CAMOUFLAGE – Greyscale

Interview: CAMOUFLAGE (Marcus Meyn)
Geschätzte Lesezeit: 3 Minute(n)

Schlappe acht Jahre ist es nun her, dass Camouflage uns mit ihrem Album Relocate beglückten. Seit dem ist viel in der Musiklandschaft passiert. Die Amerikanisierung der weltweiten Musikcharts sorgt dafür, dass immer mehr am Reißbrett entworfene Künstler in den Hitlisten erscheinen, sodass die Songs genauso austauschbar sind wie ihre Interpreten. Betroffenheits-Pianonummern, Helden mit Revolver, musicalgeschulte Schlagerinterpretinnen und wummernde Remixes von „DJ Hinz und Kunz“ überschwemmen die Hörgewohnheiten des Radiohörers. Da ist es nun endlich Zeit, wieder Musik zu hören, die unweit des allgemein akzeptierten Kommerzes im Untergrund lebt und überlebt. Zeit für Künstler, die wirklich was zu sagen haben und ihre Musik mit Herz und Verstand füllen. Zeit für Camouflage und ihr neues Album Greyscale.


Greyscale
beginnt mit der Ohrwurm Single Shine, die wie ein Paukenschlag ankündigt, dass man Camouflage auf dem Schirm haben sollte. Der Song handelt von dem Strahlen in uns, um das Leben erträglicher zu machen. Unterstützt wird der Hit durch strahlende Elektronik, das Streicherensemble des Deutschen Filmorchesters Babelsberg und einen Chorus zum Mitgröhlen, genau wie das Publikum des Amphi Festivals 2012, welches man in dem Song bestaunen kann. Besser kann man ein Album nicht beginnen. Etwas sperriger, aber nicht minder mitreißend geht es mit Laughing weiter, in dem sich fast überschlagene, ungehemmte Elektroniksounds, Gitarrenklänge mit fast flüsterndem Gesang abwechseln. Ein typischer Camouflage Song also. Aber auch die Romantik kommt nicht zu kurz, denn In the Cloud führt uns in entfernte Welten, lässt uns träumen und schwelgen. Beginnend mit Telefonsamples und dementsprechend bearbeitetem Gesang, entwickelt sich der Song zu einer der besten Balladen der drei Synthiepopper. Einen Geniestreich sondergleichen kann man im Folgenden bestaunen, denn niemand anderes als Herr Peter Heppner adelt den Song Count On Me mit seinem unverwechselbaren Gesang. Erst in der ersten Strophe von Marcus gesungen, öffnet sich der Track wunderbar mit Einsetzen der Vocals von Peter und beide Stimmen ergänzen sich perfekt. Eine tolle Melodie, die im Ohr bleibt und dort nie wieder herauszugehen scheint, ist das Ergebnis. Dass die CD dadurch auch gekonnt aufgelockert wird, ist ein schöner Nebeneffekt. Instrumentalstücke auf einem Album haben oft immer das Stigmata, Füllmaterial zu sein. Beim Stück Greyscale ist das aber nicht so, denn der Song entwickelt eine ganz besondere Atmosphäre, Trancesounds, Gitarre und Querflöte inklusive. Ein weiteres Highlight der CD ist der Song Misery, der wie ein Wolfsheim Track in ihren besten Zeiten klingt. Tanzbar ohne Ende, eine Hook zum Mitsingen und eine Botschaft, die der eine oder andere Hörer bestimmt aus eigener Erfahrung kennt, nämlich „…die reinigende Wirkung des Elends und die Schmerzen, die Liebe zufügt.“ (Pressetext). Assoziationen von 50 Shades Of Grey kommen ins Gedächtnis – Ein Kandidat für die nächste Singleauskopplung. Leave your room behind hat da ganz andere Qualitäten, denn fast hat man Lust, mit seiner Partnerin einen flotten Discofox auf´s Parkett zu legen…let´s get together…in sweet harmony! End Of Words könnte man sich gut im Abspann eines Hollywoodfilms vorstellen. Kein Wunder, denn Komponist Heiko Meile hat bereits den einen oder anderen Soundtrack geschrieben. Schön ist auch, dass der Kinderchor im Track schön eingebettet wurde und nicht den schmutzigen Sound des Arrangements behindert. Nachdem das weitere Instrumental Light Grey ertönt, wird es leider schon Zeit für das Finale. Dark Grey entlässt uns melancholisch, nachdenklich in die Realität, die gar nicht so schlimm ist. Denn es gibt noch gute Musik wie Greyscale, die uns den einen oder anderen Ärger vergessen lässt.

?Tracklist CAMOUFLAGE – Greyscale:
?01. Shine
02. Laughing
03. In The Cloud
04. Count On Me (Featuring Peter Heppner)
05. Greyscale (nur CD-Version)
06. Still
07. Misery
08. Leave Your Room Behind
09. Light Grey
10. If… (nur CD-Version)
11. End Of Words
12. Dark Grey

Bewertung: 9 / 10 Punkte

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