SCOOTER – Leipzig, Arena (04.03.2016)

Fotos: SCOOTER
Scooter, © Danny Sotzny
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Pünktlich 18:30 Uhr öffnen die Schleusen der Arena Leipzig. Bereits jetzt schon hatte sich eine beachtliche Menge grölender Happy Hardcore-Fans angesammelt. Alle wollen das Wochenende gebührend begrüßen. Nichts passt da besser als ein paar Bierchen zu zischen, seine besten Kumpels zu schnappen, das eine oder andere Neon blinkende Winkelemente einzupacken und in das Auto einer bekannten Wolfsburger Marke zu steigen und ab nach Leipzig in die Arena zu düsen. Diesen Plan folgten dann auch rund 10.000 partyhungrige Fans jeglichen Alters. Jahrmarktstimmung vom Feinsten. Bereits vor Beginn ist das bekannte „Döp, Döp, Döp“ zu vernehmen. Alle stimmen mit ein und liegen sich im Fitnessstudio gestählten Armen. Vorrangig Männergruppen jeglichen Alters sind anwesend, aber auch das eine oder andere Pärchen im passenden Partnerlook ist zu sehen.

H.P. Baxxter gibt die Richtung vor: Immer voraus!
H.P. Baxxter gibt die Richtung vor: Immer voraus!

Als Support heizt DJ Micar aus München mächtig mit zwei eigenen Kompositionen (This Time is my Life und Sleep Alone) sowie einigem Fremdmaterial, wie bekannten Remixen ein, die aus den Boxen dröhnen. Pünktlich um 20 Uhr bewegen sich die partyhungrigen Menschen mit Strohhalmhüten zur Dauerbetankung bereits im Housemusic-Rhythmus. Alle sind sich einig: Das kann nur gut werden heute Abend.

Pünktlich um 21 Uhr rumpelt und kracht es plötzlich. Nun legen Scooter harder, faster und louder los – nix wie rein in die Arena, in der rund 10 .000 Partyhungrige in den Kosmos der Glückseligkeit geballert werden wollen. Es gibt wenige Bands, bei denen es so unverhohlen um das Überwinden von Inhalten ihrer doch eher einfach gehaltenen Songtexte geht. Scooter pfeifen auf tiefgründige oder lyrische Ergüsse. Die Hauptbotschaft, welche aus den Boxen dröhnt, ist der Aufruf zum Feiern – hier zählen Ausrasten und Besinnungslosigkeit im Bass des Proll’n’Roll-Technos, die reine Selbstaufgabe und die Frage aller Fragen: Wieviel kostet der Fisch. Zeremonienmeister und Frontmann H. P. Baxxter singt dabei weniger, er verbreitet mit seinem Sprechgesang einschlägig Parolen, wie „Hyper Hyper“, „Here we go“, „Hands up in the Air“ oder „Come on“. Für mich ein Phänomen dieser H.P. Irgendwann wird man als Kult bezeichnet und wenn es nur aus Nostalgiegründen ist. Baxxter scheint es irgendwie geschafft zu haben. Das Aufpimpen des Vornamens steht symbolisch für das gesamte Erfolgsrezept der Band Scooter. Äitsch-Pee klingt dann doch irgendwie cooler als ein spießiges Hans-Peter.

Gemessen an Chartplatzierungen sind Scooter mit über 20 Top-Ten-Hits in den deutschen Singlecharts ein Rekordhalter und damit eine der erfolgreichsten Bands Deutschlands. Dabei kann man Scooter als das Anfahren mit quietschenden und qualmenden Autoreifen beschreiben. Der linke Ellbogen hat Dauersonnenbrand. Die Band bedient wie keine andere die Klischees, den Rhythmus zu Junggesellenverabschiedungen oder anderen Männeraktivitäten und dieses unbeschwerte Rummelplatzfeeling, nach dem sie sich benannt hat. Klar sehen die wahren Scooter-Fans im heutigen Zeitalter anders aus als noch vor 15 bis 20 Jahren. Manche tragen leuchtende Winkelemente oder andere blinkende Accessoires, viele können vor Kraft oder auch wegen ihres Alkoholpegels kaum laufen. Womit wir dann beim nächsten Rekord wären: Bei keinem anderen Konzert sind meiner Meinung nach während der Show die Bierstände so überfüllt wie bei Scooter. Wenn man es vorsichtig ausdrücken möchte, spricht das nicht unbedingt für die Musik oder sollte man doch eher das ganze Gesamtkunstwerk betrachten. Es rumst, knallt und versprüht damit eine enorme Glückseligkeit. Schwupp ist die schlechte Laune verflogen.

