AMPHI FESTIVAL 2014 – Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)

AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)
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Das Amphi Festival am Kölner Tanzbrunnen durfte in diesem Jahr sein 10-jähriges Jubiläum feiern und tat dies nicht nur mit 40 Szenegrößen auf drei Bühnen, sondern auch mit einigen Specials wie Lesungen, Aktionen und Autogrammstunden. Wie bereits im letzten Jahr begann das Amphi mit dem Eröffnungsevent Call The Ship To Port auf der MS Rheinenergie, die die Bands Agonoize und Project Pitchfork beherbergte und für ein feucht-fröhliches Zusammensein sorgte.

Die ca. 16.000 Besucher versammelten sich dann am Samstag bei bestem Festivalwetter auf dem Gelände des Kölner Tanzbrunnens, um eine Non-Stop-Party zu feiern.

Besucherfotos vom Amphi Festival 2014


Samstag, 26.07.2014

Die Sonne ließ sich leider noch nicht blicken, dafür aber die Elektroniker von den Juggernauts, die überpünktlich, wie immer mit Pilotenhelm gekleidet, das Amphi Festival auf der Hauptbühne mit harten, tanzbaren Beats eröffneten. Nur mit Keyboard,AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014) Elektronischen Drums und Stimme bewaffnet, testeten die Jungs aus, ob die Zuschauer bereits wach und in Partylaune sind. Und das waren die Schwarzkittel auf jeden Fall, was man an den rhythmischen Tanzbewegungen gut erkennen konnte. Im Anschluss daran durften She Past Away, der Geheimtipp aus der Türkei, ihren Gothic-Wave á la Sisters of Mercy mit viel Bühnennebel präsentieren. Kleines Setup – Große Wirkung: man fühlte sich beim Sound des Duos an alte Zeiten erinnert, in denen man in dunklen Discos drei Schritt vor und drei Schritt zurück über die Tanzfläche schwebte. Das Amphi war also genau das richtige Forum für diese Art Musik. Die niederländische Kultband Clan of Xymox schaffte es mit ihrem düster-romantischen Sound endlich die Sonne herbeizuzaubern, sodass nicht nur aufgrund ihrer Hits wie Louise, A Day und I Close My Eyes gute Laune aufkam. Das holländische Kleeblatt, welches immer mit seinem Sound überzeugen kann, punktete durch eine gewohnt souveräne Show, bei der man sich einfach zu Hause fühlte. Und das soll man dem „Clan“ einmal nachmachen.

Wem das alles zu Gitarren lastig war, der konnte sich im Staatenhaus u.a. mit Phosgore, Centhron und Neon Judgement wohl fühlen und vor der Sonne schützen. Die Letztgenannten kredenzten ihren Minimal-Kultsound elektronisch, AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)aber auch mit Gitarre in der gut gefüllten Halle. Sei es Miss Brown, Chinese Black oder The Fashion Party (bei dessen Bass der Boden stark vibrierte): das belgische Duo verwandelte die nebelverhangene Bühne in einen Kelch gut gefüllter Melodien. Natürlich durften auch Tomorrow in the Papers – der Überhit mit dem bekannten Synthie-Lick – und TV treated nicht fehlen. „Let´s dance!“ rief Sänger TB Frank den Fans zu und die ließen sich nicht lange bitten. Dann wurde die Bühne umgebaut und nach kurzem Soundcheck erschienen die Synthierocker Zeromancer auf der Szene. Ungewöhnlich war, dass die Band direkt zu Anfang ihre größten Hits wie Sinners International und Clone Your Lover zum Besten gab. Die Spielfreude der sympathischen Norweger schwappte ins Publikum über und es war ein Fest mit anzusehen, wie die Fans mitmachten, als gäbe es kein Morgen mehr. Sänger Alex Møklebust hatte alles fest im Griff und spätestens bei Auf Wiedersehen Boy rockte die Band so richtig los, bevor die Jungs die Bretter für Aesthetic Perfection freigaben.


