Die treibenden Bassläufe der Anfangstage sind Geschichte, stattdessen bleiben die Editors ihrem seither eingeschlagenen, synthetischen Pfad treu und schwören auf In Dream auch dem eher rockig ausgerichteten Sound von The Weight Of Your Love wieder ab. Vielmehr laden sie den Hörer, dem Titel ihres neuen Albums entsprechend, dieses Mal buchstäblich zum Träumen ein. Das zeigt sich schon gleich bei der eröffnenden ersten Single No Harm, die ruhig und mit weitestgehend zurückhaltendem Gesang daher kommt. Die Editors lösen sich zum Teil vom eingefahrenen Strophe/Refrain-Schemata, alles ordnet sich der erzeugten Atmosphäre unter. Diese lässt den dabei entstehenden Songs stets viel Raum zum Atmen und sich zu entwickeln, so dass die Resultate äußerst vielschichtig ausfallen. Hier wird ein chilliger Trip-Hop-Teppich gewebt, dort etwas Sakrales aufgefahren. Mal mutet der Refrain, wie bei Salvation fast bombastisch an, wenig später fließen dann plötzlich sogar leichte Karibik- oder Gospeleinflüsse mit ein. Doch auch das Schreiben von hitverdächtigen Ohrwürmern haben Tom Smith und Co., wie Life Is A Fear zeigt, nicht verlernt. Dieses ist zwar sicher kein zweites Papillon, aber nichtsdestotrotz ungewohnt poppig und sticht fast hell erstrahlend aus In Dream hervor, während Our Love wie eine moderne Version eines End-Siebziger, Früh-Achtziger Hits daherkommt – wie passend, dass Tom hier gesanglich sogar ein wenig an Jimmy Somerville erinnert und die ständig wiederholte Textzeile „Don’t Stop Believin“ zwangsläufig Assoziationen zum Journey-Klassiker weckt. Emotionales Highlight des Albums ist aber The Law, das erste Duett auf einem Editors Album überhaupt. Hier verschmilzt Toms Gesang mit der ätherischen Stimme von Rachel Goswell, jener bezaubernden Sängerin von Slowdive, die auch zwei weiteren Tracks ihre Stimme verleiht, dort jedoch nur im Background. Bei The Law steht sie gleichberechtigt neben Tom und die beiden erzeugen vom Fleck weg einen ungemeinen Wohlfühleffekt – ein wirklich eindringlicher Song. Doch auch die anderen Tracks wissen dank Eingängigkeit und Experimentierfreudigkeit durchaus zu überzeugen, so man denn bereit ist, sich in Ruhe auf sie einzulassen. Das gelingt am besten im abgedunkelten Zimmer, was In Dream zu einer bestens geeigneten Herbstplatte macht, die es zu erforschen lohnt.
Für mich werden die beiden Frühwerke The Back Room und An End Has A Start wohl immer die Highlights der Editors Historie bleiben, doch spürt man bei In Dream in jeder Sekunde, dass die Mannen um den sympathischen Tom Smith „angekommen“ sind und sich in diesem Umfeld wohl fühlen. Also: Kamin anfeuern und auf zum nächsten Hördurchlauf…
Tracklist :
01. No Harm
02. Ocean Of Night
03. Forgiveness
04. Salvation
05. Life Is A Fear
06. The Law
07. Our Love
08. All The Kings
09. At All Cost
10. Marching Orders