Die „Vorband“ in der ausverkauften Lanxess Arena war im Grunde eher ein Duo: die zwei Background Sängerinnen von Peter Gabriel: Jennie Abrahamson und Linnea Olsson, die -angesagt von Mr. Gabriel himself- mit elektrischem Xylophon und Cello für entspannten Sound und Gesang im skandinavischen Style sorgten. Ein schöner Einklang des perfekten Musikevents. Nach kurzer Umbaupause kam dann Peter Gabriel unter tosendem Applaus auf die Bühne und las in fast perfektem Deutsch die „Speisekarte“ des Abends vor. Er versprach eine akustische Vorspeise, gefolgt von dem elektrischen Hauptgang und als Dessert schließlich das komplette So Album in der Originalbesetzung der Tour von 1987.
Zu Beginn des Akustik Sets betrat Tony Levin die Bühne, um mit Peter am Electro Cello den ersten Song des Abends, OBUT zu spielen. In einer Art „Jazz-Light“ Version stimmte das Duo das Publikum auf den Rest der Band ein, die nach und nach die Bühne betrat. Gitarrist David Rhodes, der an diesem Tag Geburtstag hatte, konnte einen „Happy Birthday“-Chor aus 15.000 Kehlen genießen, welcher ihm sichtlich gefiel. In voller Besetzung brachten die Musiker Come talk to me und Shock the monkey dar, bei dem zu ersten mal ein großes Mitklatschen einsetzte. Das Publikum war feierlich gestimmt und freute sich auf die kommenden Attraktionen der Show, von denen so einige kommen sollten. Während Family Snapshot aus der „Genesis“-Ära wurde plötzlich das Saallicht ausgeschaltet und der elektrische Teil der Aufführung begann mit viel Bühnennebel, Video- und Lightshow. Beim Stück Diggin in the Dirt kamen zum ersten mal die von der (ganz in schwarz gekleidete) Crew bewegten Lichtkräne ins Spiel, die ein mysteriöses weißes Licht zauberten. Und diese wirkten mit ihren langen Armen wie außerirdische Spinnen, die Sänger Gabriel zu verfolgen schienen.
The Family and the Fishing Net, der mit seinem düster psychedelischen Sound zu begeistern wusste, kreierte eine atemlose Atmosphäre, die den Zuschauer sofort in den Bann zog. Peter selbst durfte bei der Performance des Stückes den Licht- und Kamerakran über die Bretter bewegen, was der Dynamik der Show einen weiteren Kick verlieh. Aber nicht nur die Showelemente begeisterten. Mr. Gabriel hatte um sich eine fantastische Musikerriege versammelt, denen man die Spielfreude förmlich ansehen konnte, was sich auch auf die Fans übertrug, die ihre Helden immer wieder mit offenem Applaus belohnten. Natürlich durfte auch nicht der Kultklassiker Solsbury Hill fehlen, und das Publikum durfte an den richtigen Stellen „Boom Boom Boom“ rufen und klatschen.
Mit Red rain begann der farbige So-Teil der Show, der selbstredend im roten Licht präsentiert wurde. Sledgehammer, der Song der nach fast 30 Jahren immer noch ein „Hammersong“ ist, wurde durch die süße Tanzchoreo von Peter, Tony und David geadelt. Don’t give up ist wohl eine der schönsten Achtziger Jahre Balladen überhaupt. Im Original gaben Peter Gabriel und Kate Bush ein Ständchen, am heutigen Abend durfte Jennie Abrahamson mit dem Meister singen und sorgte mit der Performance für wohlige Schauer. Auch im weiteren Verlauf der Show gab es viel Schauwerte zu bestaunen, z.B. als Gabriel beim soundtrackartigen Merci Street liegend den Song sang und ihn die Kamera scheinbar zu liebkosen versuchte. Eitle Selbstdarstellung oder Showeffekt? Eher letzteres, da Sir Peter vieles in verschmitzt-sympathischer Art und Weise präsentierte. Bei
We Do What We’re Told (Milgram’s 37) wurden die vier Kräne von der maskierten Crew bewegt wie im Science Fiction Film 1984 von George Orwell und man wähnte sich aufgrund der theaterhaften Inszenierung fast in einem Musical. Mit In your eyes wurde dann das Album So abgeschlossen und der Hauptteil des Abends beendet, was die Fans aber natürlich nicht davon abhielt, die Band zurück auf die Szene zu rufen. Als Zugabe gab es dann das deutsch gesungene Lied Hier kommt die Flut (Here comes the flood), welches wie am Anfang von Peter am Flügel und von Tony am Bass begleitet wurde. Doch wer nun dachte, es gäbe am Ende der Show nichts mehr zu bestaunen, der täuschte sich. Bei The Tower That Ate People wurde Gabriel sprichwörtlich von einem von der Decke kommenden, mit weißer Plane bespannten Zylinder verschluckt, der sich dann wieder Richtung Saaldecke aufspannte und sich in einen fluoreszierenden Turm verwandelte. Gottlob kam Herr Gabriel dann wieder irgendwie auf die Bühne, bevor Biko das Ende der genialen Show einläutete.
Setlist Peter Gabriel:
Acoustic Set (Full houselights)
01. ?OBUT?
02. Come Talk to Me
03. ?Shock the Monkey
Electric Set (White Light)
04. ?Electric – White lights
05. ?Family Snapshot
06. ?Digging in the Dirt
07. ?Secret World
08. ?The Family and the Fishing Net
09. ?No Self Control
10. ?Solsbury Hill?
11. Why Don’t You Show Yourself
So (Colour Lights)
12. ?Red Rain
13. ?Sledgehammer
14. ?Don’t Give Up
15. ?That Voice Again
16. ?Mercy Street
17. ?Big Time
18. ?We Do What We’re Told (Milgram’s 37)
19. ?This Is the Picture (Excellent Birds)
20. ?In Your Eyes
21. Hier kommt die Flut (Here Comes The Flood – German Version) (Z)
22. ?The Tower That Ate People (Z)
?23. Biko (Z)
??Besetzung:?
Gesang: Peter Gabriel
Gitarre: David Rhodes
?Bass: Tony Levin ?
Keyboard: David Sancious
?Schlagzeug: Manu Katché
?Gesang: Jennie Abrahamson & Linnea Olsson
Fotos: Michael Gamon