ANNETT LOUISAN – Bochum, Jahrhunderhalle (16.03.2017)

ANNETT LOUISAN - Bochum, Jahrhunderhalle (16.03.2017)
Annett Louisan, © Marcus Nathofer
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Die Jahrhunderthalle in Bochum ist Aufgrund einer hervorragenden Akustik eine fabelhafte Kulisse für Live-Musik. An diesem frühlinghaften Abend im März gastiert die deutsche Meisterin des Chansons, Annett Louisan, in der alten architektonischen Stahlbaukulisse. Die charmante Wahl-Hamburgerin ist auf Deutschland-Tour und steht mit ihren 40 Jahren kurz vor einer neuen Herausforderung des Lebens. Sie macht diese Tour trotz fortgeschrittener Schwangerschaft und den damit verbundenen Risiken. Frei nach dem Motto: „Was so viel Freude im Leben bereitet, kann doch nicht schlecht sein“. Mit dabei ist eine Auswahl an sehr erfahrenen, internationalen Musikern aus Canada, Schottland, Österreich und Deutschland. Der Bühnenaufbau wirkt ein wenig wie ein gemütliches etwas spärlich eingerichtetes Wohnzimmer mit rotem Kanapee und schöner Lichtleiste über den Köpfen. Die Musiker bilden einen Halbkreis um die werdende Mutter, so dass alles sehr harmonisch und gemütlich wirkt.

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Nachdem alle Besucher ihre Plätze gefunden und eingenommen haben geht es auch schon los. Ein kurzes Intro geht in das erste Lied Kleine Zwischenfälle über. Annett Louisan wirkt trotz des gut sichtbaren Babybauchs kaum eingeschränkt. Stattdessen merkt man ihr sofort an, dass sie es liebt auf der Bühne zu stehen um ihre Lieder live zu präsentieren. Ihre gesamte Setlist ist wie eine kleine Geschichte aufgebaut, durch die sie mit schönen und amüsanten Moderationen führt. Quasi wie ein Schwank aus ihrem Leben. So erzählt sie, dass sie im Leben genau zweimal gewalttätig war. Einmal musste sie einem anderen Mädchen eine Ohrfeige geben, weil sie sehr gemein war. Dabei musste sie hochspringen, um das Gesicht der anderen zu erreichen. Sie ist ja nicht die Größte, habe es aber geschafft. Das zweite Mal war es als sie schon älter war. Es folgt Ich tu nur weh wenn ich liebe. Zwischendurch macht sie es sich auf dem Kanapee gemütlich und sagt: “Man kann auch im Sitzen in Ekstase geraten.” Es folgt Wenn man sich nicht mehr liebt. Bei Drück die 1 unterstützt das Publikum mit Backgroundgesang. Annett entschuldigt sich für den einen oder anderen kleinen Textaussetzer und erkläre, dass sie jetzt weiß, dass es die sogenannte Schwangerschaftsdemenz wirklich gibt. Auch hat sie den Schlagzeuger gebeten etwas leiser zu spielen um den Nachwuchs nicht zu stören. Mit etwas Wehmut in der Stimme stellt sie fest, dass dies ihre erste Tour ohne Prosecco ist. Sie erzählt über ihre Familie und zitiert einen ihrer bevorzugten Schriftsteller: “Wenn du glaubst erleuchtet zu sein, besuch deine Familie” Es ist kein Geheimnis, dass das Verhältnis zu ihrer Mutter nicht ideal war, und dennoch fragt sie sie in schwierigen Situationen nach ihrem Blickwinkel. Auf dieser Grundlage entstand der Song Meine Kleine. Aber auch die Coverstücke von ihrem aktuellen Album Berlin, Kapstadt, Prag dürfen auf der Tour nicht fehlen. Stark ist das erste Stück, und gleichzeitig das Ende des ersten Konzert-Abschnitts, bei dem am Ende die Band noch einen beeindruckenden Instrumental-Part spielt. Es folgt eine ca. 20 Minütige Pause in der sich Musiker und Publikum kurz die Beine vertreten bzw. hochlegen können. Der zweite Part beginnt mit dem Coversong Engel von Rammstein. Beim folgenden Lied Traum wird das Publikum um gesangliche Unterstützung gebeten. Eine herrliche Atmosphäre wenn gefühlt jeder im Saal mitsingt. Als Annett ihre Band vorstellt stellt sich heraus, dass sie bis auf den Schlagzeuger eine reine Martin-Band hat, denn vier von den fünf Musikern heißen Martin mit Vornamen, nur der Schlagzeuger heißt Florian.

