Sie sind eine Legende und daran kann auch der Krankheitsbedingte Ausfall vom langjährigen Fronter Brian Johnson nichts ändern: AC/DC! Im letzten Sommer waren sie noch mit Brian am Micro in Gelsenkirchen zu Gast [Review] und für die bereits gebuchten Shows im Rahmen der Rock Or Bust Tour des laufenden Jahres wurde im April bekanntermaßen mit Axl Rose (Guns N’Roses) ein prominenter Ersatz gefunden, der seither stark polarisiert.
Bevor wir uns vom Zusammenspiel der alten Recken und ihrem extrovertierten Neuzugang aber bei diesem relativ kurzfristig nachgeschobenen einzigen Zusatztermin Europas selbst ein Bild machen können, stehen erst einmal zwei Supports auf dem Plan.
Los geht es um Punkt 18 Uhr mit den Lokalmatadoren Massendefekt, die den Zuschauern in der, bei diesem wechselhaften Wetter mit Unwetterwarnung heute natürlich geschlossenen, Esprit-Arena ordentlich einheizen, zumindest denen, die rechtzeitig den Weg in die Arena gefunden haben. Trotz der noch etwas enttäuschenden Zuschauerzahl geben die vier sympathischen Jungs alles und präsentieren neben alten Bandhits auch einige Tracks ihres neuen Albums Echos. In den vorderen Reihen haben sich schon einige Die Hard-Fans der vornehmlich aus Meerbusch stammenden Rocker eingefunden und singen alle Tracks aus vollen Kehlen mit und machen so den Song Glücklich sein zum heutigen Massendefekt-Motto. Doch auch für melancholische Momente ist bei aller Gitarrenhärte mit Ein Gruß gen Hinmel gesorgt, das dem kürzlich verstorbenen ehemaligen Toten Hosen Schlagzeuger Wolfgang “Wölli” Rohde gewidmet wird, ohne den es damals Masseneffekt wohl nicht gegeben hätte und dem mit der vom Publikum gesungenen Textzeile “Wir trinken immer noch auf Dich” mehr als standesgemäß gehuldigt wird, bevor das obligatorische Pennywise Cover Bro Hymn den Auftritt nach knapp 45 Minuten unter “Zugabe“-Rufen beendet.
Weniger punkig und deutlich erdiger geht es um 19:15 Uhr mit Tyler Bryant & the Shakedown aus Nashville (Tennessee) weiter. Die vier langhaarigen Amerikaner lassen ihre Mähnen wehen und schlagen mit ihrem Sound schon einmal eine Brücke zum Headliner, auch wenn es hier noch etwas wilder und ungestümer zugeht. Immer wieder posed Gitarrero und Sänger Tyler vor den mittlerweile etwas zahlreicheren Zuschauern und mit ein paar saftigen Gitarrensoli werden wir auf das noch Kommende recht passend eingestimmt.
Auch optisch stehen die Zeichen nun voll im Zeichen von AC/DC, man kann einige Band-Look-alikes ausmachen und überall leuchten jetzt die roten Teufelshörner auf den Köpfen der Fans. Und um 20:30 Uhr ist es dann soweit: Das Intro erklingt und 25.000 Augenpaare schauen gebannt auf den langen Weltraum-Einspieler auf der Videoleinwand und so wie das Video nach dem Erscheinen des AC/DC-Logos immer mehr an Fahrt aufnimmt, umso schneller wächst auch unsere Vorfreude! Dann, ein Knall, Rauch- und Feuerfontänen steigen gen Himmel bzw. Hallendach und plötzlich sind sie da und schicken sich an, uns für die nächsten gut zwei Stunden zu unterhalten. Bereits seit 43 Jahren existiert die Band inklusive aller Besetzungswechsel, doch zum alten Eisen gehören sie eigentlich noch lange nicht, schließlich trägt Gitarrist Angus Young noch immer seine kurze Schuluniform 😉 Und er ist es auch, der neben Axl Rose immer wieder die Blicke auf sich zieht, während die Australier ein wahres Hitfeuerwerk abfackeln. Seien es neue Tracks vom aktuellen Rock Or Bust Album oder die vielen, vielen Hits der vergangenen Jahrzehnte. Und wer sich vorab fragte, wie das Publikum Axl Rose als Sänger aufnehmen würde, der bekam seine Antwort bereits beim ersten Song, denn es war sofort Ausrasten angesagt – Berührungsängste Fehlanzeige. Axl macht seine Sache wirklich überraschend gut und verändert die Songs durch seine kraftvolle Stimme nur unwesentlich, trotzdem scheint angesichts seines markanten Organs natürlich immer mal wieder seine Stammband mit durch. Das Publikum geht jedenfalls bei jetzt wirklich unbändiger Lautstärke voll mit und bejubelt nicht nur Klassiker wie Back In Black, Dirty Deeds Done Dirt Cheap, Hells Bells oder das alles plattwalzende Thunderstruck, sondern verleiht seiner Begeisterung durchweg lautstark Ausdruck. Waren die Supportauftritte am heutigen Tag noch deutlich zu leise abgemischt, wollen AC/DC nun alles aus den Boxen rausholen. Das klingt trotz einiger Übersteuerungen überraschend gut, vor allem, wenn man guten Gehörschutz sein Eigen nennt (und diesen auch dabei hat). Eine wahnsinnig gute Show, die zu keinem Moment langweilig wird und mit einem Axl Rose am Micro, der alles gibt, sich aber trotzdem angemessen zurücknimmt um das Hauptaugenmerk nicht von der eigentlichen, australischen Formation abzulenken. Mich hat er überzeugt und die anderen 25.000 Zuschauer offenhörig ebenfalls, die Stimmung war klasse und keinen Deut schlechter als im vorigen Jahr mit Brian Johnson, dem wir nochmal alles Gute wünschen wollen!
Mehr als 1 Millionen Zuschauer bei 12 Deutschland- und 2 Österreichkonzerten sprechen eine klare Sprache: Die Fans wollen ihre Helden nicht antreten lassen, mal sehen, ob sie es sich doch noch einmal anders überlegen und es wieder nach Europa schaffen und wenn ja, in welcher Besetzung. Wir würden uns jedenfalls freuen!
Setlist AC/DC @ Düsseldorf, Esprit Arena (15.06.2016):
01. Intro
02. Rock or Bust
03. Shoot to Thrill
04. Hell Ain’t a Bad Place to Be
05. Back in Black
06. Got Some Rock & Roll Thunder
07. Dirty Deeds Done Dirt Cheap
08. Rock ‘n’ Roll Damnation
09. Thunderstruck
10. High Voltage
11. Rock ‘n’ Roll Train
12. Hells Bells
13. Given the Dog a Bone
14. If You Want Blood (You’ve Got It)
15. Sin City
16. You Shook Me All Night Long
17. Shot Down in Flames
18. Have a Drink on Me
19. T.N.T.
20. Whole Lotta Rosie
21. Let There Be Rock
22. Highway to Hell (Z)
23. Riff Raff (Z)
24. For Those About to Rock (We Salute You) (Z)