“Normalerweise beginnen wir hier im Ruhrpott ja immer pünktlich, aber heute klappt das leider nicht” – beginnt ein Konzertabend mit diesen Worten seitens eines Veranstalters, hat dies meist ein etwas entnervtes Publikum zur Folge. Nicht so beim Auftritt der Fehlfarben im Duisburger Grammatikoff. Die sechsköpfige Band hatte auf dem Weg vom letzten Konzert aus Fulda Probleme mit der Scheibenwischertechnik des Tourbusses, was sich auf der Autobahn bei konstant starkem Regen als unvorteilhaft erwies. Mit einer Dreiviertelstunde Verspätung und ohne Vorband starteten die Düsseldorfer dann um 20.45 Uhr mit Der Dinge Stand in ein knapp 80-minütiges Set. Und den Großteil dieses Sets machten die Songs des neuesten und des ältesten Albums aus. Zwischendurch gab es immer wieder auch ausgesuchte Perlen aus den insgesamt knapp 35 Jahren zwischen Monarchie und Alltag und dem jüngsten Release Über…Menschen zu hören.
Vor einem mit mehreren hundert Personen gut gefüllten Grammatikoff brachten Fehlfarben ordentlich Zug in die neuen Songs, auch die eigentlich eher dezenteren Stücke wie Urban Innozenz wurde bei klarem Sound wuchtig rübergebracht, auch die Disco-Beats von Wenn die Welt und Rein oder raus gingen noch ein wenig schärfer ins Tanzbein als auf Platte. Genug Gründe also für laute “Zugabe”-Rufe, die von Peter Hein und seiner Band auch im Handumdrehen erhört wurden. Der größte Hit der Bandgeschichte, das lange von den Musikern verschmähte Ein Jahr (Es geht voran), eröffnete einen insgesamt sechs Songs langen zweiten Konzert-Block. Der melancholische Klassiker Paul ist tot dämpfte das Tempo wieder ein wenig, Dekade 2, der Alltime-Fanfavorit Das war vor Jahren und das immer wieder zwischen den Songs lautstark eingefordete Platz da! hielten die Stimmung hoch. Mit dem zackigen Politdisko verabschiedete sich das Sextett dann endgültig.
Fazit: Fehlfarben haben auch im 36. Bandjahr nicht merklich an Kraft und Schwung verloren. Und auch die so oft im Zusammenhang mit der Band angesprochene Wut ist in Maßen noch zu spüren. Als sich Saxofonist und Keyboarder Frank Fenstermacher kurz nach den letzten Takten von Politdisko auf direktem Wege ins Publikum verabschiedete, wurde er von Hein mit einem herzlichen “Komm her, du Wichser” wieder auf die Bühne “zurückgeschrien”. Nach einer gemeinsamen Verbeugung vor dem lautstark applaudierenden Publikum schubste Hein seinen Bandkollegen von der Bühne – dabei ging eine volle Bierflasche zu Bruch. Ein Hauch von 1980. Und ein herrlicher Weg, einen ebenso herrlichen Auftritt zu beenden.
Setlist: FEHLFARBEN @ Duisburg, Grammatikoff (22.02.2016):
- Der Dinge Stand
- Stadt der 1000 Tränen
- Gottseidank nicht in England
- So haben wir uns das nicht vorgestellt
- Untergang
- Club der schönen Mütter
- Schnöselmaschine
- Grauschleier
- Apokalypse
- Urban Innozenz
- Wenn die Welt
- Das Komitee
- Rein oder raus
- Ein Jahr (Es geht voran) (Z)
- Paul ist tot (Z)
- Dekade 2 (Z)
- Das war vor Jahren (Z)
- Platz da! (Z)
- Politdisko (Z)
Foto: Roger op den Camp (Archiv)