Lord Of The Lost
durften auf der Mainstage nicht nur ihre gestählten Körper zeigen, sondern auch mal wieder beweisen, dass sie mit ihren harten Saitenklängen die Massen zum Schwitzen bringen können. AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)Der Auftritt begann recht eindrucksvoll mit zwei Männern in schwarzen Kutten, die die weißen Kreuze des Lord of the Lost-Logos auf die Seitenbühne trugen. Was nun folgte, war eine Explosion purer Energie. Die Metalheads des Festivals sollten bei den Schlagern wie Sex On Legs und Kill It With Fire gut bedient werden und die stark geschminkten Jungs aus St. Pauli waren während der Show die absoluten Könige. Mit nicht weniger Energie sollte nun die einzige Mittelalter-Kombo des Festivals Corvus Corax die Fans begeistern und das war wie immer imposant, nicht nur wegen der ausgefallenen Instrumente wie Schalmei und Dudelsack. Nanu, was ist denn das? Eine geschminkte mexikanische Band, die Mariachi-ähnliche Klänge zum Besten gab? Richtig gehört und gesehen: die Kombo trat quasi als Vorgruppe für die Vorzeige Hell-Electros Hocico auf, die ihre harten Beats und Texte ins Publikum schickten. Erk, die Galionsfigur der „Spinnen“, machte seine Zuschauer so sehr an, dass sie alles für ihr Idol machten, klatschten und tanzten. AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)Und diese stachelten die Band andererseits so sehr an, dass ein lautes „Today we dance with the fucking devil!“ zurückschallte. Songs wie Bite me und Forgotten Tears taten da ihr übriges. Indoors konnte nun die martialisch gekleidete Anhängerschaft von Nachtmahr mit den Songs wie Kriegserklärung und Boom! Boom! Boom! auf ihre Kosten kommen, genauso wie die Verehrer der weiß maskierten The Klinik, die mit klassisch-harten Beats begeisterten.

Draußen durften hingegen Fans von Blutengel ein ganz besonderes Schmankerl bestaunen. Chris Pohl präsentierte seine Hits unterstützt durch ein Kammerorchester und ohne zusätzliche Tänzerinnen oder maskierte Statisten. Es war unterhaltsam zu hören und sehen, wie es die klassisch ausgebildeten Musiker schafften, aus den doch sehr simplen Melodien des Projektes etwas Anspruch herauszuholen. Mastermind Pohl, der wie immer hinter seinem Pult mit versteckten Textblättern stand, versuchte gegen die tolle Stimme von Ulrike Goldmann anzusingen. Nichtsdestotrotz hatten die Fans ihren Spaß, die auch ein 60-minütiges Schweigen von Herrn Pohl beklatschen würden. Aber statt Ruhe gab es Hits wie u.a. Soultaker oder Behind The Mirror zu hören. Front 242 bedarf nun wirklich keiner Vorstellung, denn die Belgier haben quasi den EBM erfunden. Es sollte mal wieder ein Höhepunkt des Festivals sein, wenn die Band ihre Elektrobeats abfeuern. AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)Doch dieses Mal hatten Jean-Luc De Meyer und Daniel Bressanutti die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn nach dem spannenden Beginn mit Happiness und dem Track Im Rhythmus bleiben verschwand nicht nur die Sonne vom Himmel, es verabschiedete sich auch noch das Mischpult von Front 242, welches nicht im Traum daran dachte, mit dem der PA zu kommunizieren, sodass es unglückliche Überlagerungen auf der Bühne gab und die Band mit den Worten „Sorry, but it´s impossible to do it!“ die Bühne verlassen musste. Auch die lauten „242“-Schreie aus dem Zuschauerraum halfen nichts. Es war 40-minütige Stille. Gottlob ging die Show dann doch weiter und Front 242 spielten u.a. die Smasher Body To Body, Welcome To Paradise und natürlich Headhunter.

