Alle Jahre wieder liefert die Band um Justin Sullivan ein Weihnachtskonzert im Rheinland ab. Früher in der Philipshalle der Landeshauptstadt Düsseldorf, seit dem Bestehen des Palladiums gastieren sie aber in Köln. Wer sooft und treu kommt, lässt sich natürlich jedes Mal etwas anderes einfallen. So gibt es meist zwei durchaus hochkarätige Supports und öfters hochkarätige Gastmusiker mit zusätzlichen Instrumenten. Auch der Zuspruch seitens des Publikums variiert. In diesem Jahr ist es zwar nicht ausverkauft, der Innenraum ist aber gut gefüllt. Nur auf den Balkonen ist noch Platz zu finden.
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In diesem Jahr gibt es nur einen Support, der es mit The Young Gods allerdings durchaus in sich hat. The Young Gods sind im Industrial-Bereich durchaus eine Hausnummer, die Band gilt mit ihrer Musik als stilprägend in der dunklen Szene. Und doch ist es längst nicht jedermanns Geschmack, da vieles gesampelt wird und somit schwer ein Live-Feeling aufkommt. Handwerklich macht die Schweizer Combo das Meiste richtig und Fans haben so ihr Leckerbissen und kommen auf ihre Kosten.
Dennoch sind die Meisten für die Briten von New Model Army hier und nicht wenige Fans dürften Bescheid wissen, dass sie einfach selbst eine Art Vorband mimen. Sie beginnen mit einem durchaus ruhigeren Set, in denen sie auf ein kleineres Drum-Set zurückgreifen und auf elektrische Gitarren nahezu verzichten. Ganz neu ist diese Idee nicht, allerdings machten sie davon jetzt mehrere Jahre kein Gebrauch. Und so beginnt der Abend gediegen und auch die Begrüßung eher zurückhaltend, jedoch keineswegs lahm oder langweilig. Auch in der ersten Stunde gibt es flotte und wuchtige Kracher wie All of this oder Over The Wire. Nach elf Songs sollen Lautstärke, Härte und damit auch Stimmung weiter angeheizt werden. Doch auch im gitarrenlastigeren und lauteren Teil des Konzertes finden sich ruhigere Songs wie Winter, welches trotzdem großen Anklang findet. Insgesamt aber ist die Zusammenstellung der Songs eher etwas für Kenner und die Hits bleiben rar gesät. Mit fortlaufender Dauer wirken Frontmann Justin Sullivan, aber auch die Fans etwas müde und das Konzert bekommt leichte Längen, was sich aber nicht lange hält. Insgesamt halten New Model Army 32 Tracks durch und steuern auf rund drei Stunden Spielzeit zu. In der Zielgeraden geben die Inselaffen, wie sie sich selbst bezeichnen, noch einmal Gas und holen mit Hits wie Poison Street aber auch Vagabounds mit Violinenbegleitung, die Stimmung zurück in den Saal. Aber auch an den Zugaben wird deutlich, dass an diesem Abend New Model Army die Priorität etwas anders legen. Mit Betcha, dem ersten Song von New Model Army überhaupt, endet ein Konzert der Superlative was die Anzahl der Stücke und der Spieldauer angeht. Dass das älteste Bandmitglied Justin Sullivan mit über 60 Jahren noch so lange kraftvoll durchhält ist aller Ehren wert. Auch die Gastmusikerin an der Violine verleiht einigen Stücken zusätzliche Tiefe und gibt diesem Weihnachtskonzert eine besondere Note. Dass dieses Mal sehr viele nicht so populäre Stücke in der Setlist Platz finden, lässt nur den eingefleischten Fan mit der Zunge schnalzen. Auf 51st State oder Green and Grey muss verzichtet werden. Aber wer weiß? Vielleicht im nächsten Jahr an selber Stelle.
Setlist NEW MODEL ARMY @ Köln, Palladium (16.12.2017):
01. Long Goodbye
02. Running in the Rain
03. All Of This
04. Strogoula
05. After Something
06. Inheritance
07. Over the Wire
08. Courage
09. Modern Times
10. Eleven Years
11. Ballad of Bodmin Pill
—
12. Angry Planet
13. Lights Go Out
14. Innocence
15. Winter
16. Prayer Flags
17. Ambition
18. Ghosts
19. Higher Wall
20. March in September
21. Island
22. Summer Moors
23. Born Feral
24. Eyes Get Used to the Darkness
25. Poison Street
26. 225
27. Vagabonds (Z)
28. Stupid Questions (Z)
29. Get Me Out (Z)
30. Believe It (ZZ)
31. Purity (ZZ)
32. Betcha (ZZ)
Fotos: Michael Gamon