Die Krupps – The Machinists of Joy?
Die Düsseldorfer Punk-Urgesteine DIE KRUPPS legen endlich wieder ein neues Album vor und das Ergebnis kann sich mehr als Hören lassen. Bereits die Tracks Risikofaktor und Industrie-Mädchen kündigten neues Material an und waren wochenlang an der Spitze der DAC-Charts zu Gast. Der Name der neuen CD (in Anlehnung an den Smasher von 1989 Machineries of Joy) ist Programm. Die Scheibe macht großen Spaß, der Synthesizer ist das Hauptelement der Songs, doch die Gitarre ist stets immer im Gesamtsound integriert, um den nötigen Live Effekt zu erzielen. Als wären sie nie weg gewesen, zeigen die Jungs, dass sie immer noch glasklaren EBM- und Crossover bringen können, ohne ansatzweise verstaubt zu wirken.?
Ein Blick zurück nach vorn zeigt bereits als Opener die Marschrichtung an, in die das Album geht. Drückende Basslines, verzerrte Gitarren und Jürgens druckvolle Vocals lassen die Haare fliegen und die Beine tanzen. Bei Schmutzfaktor kommen die EBM Heads voll auf ihre Kosten, denn die Gitarren werden eher im Hintergrund, dennoch gewinnbringend eingesetzt. Hier regieren Maschinenbeats und dreckige Synthsounds. Bilder von kohleschwarzen Arbeitern in einer Fabrik im Ruhrgebiet kommen einem in den Sinn. Das Stahlofon scheppert, Computerklänge stimmen ein. DER Song für die Doppelschicht eben. Risikofaktor ist ja bereits als einer der ersten neuen Lebenszeichen der Band bekannt und der Track lebt von der Verquickung von Crossover Klängen; sprich: Elektronik und Metalgitarre. Nun zum absoluten Höhepunkt des Albums, denn Robosapiens ist das beste Beispiel, wie die Jungs eine pathetische, mitreißende Melodie mit der typischen Krupps-Attitüde zu verbinden vermögen. Wer beim Hören nicht drei Schritt vor und drei zurück tanzt, ist selber Schuld! Der Titeltrack The Machinist of Joy indes startet mit einer fast schon funky zu nennenden Synthsequenz, bevor der langsame Rhythmus der Maschine beginnt und Herr Engler in Englisch und Deutsch singt. Erinnerungen an And One werden wach(Nachtschicht in der Hassfabrik), obwohl wohl anders herum ein Schuh daraus wird. Immer wenn Die Krupps das Tempo drosseln, wird es atmosphärisch und das gute Songwriting kommt so richtig zur vollen Blüte. Man darf auf keinen Fall vergessen, dass die Band richtige Musiker sind, obwohl sie aus der Düsseldorfer „Jeder kann Musik machen“-Punkszene stammen. Die zweite Hälfte der CD lässt den Hörer ein wenig zu Luft kommen, z.B. bei Eiskalter Engel (der wie ein NDW Song auf Gras wirkt) und Part of the Maschine, der es spielend schafft, gleichzeitig zu unterhalten und zu beglücken. Bei Nocebo werden die Maschinen wieder angeschmissen und lassen uns wehmütig auf das Schichtende schauen, welches durch Im Schatten der Ringe zur Realität wird. Doch gottlob gibt es als Zugabe noch zwei Bonustracks, die keineswegs Füllmaterial sind, sondern eher kleine Juwelen. Das congeniale Cover von Industriemädchen der Punkgruppe S.Y.P.H. hat es in sich, denn anders als beim Original kreieren hier Tanzbarkeit und Härte ein wohliges Stelldichein. Als Schlussmarke setzen die Krupps dann Nazis auf Speed, der mit seinem „typisch Deutsch“- Musikvideo ein ironisches Meisterwerk abfackelt.
Fazit: erschreckend frisch wirkendes neues Werk der Crossover-Altmeister aus Düsseldorf.
Tracklist:
01. Ein Blick zurück im Zorn
02. Schmutzfabrik
03. Risikofaktor
04. Robo sapien
05. The machinist of joy
06. Essenbeck
07. Im falschen Land
08. Part of the machine
09. Eiskalter Engel
10. Nocebo
11. Im Schatten der Ringe
12. Bonus: Nazis auf Speed
13. Bonus: Industrie-Mädchen
Autor: Frank Stienen