Website-Icon Monkeypress.de

Kommentar: Steigende Preise beim Wave-Gotik-Treffen (WGT) 2016

Kommentar: Steigende Preise beim Wave-Gotik-Treffen (WGT) 2016
Weitere Berichte im Festivalbereich: Wave-Gotik-Treffen (WGT) - Übersicht

Kaum hat das Wave-Gotik-Treffen gestern den Ticket-Vorverkauf für 2016 eröffnet und damit die Preise verkündet, geht es in den sozialen Netzwerken wieder rund: Es wird gemeckert und gezetert über einen Preis von 120,00 Euro für ein 4-Tages-Ticket, bei dem allerdings zugegebenermaßen auch noch weitere Kosten fürs Zelten und sogar, bei Bedarf, fürs Parken anfallen. Dieser Eintrittspreis enthält neben den vielen Konzerten zudem den Einlass zu Museen, Lesungen, Film- und Theaterdarbietungen, dem Mittelaltermarkt und vielem mehr. Außerdem darf man weiterhin in der gesamten Festivalzeit die öffentlichen Verkehrsmittel innerhalb der Stadt Leipzig kostenlos nutzen.

120€ für das WGT?

  • 120€ sind okay für 5 Tage inkl. Eröffnung (27%, 289 Stimmen)
  • ist immer noch ein Schnäppchen beim vielfältigen Angebot (24%, 253 Stimmen)
  • 20€ Preiserhöhung sind zu viel (21%, 229 Stimmen)
  • 120€ sind noch tragbar, mehr sollte es nicht werden (20%, 212 Stimmen)
  • mir ist das alles zu kommerziell (8%, 90 Stimmen)

Anzahl aller Stimmen: 1.073

 Wird geladen ...

Und doch erscheint es zunächst einmal etwas zweifelhaft, dass der Preis für diese Tickets sich in den letzten 6 Jahren von 66 Euro auf 120 Euro fast verdoppelt hat und in diesem Jahr, pünktlich zum 25. Jubiläum gleich um 20% zunahm. Da darf man gerne auch schon einmal ins Schlucken geraten.

Schauen wir uns das Ganze also mal an
WGT Preisentwicklung 2003-2016 (Klick für große Darstellung)

Zunächst muss man mal festhalten, dass auch 120,00 Euro für über 200 verschiedenste Konzerte und Veranstaltungen mit 60 Cent pro Auftritt sicher nicht besonders teuer sind. Sicher bekommt man hier nicht wie bei anderen Konkurrenzveranstaltungen nur die vermeintliche Speerspitze der Szene zu sehen, doch genau das macht ja den Reiz des WGT aus und hebt es auch heute noch von anderen großen Szenefestivals ab. Nicht umsonst gilt das WGT auch heute noch eher als Familientreffen und der eine oder andere hat sicher schon mal böse Kommentare dafür geerntet, wenn er das WGT als „Festival“ bezeichnet hat. Sorry Leute, aber bei aller Liebe, etwas anderes als ein Festival ist auch das WGT rein organisatorisch nicht, Familiencharakter hin oder her. Wer aber herausstellt, dass es beim WGT nicht vornehmlich um die auftretenden Bands geht, der wird sicher auch einräumen müssen, dass 140,00 Euro für ein Familientreffen mit musikalischer Begleitung erst einmal kein Pappenstiel sind. Zum Glück für diejenigen gibt es aber ja auch eine ganz andere Möglichkeit: Denn an vielen dieser „Familienfestivitäten“ kann man auch ohne Festivalticket teilnehmen. Doch auch denjenigen sei gesagt, mal Hand aufs Herz: Das Wave-Gotik-Treffen ist bei seiner heutigen Größe und Ausrichtung doch längst auch kein reines Familientreffen mehr. Auch beim WGT gesellte sich in den letzten Jahren der eine oder andere „übliche Verdächtige“ ins Line-up, schließlich wandelt sich die Szene und gerade wenn man eben kein lockeres Familientreffen plant, sondern ein kommerzielles Festival, muss man dem auch Genüge tragen und sich anpassen, sonst geht man unter. In einer Zeit des „alles stets verfügbar haben“ nehmen sich die Konsumenten immer weniger Zeit, sich auf einzelne Dinge zu konzentrieren, sich auf Unbekanntes einzulassen und diesem eine Chance zu geben. Der gefühlte Wert der Kunst scheint immer weiter zu sinken. Das schlägt sich dann in den Line-ups der großen Mainstream-Festivals nieder und hat auch längst beim WGT Einzug gehalten. Trotzdem: Auf keinem anderen Szenefestival hat man die Gelegenheit, so viele frische, unbekannte oder selten zu sehende Bands (Abney Park, Placebo Effect, Sigue Sigue Sputnik, Sleeping Dogs Wake etc) zu erleben wie in Leipzig! Und nirgendwo sonst wird davon auch heute noch so stark Gebrauch gemacht! Acts wie Henric De La Cour, Rome, Patrick Wolf, Beastmilk, Inkubus Sukkubus und Co. sind hier aufgetreten als sie niemand auf dem Schirm hatte, jetzt tauchen sie auch in anderen Line-ups auf und werden begeistert gefeiert. Zudem geht das WGT, insbesondere bewundernswert weil gerade dieses als besonders „schwarz“ gilt, auch gerne mal ein Risiko ein und präsentiert Bands, die nur bedingt ins Schema zu passen scheinen und sorgt damit für so manchen Aha-Effekt. Genannt seien da exemplarisch nur mal die Auftritte von Slowdive oder Kosheen. Das ist seit jeher so…