Mehr Glück hatten die Bewunderer von Midge Ure in der Halle, denn was der Grandseigneur der Pop-und Wave Musik auf die Bretter brachte, war schier unglaublich. AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)Nicht nur das frühzeitige Fade To Grey sorgte für großes Entzücken und Mitsingen (sogar nach dem Ende des Songs klangen die Chöre „Oooh-oooh, We fade to Grey“ im Zuschauerraum nach), sondern natürlich auch die Ultravox Gassenhauer Passing Strangers, One Small Day, New Europeans u.v.a. Mit großer Sympathie für seine Fans und Verve garnierte Ure seine Songs immer wieder mit interessanten Gitarrensoli und knackigen Basslinien. Die Atmosphäre und Stimmung wirkten fast wie bei einem Gottesdienst am Weihnachtsabend. „I never thought i would play this song on a goth festival“ sagte Midge, doch alle Goths sangen bei If I Was lautstark mit. Ganz in rotes Licht gehüllt kreierte Vienna das perfekte New Wave-Feeling und Hymn wurde durch ein spannendes Gitarrenintro garniert, bevor alle Fans hymnisch mitträllerten. Gänsehaut pur! Die Synthiepopper Camouflage nutzten dann im Anschluss die Gunst der Stunde und Frontmann Marcus Meyn fegte im weißen Anzug nach einem orchestralen Best of-Medley vieler Camouflage Hits über die Bühne. We Are Lovers, der Song über die Beziehung der Elektropopper zu ihren Fans, sollte der erste der unzähligen Ohrwürmer sein, die die Band abfeuerte. Mit Love Is A Shield und The Great Commandment wurde man wie in einer Zeitmaschine in die 80er Jahre transportiert und das mitreißende Erlebnis wurde noch mit dem Gastauftritt von Peter Heppner gekrönt! AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)Was will man mehr? Doch der Samstagabend hatte noch einen weiteren Höhepunkt im Ärmel: Project Pitchfork sollten den schönen Festival Samstag beenden. Und wer könnte dies besser tun als die Hamburger Electro-Urgesteine um den Sänger Peter Spilles? Hatte die Band am Freitag zuvor eine Art Oldie-Revue ihrer Klassiker abgeliefert, präsentierte sie nun eine weitere atemberaubende Show. In dunkelblauem Licht vor einer LED Leinwand drehte die Band die Lautstärke nochmal etwas mehr nach oben. Erstmals bei Pitch-Black hatten die nimmermüden Peter Spilles, der gesundete Dirk Scheuber und Daniel Myer (Haujobb, DSTR, Architect) am Keyboard leichtes Spiel und mussten die Fans nicht zum Mitfeiern motivierten. Ein absoluter Selbstläufer. Denn bei Timekiller, Endless Infinity oder Souls blieb niemand ungerührt stehen. Glücklich, aber müde verließ die dunkle Gemeinde anschließend mit Vorfreude auf den kommenden Amphi-Sonntag das Staatenhaus und atmetet die schöne Sommerluft im Freien ein… oder feierte noch zu Clubmusik der Party-DJs im Theater weiter.
Fotos vom Samstag, 26.07.2014 (u.a. mit Front 242, Project Pitchfork, Camouflage, Blutengel, Hocico, Lord Of The Lost, Zeromancer etc.)

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Sonntag, 27.07.2014

Auch an Amphi Tag Nummer zwei sollte den Besuchern das gute Wetter hold sein, denn es zeigte sich von seiner besten, sonnigen Seite. Und nicht nur das sorgte für gute Laune, sondern auch das Auftreten der ersten Band auf der Mainstage, die slowenische Synthpop-Gruppe Torul, die der eine oder andere vielleicht als Vorgruppe von Mesh kennt. AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)Ihr gefälliger Synthpop kam beim Publikum gut an, obwohl auch diese Band wahrscheinlich technische Probleme hatte, denn sonst hätte man sich die doch zum teil recht schief gesungenen Vocals von Frontman Torul Torulsson nicht erklären können. Ungleich rockiger ging es dann mit Unzucht weiter. Das mit Halbplayback dargebotene erste Stück sorgte zuerst für einen verwirrten Blick beim Publikum, dann ging es aber ruckzuck mit gutem Crossover-Industrial mit deutschen Texten weiter. Stücke wie Rosenkreuzer oder Todsünde 8 sorgten für gute Stimmung zur Mittagszeit. Selbst das gewöhnungsbedürftige Coverstück Entre dos Tierras der Band Heroes del Silencio wurde gut aufgenommen und mit großem Applaus gewürdigt. Aber nun sollte es etwas schmusiger mit Solar Fake weitergehen, dessen Sänger Sven Friedrich (Umgangssprachlich als „Der schöne Sven“ betitelt) es mal wieder fertig brachte, mit seinen elektronischen Tracks den Hörern ein wohliges Gefühl zu bescheren. Titel wie Here i stand, Parasites oder I Hate You More Than My Life sind der perfekte Soundtrack für einen schönen Nachmittag mit Kaffee und Kuchen. Und das ist mitnichten ironisch gemeint.

Im Staatenhaus waren indes krachige Beats angesagt. Noisuf-X brachten einen Smasher nach dem anderen und der Clubhit Hit Me Hard ließ niemanden kalt. Nicht nur die Decke bebte, AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)sondern auch die tanzwütigen Fans. Neue deutsche Härte ist mal wieder eine Schublade, in die Bands gesteckt werden, die rockiger daherkommen als andere. Aber in diesem Falle ist die Beschreibung treffend, denn Maerzfeld traf die Zuschauer mitten ins Herz und das lag bestimmt nicht nur an ihren harten Texten. Klangstabil aber gingen anders zu Werke. Ihr minimales Setup mit großem Technik-Tisch und Laptop, die sphärischen Elektrobeats und die verzerrte Stimme von Boris May, der aufgrund seines vollen Körpereinsatzes einen sehr hohen Bühnenwasserverbrauch hatte (er kippte sich literweise des kühlen Nasses über den gescherten Kopf), versetzten die Zuschauer in Tanztrance, und die Songs wie Shadowboy oder Math & Emotion wurden heftig gefeiert. Bei Klangstabil kommt es nicht auf tolle Melodien und Gesang an, sondern auf Atmosphäre und Sound und der stimmte einfach bei dem dynamischen Elektronik-Duo. AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)Bei The Exploding Boy wurden dann wieder die Gitarren ausgepackt und die New Wave Band aus Stockholm präsentierte einen erfrischenden Sound im dunklen Einerlei des Festivals. In bester Editors-Manier sangen sie ihre Waveperlen wie Desperados und Torn, die nicht nur bei den weiblichen Fans ankamen.

