Bevor Maerzfeld dann die Bühne enterten und ihr insgesamt neun Songs langes Set mit Vaterland begannen, betraten aber erst einmal Eisbrecher-Frontmann Wesselsky und Gitarrist Jürgen Plangger die Bühne und erheiterten das mittlerweile gut gefüllte Rund mit einer kurzen, anscheinend nicht zu oft eingeübten Theatereinlage aus „Nathan, der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing. Natürlich in gewohnter Art nicht, ohne den Fans im Anschluss ein paar „weise“ und sozialkritische Gedanken mit auf den Weg zu geben. Danach rockten sich Maerzfeld knappe 40 Minuten durch ihre Diskographie, ohne dabei eine Rammstein-Coverversion darzubieten. Den Schlusspunkt setzte mit Stalingrad ein weiterer Song von der im weiteren Verlauf des Jahres erscheinenden Nackt-LP. Wenig überraschend wurden die Band und ihre eingängigen Songs von den vielen Deutschrock- bzw. NDH-Liebhabern im Publikum mit mehr als nur dem üblichen Höflichkeitsapplaus bedacht. Aber wie es bei Bands in diesem Genre halt üblich ist: Eigenständig klingt das Ganze nur in Maßen, insbesondere die Stimme von „Heli“ Reißenweber erinnert auch bei der Darbietung eigener Songs zu sehr an die von Rammstein-Fronter Till Lindemann. Was bei den „Stahlzeit“-Covershows dringend notwendig ist, um so authentisch wie möglich an die Legende aus Ostberlin heranzukommen, wird außerhalb dieses Kontextes, wie auch bei den Kollegen von Heldmaschine, zum Fluch. Wer auf klangliche Innovationen hofft, ist bei Maerzfeld jedenfalls eher an der falschen Adresse.
Setlist MAERZFELD – Oberhausen, Turbinenhalle (14.03.2015):
01. Vaterland
02. Ich flieg
03. Hübschlerin
04. Maerzfeld
05. Fremdkörper
06. Es bricht
07. Treibjagd
08. La petite morte
09. Stalingrad
2002 ursprünglich endstanden aus der Band Megaherz, haben sich Alexander „Alexx“ Wesselsky (Gesang), Jochen „Noel Pix“ Seibert (Gitarre), Achim Färber (Drums), Rupert Keplinger (Bass) und Jürgen Plangger (Gitarre) mittlerweile an die Spitze des „Neue Deutsche Härte“-Genres gespielt und verkaufen in schöner Regelmäßigkeit Konzerthallen mit mehreren tausend Menschen Kapazität aus. Vor dem Headliner-Auftritt beim kommenden Blackfield-Festival in Gelsenkirchen ließ sich das Quintett aus Fürstenfeldbruck nicht bitten, dem Ruhrgebiet schon einmal einige neue Songs des aktuellen Albums Schock darzubieten.
Weniger schockierend begann die Show um Punkt 21.15 Uhr mit dem aktuellen Albumopener Volle Kraft voraus. Nach dem folgenden So oder so nahm sich Alexx dann ein wenig Zeit, die auf der Empore zahlreich anwesenden Kinder zu begrüßen, welche mit gewohnt überdimensionalen Ohrenschützern bewaffnet fleißig mitrockten. Natürlich nicht, ohne den mitgereisten Eltern einen kleinen Hinweis darauf zu geben, dass in den folgenden zwei Stunden das ein oder andere nicht jugendfreie Wort fallen wird…
Das Set setzte sich dann bei druckvollem und lauten Sound ungefähr zur Hälfte aus Songs der Schock und älteren Stücken zusammen, unterstützt von einer toll auf die Songs abgestimmten Lichtshow und einem Bühnenaufbau mit großem LED-Screen, der bei einigen Liedern als eine Art „Mitsinghilfe“ fungierte. Dass die mit gut 2500 Besuchern ausverkaufte Halle diese wahrscheinlich kaum nötig gehabt hätte, bewiesen sie aber mehr als nur einmal, vor allem natürlich beim, wie immer gegen Auftrittsende dargebotenen, Klassiker Miststück, was ebenso unterhaltsam war wie das leicht verunglückte Trompetensolo des Frontmanns vor This is Deutsch. Eine Sache wird der ein oder andere Besucher, der die Band nicht zum ersten Mal live sah, aber bemängeln: Eisbrecher spielen seit Jahren – von der letztjährigen Jubiläumstour mal abgesehen – die immer gleichen alten Songs. Warum frühere Live-Kracher wie Phosphor, Zeichen der Venus oder Angst seit Jahren komplett ignoriert werden, bleibt weiterhin das Geheimnis der Band. Aufhorchen ließ aber eine sehr clubtaugliche und tanzbare Version des Uralt-Erfolgs Schwarze Witwe.
Trotz aller Überraschungsarmut wird aber wohl kein Anwesender die Turbinenhalle im Herzen Oberhausens unzufrieden verlassen haben. Die mächtige Ballade Schlachtbank beschloss nach gut zwei Stunden eine Show, mit der Eisbrecher einmal mehr unter Beweis stellten, warum sie sich in knapp zehn Jahren vom Geheimtipp zu einem Festival-Headliner entwickelt haben.
Setlist EISBRECHER – Oberhausen, Turbinenhalle (14.03.2015):
01. Volle Kraft voraus
02. So oder so
03. Antikörper
04. Willkommen im Nichts
05. 1000 Narben
06. Noch zu retten
07. Leider
08. Prototyp
09. Himmel, Arsch und Zwirn
10. Schwarze Witwe (Remix)
11. Zwischen uns
12. Rot wie die Liebe
13. Vergeissmeinnicht
14. This is Deutsch
15. Eiszeit (Z)
16. Verrückt (Z)
17. Miststück (Z)
18. Schlachtbank (ZZ)
Fotos: Frank Güthoff