Andererseits, wie soll man seine Erwartungen runter schrauben, wenn man die Gelegenheit bekommt, Bryan Ferry auf der Bühne erleben zu dürfen? Bryan Ferry hatte in den Siebzigern mit Roxy Music Musikgeschichte geschrieben. Da gibt es keine zwei Meinungen. Nebenbei hat er aber im Laufe seiner Karriere auch immer wieder interessante, erfolgreiche (Boys and Girls) und außergewöhnliche (The Jazz-Age) Solo-Alben veröffentlicht. Dass es sich bei Bryan Ferry auch noch um eine Stilikone und fabelhaften Sänger handelt, ist da fast schon nebensächlich. Bryan Ferry kam an diesem Abend nach Düsseldorf und wurde dort von einem eher gediegenen Publikum, meinen sehr hohen Erwartungen und mir selbst empfangen.
Vor den Auftritt von Bryan Ferry hatte der Veranstalter allerdings noch einen Support Act, nämlich die deutsche Sängerin Femme Schmidt platziert. Nicht nur allzu hohe Erwartungen, auch allzu große Vorurteile, können dem Konzertgenuss schaden. Und obwohl ich bis zu jenem Abend noch nichts von Femme Schmidt gehört hatte, der Name verhieß nicht viel Gutes. Diese Mischung aus Verruchtheit und Bodenständigkeit, das konnte nur schlimm werden. Um es gleich mal vorweg zu nehmen, es war nicht schlimm. Überhaupt nicht. Bei Femme Schmidt handelt es sich um eine stimmgewaltige, junge, durchaus attraktive, deutsche Sängerin, deren Debüt von Guy Chambers produziert wurde, der immerhin für Robbie Williams beste Schaffensperiode verantwortlich war. Femme Schmidt spielte ein routiniertes Set, versuchte mit dem Publikum zu kommunizieren, hatte es aber mit ihrer gefälligen Mischung aus Pop, Rock und Jazz nicht leicht. Die Halle war bestuhlt, das Publikum war zum Teil noch im Vorraum unterwegs und schlürfte dort einen Prosecco und die angesprochene Erwartungshaltung, tja, man wartete halt auf Bryan Ferry. Dass am Ende des kurzen Sets doch mehr als nur Höflichkeitsapplaus gespendet wurde, lag wohl vor allem am sympathischen Auftreten der Dame Schmidt. Femme Schmidt auf einer etwas kleineren Bühne, mit dem richtigen Publikum, da wäre ich wohl dabei. Positiv anzumerken ist auch, dass sich Elisa nach dem Konzert zum Merchandising-Stand begab, um dort selber mit anzupacken, Platten zu signieren und für Fotos zu posieren. Der Name ist trotzdem irgendwie… doof. (http://www.femmeschmidt.com/de)
Dann war es also endlich so weit. Mein erstes Bryan Ferry-Konzert und da ich auch Roxy Music nie gesehen habe, mein erstes Konzert mit Bryan Ferry. Der Mann, der in Würde altert, in dem er scheinbar überhaupt nicht altert.
Nach zwei kurzweiligen Songs vom neuen Album Avonmore kamen dann mit Slave to love und Ladytron auch schon zwei richtige, große Hits um die Ecke und ein Großteil des Publikums war überzeugt. Grund genug für Bryan Ferry, die obligatorischen zwei Dylan-Songs Bob Dylan´s Dream und Don’t Think Twice, It’s All Right back to back zu präsentieren. Im Jahr 2007 hatte Ferry mit Dylanesque ein Album nur mit Dylan-Songs aufgenommen und sein persönlicher Respekt vor dem Meister zeigte sich auch an diesem Abend. Tolle Versionen, die den allgemeinen Konsens, dass viele Dylan-Songs gerade als Cover gut funktionieren, unterstrichen.
Danach wurde es etwas ruhiger, das Konzert kam zu seinem ersten Durchhänger, obwohl mit Bête Noire ein Solo-Hit und mit Stronger Through the Years, Tara und Take a Chance with Me gleich drei Songs von Roxy Music präsentiert wurden. Das war nett, aber nett blieb dann halt auch ein paar Meter hinter den hohen Erwartungen im Stau stecken.
Offenbar war Bryan Ferry der Meinung, dass ein deutsches Publikum die Schaffensperiode der Achtziger am meisten schätzt und dieses bekam noch More than this and Avalon vom gleichnamigen Hitalbum präsentiert, bevor dann es dann mit Love is the Drug noch mal kraftvoll wurde. Love is the Drug wurde in den letzten Jahren ja gerne mal in Soundtracks verwendet, so geschehen in Baz Luhrmanns „The Great Gatsby“ Verfilmung aus dem Jahr 2013 und dem unsäglich schlechten „Sucker Punch“ von Zakk Snyder aus dem Jahr 2011. Aber das hier war das Original und mit Sicherheit der Höhepunkt des Konzertes, zumindest was die Stimmung im Publikum angeht. Ja, besser als bei Virginia Plain und Do the Strand, eigentlich auch ein veritabler Crowdpleaser von Roxy Music. Als Zugabe gab es noch eine Coverversion, nämlich Jealous Guy von John Lennon, ein Hit, sowohl für Lennon, als auch für Ferry, aber halt auch ein ruhiges Ende, für ein zuweilen furioses Konzert.
Meine Kollegin stand vor der Bühne und war äußerst angetan, die Stimmen aus dem Publikum reichten von sehr angetan bis zu sehr laut (das war es wirklich nicht) und meine Erwartungen, na ja, die wurden dann halt doch etwas enttäuscht. Die Lichtshow war in den richtigen Momenten üppig oder dezent, aber immer stimmungsvoll, Bryan Ferry ist ein begnadeter Sänger und die Songauswahl war solide, um es vorsichtig auszudrücken. Ein wenig mehr Mut zum Risiko, eine etwas spannendere Setlist und In every Dreamhome a Heartache, das wäre es gewesen. Und vielleicht doch noch etwas lauter…
Setlist BRYAN FERRY @ Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle (10.09.2015):
01. Avonmore
02. Driving Me Wild
03. Slave to Love
04. Ladytron (Roxy Music)
05. Bob Dylan’s Dream (Bob Dylan)
06. Don’t Think Twice, It’s All Right (Bob Dylan)
07. Smoke Gets in Your Eyes (Jerome Kern)
08. Bête Noire
09. Zamba
10. Stronger Through the Years (Roxy Music)
11. Tara (Roxy Music)
12. Take a Chance with Me (Roxy Music)
13. One Night Stand
14. Midnight Train
15. More Than This (Roxy Music)
16. Avalon (Roxy Music)
17. Love Is the Drug (Roxy Music)
18. Virginia Plain (Roxy Music)
19. Do the Strand (Roxy Music)
20. Let’s Stick Together (Wilbert Harrison)
21. Jealous Guy (John Lennon)
Femme Schmidt:
Fotos: Natalie Kreuter