner Teenagerzeit war ich begeistert von Horrorfilmen und nachdem ich meine Arbeit im Theater begann, fragte ich mich, ob es möglich sei, diese beiden Faszinationen miteinander zu vereinen. Bisher hatte ich so etwas noch nicht gesehen und mit einer Gruppe Kollegen begannen wir an dieser Idee zu arbeiten, mehr Action einzubringen und im Endeffekt dann tatsächlich im Horrorgenre auszukommen. Dieser Prozess dauerte insgesamt mehr als 10 Jahre!
Wow, das ist eine lange Zeit! Kommen wir zum Kern der Sache, welcher Aspekt an Horrorfilmen fasziniert Sie am meisten? Ist es eher die Spannung oder sind es die blutrünstigen Effekte?
Ich mag besonders das Spannungselement, aber auch die vielfältigen visuellen Möglichkeiten etwas zu kreieren. Wenn Stimmungen und Surreales in immer wieder neuen Facetten dargestellt werden, begeistert mich das. Realistisch aufgearbeitete Filme in denen Menschen gequält werden wirken auf mich weniger aufregend, wohingegen Filme, in denen vieles nur angedeutet wird und man spürt, dass da eine andere, verborgene Kraft wirkt, den Zuschauer mehr herausfordern und seine Vorstellungskraft anregen.
Wenn Sie das Stück mit wenigen Worten beschreiben müssten, welche wären das?
Das ist natürlich immer schwierig zu sagen…
…man arbeitet über 10 Jahre an einem Stück und dann kommt jemand daher und möchte das Ganze in wenigen Sekunden beschrieben haben…
Ich sollte mir eine Standardantwort überlegen *lach* Zumeist wird auf das offensichtliche Thema „Horror, Horror, Horror, Horror“ abgestellt, doch für mich ist es nicht nur ein Horror-Stück, sondern vor allem ein reguläres Theaterstück. Es geht um die Visualisierung der Angst und des Horrors eines kleinen Mädchens, das erneut mit den Erlebnissen einer dramatischen Familienerfahrung konfrontiert wird und sich in Folge dessen damit auseinandersetzen muss.
Haben Sie die Darsteller gecastet oder hatten Sie bereits diese Darsteller im Kopf als Sie das Stück entwickelten?
Die hatte ich tatsächlich schon, da wir bereits zusammen gearbeitet hatten. Ich gehöre zu den Menschen, die an den Menschen festhalten wenn es so gut passt. Bei „Horror“ ist es sogar erstmals so, dass ich mit all diesen Personen zusammengearbeitet habe, sonst ist es immer mal die eine oder andere Person plus ein paar neue Leute, aber dieses Mal waren es alles Vertraue, wobei wir heute ein paar Veränderungen vornehmen mussten, es war nicht das komplette Ensemble.
Das merkte man aber nicht wirklich, ich empfand die Besetzung als geradezu perfekt für die jeweilige Rolle und war wirklich beeindruckt, wie alles Hand in Hand zu funktionieren schien. Bei einer Filmproduktion kann man ja einfach unterbrechen und neu schneiden, aber hier muss jede Bewegungsfolge sitzen.
In der Tat, man kann nicht einen perfekten Mitschnitt machen und diesen immer wieder abspielen, sondern man muss es bei jeder Show neu aufführen. Und das war genau die Problemstellung: Wie bekommt man das umgesetzt und kann dies auf einer Theaterbühne, die eigentlich nur eine Szenerie darstellt, so arrangieren, dass man die Story in möglichst vielen, räumlich unterschiedlichen Bereichen ablaufen lassen kann. Die Szenen sind aneinandergereiht ohne dass ich etwas großartig verstecken kann. Sonst werden hierfür visuelle (Computer)-Effekte genutzt, die uns natürlich nicht zur Verfügung stehen. Beziehungsweise wir haben eine einzige technische Hilfe, denn die Leute in den hinteren Reihen können ja nicht sehen, was auf dem kleinen Fernseher gezeigt wird – das ist der Grund für die verwendete Leinwand in drei kleineren Szenen. Alles andere wird komplett live auf der Bühne dargestellt und wir haben ein paar kleinere Effekte um die Schauspieler dabei zu unterstützen was sie tun, ohne diese zu Sklaven der Technik zu machen.
Wer ist für die Special Effects verantwortlich, die nicht nur helfen, das Publikum ins Geschehen einzuführen, sondern auch dazu beitragen, dass das Stück ohne spürbare Unterbrechungen voranschreiten kann, obwohl sich die Schauplätze ändern? Durch diese schnellen Wechsel gelingt es ja sehr gut, die Spannung im Publikum aufrecht zu halten.