Die Gebrüder Humberstone und ihr Projekt In The Nursery stimmte auf der Open Air Bühne nochmals ganz andere Töne an. Mit großen Kesselpauken, Taiko Drums, Gitarre und Keyboard zeigte die Band, dass auch Musik mit Anspruch eine Daseinsberechtigung hat, was man bei den Songs Hymn Noire, Bombed und dem neuen, noch nicht aufgenommenen Stück Formar (Im besten Joy Division Style) eindrucksvoll miterleben konnte. Damit auch die Klassiker nicht zu kurz kamen, gab es natürlich auch Mystery (in einer rockigen Version) und den Tanzknaller A Rebour im Flesh Field Remix auf die geneigten Ohren. Die Synthiepop Band Mesh ist immer ein gerngesehener Gast auf jedem Festival, verzaubern die Jungs aus Bristol doch jede Location in ein Mekka gut produzierter Popsongs. Dieses Mal musste man sich aber erst einmal anstrengen, die Musiker überhaupt zu entdecken, denn ihre erste Nummer (eine wunderschöne Akustik Version von Trust You) intonierten sie nämlich am FOH der Mainstage.AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014) Nach dieser süßen Idee ging es aber so richtig los, den es folgten alle Mesh-Hymnen, die man sich als Fan wünschen kann: Born To Lie, You didn´t want me, Step by Step und viele andere. Stimmungstechnisch sicherlich eines der Höhepunkte an diesem Sonntag. Mono Inc. sind ebenfalls gute Bekannte auf dem Amphi. Fast alle 16.000 Besucher drängten sich vor die Open Air Bühne, um die Band um Mastermind Sänger Martin Engler zu bewundern und ihrem Reigen perfekt konstruierter Rockmusik zu lauschen. Die Hamburger Band zeigte, wo der Hammer hing und spielte ihre bekanntesten Songs wie die Szenehymne Heile, Heile Segen, Symphony Of Pain oder Voices Of Doom, die mittlerweile schon fast Volkslieder sind. Die Scharen von Fans waren sichtlich angetan und bestärkten die Band, immer noch zu den ganz großen Liveacts der Gothic-Gemeinde zu gehören.

AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)In der Halle konnte man den Futurepop der Formation ROTERSAND erleben, die wie immer Scharen von Leuten anzogen, die endlich mal wieder abtanzen wollen. Kein Problem, denn Merging Oceans, Waiting To Be Born und I Cry sind die perfekten Tanzknaller, die Hüne Rascal Nikov und seine Mannen durch die Boxen jagten, bis die Stimmung überkochte. In Anschluss daran konnte man Zeitzeuge einer der wenigen Livekonzerte der Kultband London After Midnight werden. Und das hatte es in sich. Die Amerikaner eröffneten ihre Show mit bombastischen Sounds und Frontmann Sean Breannan und seine Mitspieler rockten Kiss, Nothing’s Sacred, den Klassiker Sacrifice und den neuen Song Love ins Publikum.

AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)Ein Besuch im Theater lohnt sich ja immer, sogar beim Amphi Festival. Denn das schöne Ambiente war das perfekte Podium für anspruchsvolle Musik. Die Besucher hatten die Gelegenheit, sich im klimatisierten Räumen abzukühlen und der nicht kühl zu nennenden Performance der Ausnahmeband Janus zu lauschen. Beginnend mit Hotel Eden begann eine musikalische Reise in die Untiefen der menschlichen Seele, vorgetragen von guten Musikern, die die Stücke der Band u.a. mit Querflöte und Klarinette gekonnt darboten. Dirk Riegert, der Kopf hinter Janus schaffte es mit seiner Stimme und darstellerischen Gesten die morbiden Stücke der Themenalben kongenial herüberzubringen und es lag nicht an der kühlen Luft, dass sich u.a. beim Stück Isaac sofort die feinen Härchen auf dem Arm aufrichteten. Ein genialer Kontrapunkt auf dem geschäftigen Treiben des restlichen Festivals.

