Trotz nunmehr 30 Jahren Bandgeschichte sind The Cure noch immer Garanten für hervorragende Live-Konzerte und so ging ein Raunen durch die Republik als bekannt wurde, dass die Band um Frontman Robert Smith Anfang 2008 erneut auf große Europatour gehen würde und dabei auch ein paar handverlesene Konzerte auf Deutschland entfallen würden. Schon in den Tagen vor dem Konzert in Oberhausen hörte man, dass The Cure ihre Spielfreude noch lange nicht verloren hatten und es war von Konzerten bis zu 220 Minuten Länge die Rede.
Und so machte ich mich mit angemessen hohen Erwartungen auf den Weg nach Oberhausen, zumal ich The Cure in meinem Leben zuvor zweimal live erleben durfte, da aber jeweils “nur” bei Festivals und sie mich seinerzeit schon mehr als überzeugt hatten. Nun war also die Zeit meines ersten “richtigen” Cure-Konzerts gekommen und hier sollte es dann auch sicher für mehr reichen als die Dauer eines üblichen Festivalauftritts.
Mein Platz im Oberrang war gelinde gesagt “ungünstig”, da quasi direkt neben der Bühne. “Vorteilhaft” dabei war lediglich, dass ich die Band beim betreten und verlassen der Bühne beobachten konnte. Die Arena war natürlich bis auf den letzten Platz ausverkauft und in den Gängen herrschte schon früh ein großes Gewusel meist schwarz gekleideter Personen aller Altersschichten.
Der Beginn des Konzerts war bereits im Vorfeld um eine Stunde vorverlegt worden und so begann die Sheffielder Vorband 65daysofstatic pünktlich um 19 Uhr ihren rein instrumentalen Set und hämmerte den Zuschauern auch gleich ein ordentliches Pfund um die Ohren. Es ging sehr rockig zur Sache und insbesondere der Drummer schug auf seine Felle ein, als gäbe es kein Morgen mehr. Trotz der hohen Lautstärke und dem für ein Cure Konzert recht hohen Härtegrad konnten 65daysofstatic überzeugen. Denn die Songs wirkten fast epenhaft und die musikalisch aufgebaute Wall Of Sound war schon beeindruckend. An manchen Stellen hätte man sich zwar vielleicht etwas Gesang gewünscht, aber trotzdem wurden die Briten während ihres gut halbstündigen Auftritts sehr positiv vom Publikum aufgenommen und erhöhten die Spannung auf den Hauptact des Abends.
Und gegen 20:15 Uhr war es dann auch soweit und The Cure betraten die Bühne der König-Pilsener-Arena. Das derzeitige Lineup umfasst Robert Smith, Simon Gallup, Jason Cooper & Porl Thompson und schon gleich die ersten Songs machten deutlich, dass die anwesenden Jünger heute von ihren Idolen bekommen würden, was sie sich erhofft hatten, denn “Plainsong” und “Prayers For Rain” vom Erfolgsalbum “Disintegration” eröffneten den Reigen. Und auch in der Folgezeit beherrschten meist Stücke der früheren Schaffensphasen die Setlist, allerdings schlichen sich auch einige neue Stücke des bald erscheinenden neuen Albums ein, die ebenfalls vom Publikum sehr gut aufgenommen wurden. Überhaupt war die Stimmung einfach nur gigantisch. Nach jedem Song wurde geklatscht, gepfiffen und gegröhlt was das Zeug hielt. Der Bühnenaufbau selbst war relativ einfach gehalten und die Videosequenzen im Hintergrund der Bühne waren auch eher leicht schmückendes Beiwerk, hier wurde das Augenmerk ganz klar auf die Hauptdarsteller der Show gelegt, für allzuviel technischen Schnickschnack sind The Cure wohl auch die falsche Band.
Dafür allerdings -wie schon eingangs erwähnt- für lange Konzerte, denn alleine der Hauptteil der Show dauerte mit 23 Songs bereits knapp zwei Stunden und umfasste solche Hits wie “Pictures Of You” oder “Lullaby”. Äußerst gelungen zudem das Songtrio “Push”, “Inbetween Days” und “Just Like Heaven” und das energiegeladene “The Baby Screams”. Lustige Anekdote am Rande: Bei “Never Enough” drücke Simon Gallup seinem Mitstreiter Porl Thompson einen Kuss auf!
Und bei all der Euphorie im Saal war es jedem klar, dass das noch nicht alles sein würde und so hielt es die Briten auch nicht lange im Backstagebereich und man kam für den ersten Zugabenblock zurück auf die Bühne. Dieser war bestimmt von älteren Songs und zwar “At Night”, “M”, “Play For Today” und im Anschluss das beliebte und vorallem live absout beeindruckende “A Forest”. Das Publikum klatsche begeistert mit und auch der Band schien es zu gefallen und so verging auch dieses Mal nicht viel Zeit bevor The Cure erneut die Bühne betraten und ihren Gute Laune Song “Friday I’m In Love” präsentierten. Beendet wurde dieser zweite Zugabenblock durch das wunderbare “Why Can’t I Be You” und hier zeigte Robert Smith auch gleich nochmal wie sehr ihm alle seine Fans am Herzen liegen, denn er verbrachte den Song fast ausschließlich an der linken und rechten Bühnenseite um auch den Zuschauern etwas zu bieten, die -wie ich- das Geschehen ansonsten hauptsächlich von der Seite betrachten konnten. Fast schon süß dabei Robert’s unverkennbare Tanzbewegungen.
Doch auch jetzt hatten Band und Zuschauer noch nicht genug und es kam zum krönenden Finale! “Boys Don’t Cry” erklang und nun ging es ganz tief in die Geschichtsbücher dieser Ausnahmeband. Denn es folgte mit “Jumping Someone Else’s Train”, “Grinding Halt” und “10:15 Saturday Night” ganz großes Cure-Kino und es gab einfach kein Halten mehr. Den Abschluss bildete nach 190 Minuten eine äußerst energiegeladene Version des alten Cure Hits “Killing An Arab”, bei dem sich Robert Smith und seine Mannen nun endgültig vollkommen verausgabten und so einen wohl sehr lange im Gedächnis bleiben Auftritt gebührend vollendeten.
Das war vermutlich schon so früh im Jahr eines, wenn nicht sogar DAS Highlight dieses Konzertjahres, hier werden sich andere Bands schon gehörig strecken müssen um auch nur annähernd an The Cure heranzureichen. Und man kann schon jetzt fest davon ausgehen, dass ich bei nächster Gelegenheit wieder dabei sein werde. Hoffentlich muss ich nicht zu lange warten …
Setlist:
01: Plain song
02: Prayers for rain
03: A strange day
04: alt.end
05: A night like this
06: The end of the world
07: Lovesong
08: Pictures of you
09: Lullaby
10: From the edge of the deep green sea
11: The figurehead
12: Kyoto song
13: Please come home (neu?)
14: Push
15: Inbetween days
16: Just like heaven
17: Primary
18: A boy I never knew (neu)
19: Never enough
20: Wrong number
21: The baby screams
22: One hundred years
23: Disintegration
24: At night (Z)
25: M (Z)
26: Play for today (Z)
27: A forest (Z)
28: Friday I’m in love (Z)
29: Freak show (Z)
30: Close to me (Z)
31: Why can’t I be you? (Z)
32: Boys don’t cry (Z)
33: Jumping someone else’s train (Z)
34: Grinding halt (Z)
35: 10:15 saturday night (Z)
36: Killing an arab (Z)
Autor : Michael Gamon
Externer Link: Fotos des Konzerts sind auf Christoph’s Flickr-Seite zu finden.