Annett erzählt ein wenig von ihrem Gitarristen Martin Kelly, der aus Schottland kommt und auf dieser Tour zwar ein wenig deutsch lernt, aber sonst nicht wirklich verstehe, was sie hier singt. Er hat’s schwer, wird nur mit der Akustikgitarre vom schottischen Gitarristen begleitet. Und weiter geht es mit Belmondo. Dieser Song hört sich wie ein italienischer Softporno an, zumindest beschreibt sie ihn so. Ein Ständchen zum Fremdgehen darf auch nicht fehlen. Was haben wir gesucht ist diesbezüglich ihr Lieblingslied, was jedoch jetzt irgendwie komisch klingen muss, da sie ja eine treue Seele ist. Annett ist klar, dass sich das Leben von ihr und ihrem Mann, den sie über alles liebt, mit dem Nachwuchs ändern wird. Es wird die beiden noch mehr zusammenschweißen. Sie beschreibt ihn als einen absolut positiven Menschen und er sage immer, dass in der Beziehung Annett breit und er tief sei. Sechs Jahre haben die beiden schon auf der Partner-Uhr des Lebens zusammen verbracht. Zu dieser Einleitung kann es nur Alles erledigt als nächstes Lied geben. Annett führt durch ihr Konzert mit einer geschichtlichen Leichtigkeit. Auch die Cover-Stücke fügen sich perfekt hinein. Ein Konzert bei dem einfach alles zusammenpasst. Auch ihre Interpretationen der Cover Songs wie z.B. Herz gebrochen von Samy Deluxe gehen unter die Haut. Um kurz vor zehn war dann mit Das Spiel Schluss. In dem Lied spielt Annett zusätzlich sehr gekonnt Mundharmonika. Und trotz ihres Zustandes kommt sie doch noch für 3 weitere Zugaben zurück auf die Bühne, bevor sie mit einem letzten neuen Song dann wirklich unter Standing Ovation das Konzert beendet. Das Resümee ist ein wunderschöner Abend der in Erinnerung bleiben wird.

Die Redaktion von Monkeypress wünscht Annett Louisan auf diesem Wege alles Gute, Glück und Gesundheit für den Nachwuchs und die Familie.

Setlist ANNETT LOUISAN @ Bochum, Jahrhunderthalle (16.03.2017):

Part 1
01. Kleine Zwischenfälle
02. Die Dinge
03. Zweites erstes Mal
04. Schnappi
05. Ich tu nur weh wenn ich liebe
06. Wenn man sich nicht mehr liebt
07. Drück die 1
08. Eve
09. Meine Kleine
10. Stark (Ich + Ich Cover)
Part 2
11. Engel (Rammstein Cover)
12. Traum
13. Er hat’s schwer
14. Belmondo (und die Frau auf der Waschmaschine)
15. Was haben wir gesucht
16. Alles erledigt
17. Herz gebrochen (Samy Deluxe Cover)
18. Bye Bye Love (The Everly Brothers Cover)
19. Das Spiel
20. Merci chérie (Udo Jürgens Cover) (Z)
21. Das alles wär nie passiert (Z)
22. Die schönsten Wege sind aus Holz (ZZ)

 

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