Und mal wieder kann man eine Rezension zu einer Depeche Mode-Veröffentlichung mit dem bestens bekannten Songzitat “The grabbing hands grab all they can” begonnen werden. Nach mehreren älteren Videoclip-Sammlungen gibt es auf Video Singles Collection nun auch die Kurzfilme, welche im laufenden Jahrtausend auf den Markt gebracht wurden. Insgesamt 59 Clips befinden sich auf den drei DVDs. Natürlich schon eine beeindruckende Zahl, absolute Die-hard-Fans finden beim Blick auf die Tracklist aber direkt Gründe, ein wenig zu meckern: Die Videos zu Clean, Halo, Pimpf sowie der kultige Split Mix von Never Let Me Down Again fehlen und verbleiben weiterhin exklusiv auf den Strange und Strange Too-VHS-Kassetten. Chance verpasst.
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Auch Packaging, Aufmachung und Menuführung sind sicher nicht jedermanns Geschmack. Schnell Kratzer verursachende Stecktaschen für die DVDs, eine eher schlecht lesbare Tracklist sowie ein schwarz-buntes Booklet, welches außer Credits und allseits bekannten Fotos aus der Bandhistorie eigentlich nichts beinhaltet. Das Menü könnte zudem spartanischer nicht sein. Auch hier gilt: Chance verpasst.
Über Ton und Bild entbrannten kurz nach dem Release bereits erste heiße Diskussionen. Depeche Mode verzichteten darauf, die “alten Kamellen” zu stark zu überarbeiten. Heißt: Der ein oder andere meckert über die im Jahre 2016 nicht mehr zeitgemäße Technik, immerhin bleibt aber gerade der Charme der Songs und Videos aus den 80ern (Stichwort: Anton Corbijn!) so in vollem Umfang erhalten. Aber hätte es wirklich so viel Mehraufwand bedeutet, eine Blu-Ray zu veröffentlichen oder dem Ganzen zumindest eine 5.1-Tonspur hinzuzufügen?
Clips zwischen beeindruckender Ästhetik und lächerlichen Peinlichkeiten
Für Fans wirklich richtig interessant sind neben den vier bisher unveröffentlichten Videos in der Bonus-Sektion auch einige der Audiokommentare von Dave, Martin und Fletch. Auch diesbezüglich wäre allerdings noch viel Optimierungspotential vorhanden gewesen: Keine Untertitel, lediglich vier Kommentare zu den Videos auf der dritten DVD und wenn die Abwesenheit von Vince Clarke noch nachvollziehbar erscheint, da dieser schon nach Just Can’t Get Enough die Band verließ, fragt man sich: Warum durfte Alan Wilder nicht seinen verdienten Platz in dieser Sektion einnehmen? Es wäre durchaus von Interesse gewesen, zu erfahren, was der Sound-Magier nicht nur zu den zahlreichen legendären Clips der “Corbijn-Ära”, sondern zu einigen visuellen Totalverbrechen aus der Frühphase zu sagen hat. Denn insbesondere das, was vor Everything Counts veröffentlicht wurde, löst je nach eigenem Humor entweder Kopfschütteln oder Lachkrämpfe aus. Der junge Dave Gahan mit drolligen “Was mache ich eigentlich hier?”-Gesichtausdrücken in See You, mit Bauklötzen spielende Babys bei The Meaning Of Love, ein Regisseur, der nicht einmal weiß, wer der Sänger der Band ist (Get The Balance Right) und die pure Trash-Konzentration beim vielleicht schlechtesten und peinlichsten Musikvideo aller Zeiten Leave In Silence – einfach herrlich! So finden Gore, Gahan und Fletcher in ihren Kommentaren zu dieser Phase auch deutliche Worte (“just embarassing”). Manches Mal lösen die Meinungen der drei Ur-Mitglieder aber auch Kopfschütteln aus. Dave Gahan wollte vor dem Release von Playing The Angel unbedingt durchboxen, eigene Songs auf Depeche Mode-Alben zu releasen – nun wiederholt er mehrfach, das seinerzeit sogar als Single vermarktete Suffer Well überhaupt nicht mehr zu mögen. Andrew Fletcher meckert zudem am eigentlich durchaus beeindruckenden Clip zu Wrong herum. Seltsam.
Insgesamt bleibt festzuhalten: Die Kollektion bietet in verschiedener Hinsicht viel. Viel Inhalt, aber auch viel Luft nach oben. So wie manch andere Depeche Mode-Veröffentlichung der letzten Jahre.
Tracklist DEPECHE MODE – Video Singles Collection Disc 1
01. Just Can’t Get Enough
02. See You
03. The Meaning Of Love
04. Leave In Silence
05. Get The Balance Right
06. Everything Counts
07. Love, In Itself
08. People Are People
09. Master And Servant
10. Blasphemous Rumours
11. Somebody
12. Shake The Disease
13. It’s Called A Heart
14. Stripped
15. But Not Tonight
16. A Question Of Lust
17. A Question Of Time
18. Strangelove
19. Never Let Me Down Again
20. Behind The Wheel
Tracklist DEPECHE MODE – Video Singles Collection Disc 2
01. Little 15
02. Strangelove ’88
03. Everything Counts (Live-Version “101”)
04. Personal Jesus
05. Enjoy The Silence
06. Policy Of Truth
07. World In My Eyes
08. I Feel You
09. Walking In My Shoes
10. Condemnation (Paris Mix)
11. One Caress
12. In Your Room
13. Barrel Of A Gun
14. It’s No Good
15. Home
16. Useless
17. Only When I Lose Myself
18. Dream On
19. I Feel Loved
Tracklist DEPECHE MODE – Video Singles Collection Disc 3
01. Freelove
02. Goodnight Lovers
03. Enjoy The Silence ’04
04. Precious
05. A Pain That I’m Used To
06. Suffer Well
07. John The Revelator
08. Martyr
09. Wrong
10. Peace
11. Hole To Feed
12. Fragile Tension
13. Personal Jesus 2011
14. Heaven
15. Soothe My Soul
16. Should Be Higher
Bonus:
17. People Are People (12? Version)
18. But Not Tonight (Pool Version)
19. Soothe My Soul (Extended)
20. Stripped (Unreleased Alternate Cut)