Doch wie lässt sich diese Steigerung erklären?

Zum einen sind durch den notwendigen Einzug von „Szenegrößen“ ins Line-up (s.o.) sicher die Kosten für Headliner gestiegen und auch die normale Inflation schlägt hier natürlich wie überall zu. Doch spielen auch ganz andere Dinge eine Rolle, mit denen sich auch andere Veranstaltungen rumschlagen müssen: Die Produktionskosten sind gestiegen, bei größeren Acts steigt auch die „Gefahr“ Gema-Gebühren abzuführen die ebenfalls zuletzt stark angestiegen waren und ganz wichtig ist der Aspekt der gesetzlichen und sicherheitsrelevanten Anforderungen: Seit der Tragödie bei der Love Parade in Duisburg gelten viel höhere Anforderungen an die notwendigen Sicherheitskonzepte. Der Bedarf an Security und Co. ist förmlich explodiert, vor allem natürlich bei einem Event, das über dermaßen viele Locations verfügt wie das Wave-Gotik-Treffen. Diese Vielzahl an Veranstaltungsorten sorgt zudem für höhere Betriebskosten als bei anderen Festivals usw. Und auch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns hat mit Sicherheit zu steigenden Personalkosten geführt, denn ehrenamtliche Helfer zu finden ist gerade heute alles andere als leicht. Ein weiterer, wichtiger Punkt ist die Entwicklung auf den Devisenmärkten. Denn ausländische Acts werden im Normalfall in deren Landeswährung bezahlt. Spricht, Amerikaner ermitteln und erhalten ihre Gagen in US-Dollar, und dieser hat in den letzten 1-2 Jahren im Vergleich zum Euro um knapp 30% zugelegt!
Und noch etwas spielt eine Rolle: Zumindest nach meinem Empfinden sind die Besucherzahlen beim WGT von Jahr zu Jahr leicht rückläufig, auch wenn in der Presse später meist ähnliche Werte veröffentlicht werden. Überhaupt ist die Zahl derer, die zu Festivals geht die nicht “das Übliche” bieten von Jahr zu Jahr leider wohl rückläufig. Wer überleben will, muss zwangsläufig schauen, wie er die Mindereinnahmen durch sinkende Besucherzahlen kompensieren kann, ansonsten erwischt das Festivalsterben (siehe DMF oder DDT) vielleicht wirklich bald mal einen der “großen Drei”, das WGT selbst war unter anderer Leitung auch schon im Jahre 2000 mal betroffen. Noch sind wir zum Glück in meinen Augen aber wohl lange noch nicht so weit! *klopf auf Holz*

Mein Fazit:

Das Wave-Gotik-Treffen ist in seiner Art und Größe sicher auch heute noch einzigartig und wohl DER Treffpunkt für Gothics und Co. Nirgends sonst bekommt man eine solch vielseitge Auswahl aller “schwarzen Genres” zu sehen, unter der sich auch immer viele rare Auftritte verbergen. Und nirgendwo sonst hat man die Möglichkeit, so offen über den Tellerrand hinauszuschauen, neue Acts zu entdecken und eine Art musikalischen Kurzurlaub zu genießen. Und das Ganze auch trotz der Preissteigerung noch immer zu einem starken Preis für 4 Tage Festivalerlebnis!

Diskutiert werden darf übrigens gerne hier:

Alle Infos zum WGT 2016 findet ihr in unserem ständig aktualisierten Preview!

Foto: Wave-Gotik-Treffen

Die mobile Version verlassen