Die Norweger von Apoptygma Berzerk mag man sich seit langer Zeit nicht mehr aus der Musiklandschaft wegdenken, gehören sie auch schon bereits seit über 20 Jahren zum Besten, AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)was man in der dunklen Szene erleben darf. So servierten sie an diesem schönen Sonntagnachmittag einen buntschwarzen Querschnitt durch ihr Oeuvre, zu dem so unterschiedliche Stücke wie Unicorn, Paranoia, die geniale Peter Schilling Coverversion Major Tom (Coming Home) und viele andere gehören. Die Apop-Jünger konnten sich also nicht beschweren und hatten allen Grund, ob der tollen Show in Verzückung zu geraten. Rockig ging es dann weiter, denn niemand anderes als Eisbrecher sollte nun die Bohlen erklimmen und auch ohne Opfer entern. Alexander Wesselsky und seine Mannen standen schon so oft auf dieser Bühne, aber immer noch hatten sie nicht nur die Menschenmassen fest im Griff, sondern auch ihre mit großem Selbstbewusstsein vorgetragen Songs. Und das zu Recht, denn Eiszeit, Schwarze Witwe oder This Is Deutsch sind einfach klasse Songs, die sich tief ins Gehirn einbrennen. Pyrotechnik, Trommelsoli (Amok) und nette Anekdoten der Bayern sorgten dafür, dass nicht eine Sekunde Langeweile herrschte. Eine absolut gut durchdachte und hoch unterhaltsame Show. Besser konnte man das letzte Konzert auf der Mainstage nicht beenden.

AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014)Im Staatenhaus sollte es dann richtig rundgehen, mit der Industrial Legende schlechthin: Die Krupps. Doch genau wie bei Front 242 sollte hier die Technik nicht mitspielen, denn nach dem Intro musste die Band abbrechen. Doch der Charme von Kopf Jürgen Engler, der sich auf ganz sympathische Art und Weise mit seinen Fans beschäftigte, („Wir gehen nicht von der Bühne!“) überbrückte die Panne spielend, denn alleine die Tatsache, dass die Krupps anwesend war, hatte schon etwas Beruhigendes. Nach kurzer Pause brach dann endlich die Industrialhölle los, denn die Düsseldorfer gaben so viel Gas, dass einem fast schwindelig wurde. Bei Risikofaktor kam dann zum ersten Mal das Stahlophon zum Einsatz und auch bei Der Amboss rockten die Fans im Takt des scheppernden Metalls, auf das Engler wie ein Derwisch einschlug. Die Band brachte eine atemlose Mischung aus Stücken des neuen Albums The Machinists of Joy (Schmutzfabrik, Robosapiens) und Klassikern wie Metal Machine Music und nicht nur die ersten Reihen tanzten sich die Seele aus dem Leib, sondern die ganze Halle vibrierte. Offenbar so stark, dass ein Deckenteil des Staatenhauses herabhing und von fleißigen Sicherheitsleuten schnell abgesichert werden musste.AMPHI FESTIVAL 2014 - Köln, Tanzbrunnen (26.-27.07.2014) Lacrimosa durfte anschließend das Festival im Staatenhaus beschließen und besser konnte man es nicht anstellen. Nach einem düsteren, spannenden Intro war der Blick frei auf die Ausnahmeband rund um Mastermind Tilo Wolff. Unter großen Applaus präsentierte die Band ihre Hits von früher und von heute: Ich Bin Der Brennende Komet, Stolzes Herz oder Alles Lüge bewiesen dem tosenden Publikum, dass Lacrimosa immer noch eine gute Liveband ist. Wie ein moderner Mozart bewegte sich Wolff auf der Szene, passend zu den oft orchestral arrangierten Tracks. Das perfekte Ende eines perfekten Festivaltages. Ende? Nicht ganz, denn wer nach diesem Hörgenuss noch Power und ein Ticket besaß, konnte als letztes Event an Bord der MS RheinFantasie steigen und VNV Nation, Sonja Kraushofer und Solar Fake (mit coolem Gastauftritt von Peter Heppner bei Die Flut) genießen. Das 10. Amphi Festival ist trotz zweier Schiffstouren nicht untergegangen. So dürfen wir uns bereits jetzt auf Streich Nummer 11 freuen!
Fotos vom Sonntag, 27.07.2014 (u.a. mit Lacrimosa, Eisbrecher, Apoptygma Berzerk, Janus, London After Midnight, Mesh etc.)

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Besucherfotos: Thomas Bunge
Bandfotos: Daniela Letzner & Michael Gamon

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