Die Ideen stammen ursprünglich von mir und ich habe darüber phantasiert, was man machen könnte, wenn alles möglich wäre. Später musste man dann schauen, was tatsächlich umsetzbar ist, auch wenn man das natürlich mit ein wenig Erfahrung schon zuvor im Hinterkopf hat. Die Umsetzung erfolgte dann in enger Kooperation mit einem Stage-Designer, der mich sehr bei technischen Problemlösungen unterstützte. Komplexere Dinge wie die Hände werden dann von einem Requisitenhersteller realisiert.
Wie kam es dazu, das Stück komplett ohne Dialoge zu arrangieren?
Ich bin in Holland zur „Mime-School“ gegangen, einer Schule für körperliches Theater. Dort wird nur sehr wenig auf Sprache gesetzt und ich bin seit frühester Kindheit an Tanz interessiert und habe mich daher auf das eher körperliche Theater verlegt. Ich bin kein Textschreiber, sondern konzentriere mich auf die visuellen, körperlichen Aspekte. Und diese Losgelöstheit von Sprachbarrieren ermöglicht es mir zudem, meine Stücke mit auf Tour in verschiedene Länder zu nehmen. Denn ich liebe es zu reisen.
Um etwas Besonderes zu sein, muss man nicht unbedingt anders sein, sondern man selbst.
Ist es heutzutage schwieriger, als Regisseur anders zu sein und sich von der Masse abzuheben?
Ich glaube nicht, dass ich überhaupt anders sein möchte. Um etwas Besonderes zu sein, muss man nicht unbedingt anders sein, sondern man selbst. Ich mache einfach das, was mich selbst fasziniert. Und das ist seit meiner Kindheit die Spannung/der Horror und wie man Dinge auf andere Wege darstellen kann. Ich habe immer viel von Magie gehalten, kam aber erst sehr spät damit in Berührung, lernte einen Magier kennen der mich anleitete und so erlernte ich das eine oder andere auch selbst. Doch ich wollte keine Magiershows arrangieren, sondern Theaterstücke in denen man magische Erfahrungen macht. Das ließ sich erst schwer umsetzen, weil niemand so etwas machen wollte, doch ich habe es immer wieder versucht und irgendwann konnte ich es dann doch und fand so meinen eigenen Weg.
Wie schwer war es jemanden zu finden, der bereit war, eine solche Idee wie „Horror“ zu unterstützen?
Ich denke, wenn ich einfach so versucht hätte, ein Theater für ein solches Stück zu finden, man hätte mich sofort abgelehnt. Doch ich besitze glücklicherweise eine eigene Firma in Holland und werde durch die Regierung unterstützt, so dass ich selbst entscheiden kann, was ich tue. Ich befinde mich also in einer echten Luxusposition.
Jeder Abend ist einzigartig
Welche Reaktionen wollen Sie beim Publikum hervorrufen? Wollen Sie dieses unterhalten, zum Nachdenken anregen oder gar erschrecken?
All dies. Unterhaltung ist kein schlimmes Wort und die Leute wollen auch unterhalten werden. Ich will es mal anders ausdrücken: Wenn man ausgeht, möchte man etwas erleben und möchte, dass dieses Erlebte etwas mit einem macht, es einen Eindruck hinterlässt. Ich möchte, dass das Stück den Leuten emotional etwas gibt, ganz egal ob durch etwas Dramatisches, das dich zum Weinen bringt oder etwas, das unbeschreiblich schön ist. Wichtig ist, dass es eine Erfahrung mit sich bringt. Ich möchte die Leute durch ihr Herz statt durch ihr Gehirn erreichen und sie dann erst dadurch zum Nachdenken anregen. Unterhaltung ist da ein wichtiger Bestandteil. Auch die Angst spielt bei einem Horrorstück natürlich eine wichtige Rolle und unsere Ankündigung baut natürlich auf dieser Emotion auf, doch jeder empfindet Dinge anders. Für die einen ist es gruselig, für die anderen nicht. Es gibt Leute die womöglich vor Angst flüchten, wohingegen ein paar andere sich vielleicht beschweren, dass es überhaupt nicht gruselig war. Ich kann nur mein Bestes geben es spannend und gruselig zu gestalten, aber es ist natürlich auch eine Live-Performance, die sehr vom Moment und dem Zusammenspiel aller Beteiligter abhängt. Und darum ist auch jeder Abend einzigartig, am nächsten Abend wird es niemals genauso sein. Wir bemühen uns stets, ein Gefühl von „alles kann passieren“ aufzubauen, so dass der Zuschauer interessiert bleibt und nicht weiß, was als nächstes passiert.
Was erwarten Sie von der Tour durch Deutschland? Erwarten Sie dort andere Reaktionen als hier in London?