Partyspaß bei Scooter
Partyspaß bei Scooter

Frontmann Baxxter bewegt sich eher gelassen und stilecht in nur vier Grundschritten über die Bühne. Cool wie er ist, verzieht er dabei nicht einmal sein gebräuntes Antlitz. Eigentlich müsste man vor so viel Coolness glatt erfrieren, aber bei diesem Rhytmus bleiben die Tanzbeine irgendwie nicht stehen und man kommt dabei sehr schnell ins Schwitzen. H.P. lässt dann lieber auch Tanzen. Die vier Go-Go-Tänzerinnen wechseln sich mit Breakdancern Lied für Lied ab. Viel Akrobatik und ästhetisch fürs Auge.

Status Quos Whatever you Want aber auch Peter Maffays Nessaja mit eingespielten Heliumstimmen lassen die wippende Partymenge in den Himmel der Glückseligkeit entfliehen. Dazu blinken Bilder über die LED-Wände oder der Text erscheint zum sicheren Mitsingen: „Döp, Döp, Döp“. Das kann doch jeder, auch nach dem einen oder anderen Bierchen, sollte das klappen. Verschiedene Lichter tauchen die Partypeople bis in die hintersten Reihen in die buntesten Farben. Feuerfontänen schießen aus dem Boden der Bühne empor und bringen die wippende Menge an den Rand des Kollapses. Man weiß garnicht, wo man als erstes hinschauen soll. Ich bin echt froh, dass ganze Spektakel von einem sicheren Sitzplatz aus beobachten zu können. Wobei auch ich zugeben muss, man kann sich dem ganzen Feeling nicht wirklich entziehen und muss leise bekennen, so eine Show hatte ich noch nicht erlebt. Einstimmig bis zum letzten Platz bewegten sich alle zur Musik und textsicher ist man auch irgendwie. Das Konzept der Band ist mehr als nur aufgegangen, denn das Publikum in blinkenden Accessoires oder phosphoreszierenden Warnwesten tanzt, johlt und hat dabei ein entrücktes Lächeln im Gesicht. Zeremonienmeister H. P. lässt dann zum Finale noch einmal kräftig die Funken aus seiner nicht einmal angeschlossenen Gitarre sprühen. Wie macht er das nur? Der Abend mündet dann im Hyper, Hyper. Alle singen einstimmig mit und liegen sich erschöpft und schwitzend in den Armen. Rekordverdächtig, irgendwie total bescheuert und doch so genial, dass es schon wieder lustig ist. Diese Band sollte man sich einmal reinziehen. Das ist ganz einfach: Man trinkt ein paar Bierchen, schnappt sich seine Freunde und düst zum Scooter-Konzert. Besser kann kein Wochenende beginnen.

Setlist SCOOTER @ Leipzig, Arena (04.03.2016):
  1. Ten Seconds Before Sunrise / Carmina Burana: Fortuna Imperatrix Mundi / Ace
  2. Oi!
  3. Riot
  4. One (Always Hardcore)
  5. Weekend!
  6. Stuck On Replay / Bit A Bad Boy
  7. Ramp! (The Logical Song)
  8. How Much Is the Fish?
  9. Who’s That Rave?
  10. Mary Got No Lamb
  11. J’adore Hardcore
  12. Jump That Rock (Whatever You Want) (Scooter vs. Status Quo cover)
  13. Opium / 999 (Call The Police)
  14. Bigroom Blitz
  15. The Leading Horse
  16. Marian
  17. Lass Uns Tanzen / Shake That!
  18. Nessaja (Peter Maffay cover)
  19. Posse (I Need You on the Floor)
  20. Habanera / Fuck the Millennium / Call Me Mañana
  21. Jigga Jigga!
  22. Maria (I Like It Loud)
  23. Fire! / Move Your Ass (Z)
  24. Hyper Hyper (Z)

Fotos: Danny Sotzny

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