Wir waren ja bereits in Hamburg und München und gerade das Publikum in München reagierte sehr direkt und spontan. In Hamburg war man zunächst ein wenig reservierter, doch in beiden Städten lief es wirklich gut. Die Reaktionen waren also ähnlich zu denen in London, zumal es ja auch ähnlich abläuft. Man hat bestimmte Vorstellungen was einen erwarten könnte und im Endeffekt ist es dann womöglich vollkommen anders und genau das macht den Reiz aus.
Musik und Sounds haben eine wichtige Rolle im Stück, mit wem haben Sie dabei zusammengearbeitet?
Dafür haben wir einen speziellen Sound-Designer, mit dem ich schon öfter zusammengearbeitet habe und der sich vollkommen auf Theaterstücke spezialisiert hat. Er erstellte eine Art Sound-Kollage, die genau auf die einzelnen Szenen abgestimmt ist.
Und welche Art Musik bevorzugen Sie persönlich?
Ich mag einfache Gitarrenrockmusik
Sie haben mich ja vorhin schon auf mein Joy Division inspiriertes Shirt angesprochen, also ist ihnen dies auch nicht ganz fremd?!
Ja, diese Art der Musik mag ich ebenfalls.
Gibt es etwas, auf das Sie besonders stolz sind im Bezug auf das Stück?
Ich kann da nicht wirklich etwas Spezielles herauspicken, denn ich sehe mich noch immer als kleinen Jungen aus Schweden und jetzt habe ich die Möglichkeit mein Stück 3 Wochen am Stück in London und später in anderen Ländern zu präsentieren ohne Kompromisse eingehen zu müssen. Und ich bin sehr stolz darauf, dass ich meinen Traum bis hierher verwirklichen konnte und bin sehr glücklich, dieses Privileg zu haben und mit so tollen Menschen zusammenarbeiten zu dürfen, ohne die dies alles nicht möglich gewesen wäre. Sie alle haben Anteil an diesem Stück.
Wird es eine Fortsetzung zu “Horror” geben?
Nein, ganz sicher nicht, denn ich sehe es wie Stanley Kubrick, eine Fortsetzung wäre zwangsläufig etwas Ähnliches und ich mag die Idee, immer wieder etwas komplett Neues zu erschaffen.
Vielen Dank für das interessante Gespräch, ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Träume.
Vielen Dank!
Termine HORROR – Live in Deutschland 2017:
12.09.2017 // 20:00 Uhr // Aegi // Hannover
13.09.2017 // 20:00 Uhr // Aegi // Hannover
14.09.2017 // 20:00 Uhr // Aegi // Hannover
15.09.2017 // 20:00 Uhr // Aegi // Hannover
16.09.2017 // 17:00 Uhr // Aegi // Hannover
16.09.2017 // 23:00 Uhr // Aegi // Hannover
19.09.2017 // 20:00 Uhr // Theaterhaus // Stuttgart
20.09.2017 // 20:00 Uhr // Theaterhaus // Stuttgart
21.09.2017 // 20:00 Uhr // Theaterhaus // Stuttgart
22.09.2017 // 20:00 Uhr // Theaterhaus // Stuttgart
23.09.2017 // 17:00 Uhr // Theaterhaus // Stuttgart
23.09.2017 // 23:00 Uhr // Theaterhaus // Stuttgart
24.09.2017 // 19:00 Uhr // Theaterhaus // Stuttgart
17.10.2017 // 20:00 Uhr // Museumsquartier – Halle E // Wien
18.10.2017 // 20:00 Uhr // Museumsquartier – Halle E // Wien
19.10.2017 // 20:00 Uhr // Museumsquartier – Halle E // Wien
20.10.2017 // 20:00 Uhr // Museumsquartier – Halle E // Wien
21.10.2017 // 17:00 Uhr // Museumsquartier – Halle E // Wien
21.10.2017 // 23:00 Uhr // Museumsquartier – Halle E // Wien
22.10.2017 // 19:00 Uhr // Museumsquartier – Halle E // Wien
24.10.2017 // 20:00 Uhr // Admiralspalast // Berlin
25.10.2017 // 20:00 Uhr // Admiralspalast // Berlin
26.10.2017 // 20:00 Uhr // Admiralspalast // Berlin
27.10.2017 // 20:00 Uhr // Admiralspalast // Berlin
28.10.2017 // 17:00 Uhr // Admiralspalast // Berlin
28.10.2017 // 23:00 Uhr // Admiralspalast // Berlin
29.10.2017 // 20:00 Uhr // Admiralspalast // Berlin
Das Bild- und Videomaterial wurde uns freundlicherweise von Semmel Concerts zur Verfügung gestellt.